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Probleme des Menschen in der Erkenntnisgewinnung

Text: Ceo
Probleme des Menschen in der Erkenntnisgewinnung

Einführung
Kant sprach vom "Ding an sich", bei Schopenhauer war es "die Welt als Wille und Vorstellung", beide aber sprachen vom Gleichen. Ich werde jetzt erst mal die Begriffe zu erklären versuchen usavnd dann zeigen, wo ihre Probleme für das Erkennen im Allgemeinen und daher auch das Erkennen der Realität in der Wissenschaft liegen.

Beide meinen, dass wir keinen Zugriff auf die absolut objektive Welt haben und haben können. Genau diese Idee möchte ich erklären und ihre Richtigkeit beweisen. Unsere gesamten Sinne sind in einem Evolutionsprozess entstanden, was natürlich beide zu ihrer Zeit nicht wussten. Sie haben nur einen "Zweck" (von "Zweck" oder "Sinn" zu sprechen widerspricht der Realität, die beides nicht kennt, die korrektere Formulierung wäre "Sinne entstanden aus zwingenden Notwendigkeiten heraus", aber da das komplizierter ist, werde ich werde der Vereinfachung halber bei "Zweck" bleiben): Der "Zweck" ist, dass das Wesen in seiner eigenen Umwelt überleben soll, und das möglichst lange, ohne zu sterben, und Nachfahren zeugen zu können. Für genau diesen Zweck ist es vollständig unnötig, die Ebene der kleinsten Teilchen zu verstehen oder sich auch nur vorstellen zu können oder die Ebene der Sterne, eine mehrdimensionale Raumzeit, das gleiche ist es mit der Zeit selbst, oder, oder...
Unsere Sinne sind allein und einzig dafür geeignet, mittelgroße Objekte im Zusammenhang in der mittelgroßen Welt mit keiner bis mittlerer Geschwindigkeit zu erfassen und zu "verstehen".
Für ein in der Steppe lebendes Wesen, nehmen wir als Beispiel den Steppenwolf, ist es für sein Überleben vollkommen unwichtig, zu wissen, wie die Atome, elektrochemischen Prozesse, Kräfte usw. in seinem Hirn zusammenwirken, um zu verstehen, dass er vor einem Löwen lieber davon laufen sollte, wenn er auf ihn zu gerannt kommt.

Das Gleiche ist es beim Menschen. Menschen haben kein "Erkenntnisorgan", wir haben nur relativ schlechte Sinne, im Bezug zu dem, was das Ding an sich eigentlich ist, die relativ "zufällig" gewählte Parameter der menschlichen Umgebung in ihrer Größe erfassen können, die für das reine überleben relevant sind.

Farben
Mein Lieblingsbeispiel sind Farben.
Farben existieren nicht in der "absoluten Realität", am "Ding an sich". Wenn ein Objekt O eine Farbe hat, heißt das nur, dass, wenn sichtbares Licht auf O fällt, O gewisse Wellenlängen davon reflektiert und andere absorbiert, also nicht wieder herausschickt, und diese, die, welche nicht absorbiert wurden, auf unsere Netzhaut treffen. Dann wird durch den Sehnerv ein Impuls an unser Gehirn geschickt, das eine, stark vereinfacht, sogenannte "Mapping-Tabelle" hat. Also: Licht mit der Wellenlänge >= 600 Nanometer interpretiere ich als "Rot".
Ein Apfel ist also nicht rot, sondern interpretiert unser Gehirn in die Signale, die es durch den Sehnerv bekommt, nur etwas, dass sich als "rote Farbe" in unseren Gedanken zusammensetzt.



Nur, dass wir diese Farbe dann als rot sehen, heißt also nicht, dass es wirklich "rot" ist. Die Realität ist farblos. Farben sind nur "imaginäre Objekte", die wir wahrnehmen, aber in der absoluten Realität, dem "Ding an sich", wie Kant es gesagt hat, nicht existieren. Die Farbe existiert also nur in unserer Vorstellung. Und, obwohl ich der Meinung bin, dass Wille genauso wenig existiert, wie Zufall oder Gott, ist die Beschreibung Schopenhauers hierbei einfach und treffend, wenn auch aus der "gegenüberliegenden" Perspektive:

Pareidolia und Apophenia





Die Welt ist meine Vorstellung: Alles, was wir sehen, spüren (denn mit dem Tastsinn, Geruchssinn, Gehörsinn, … verhält es sich exakt so wie mit dem "Sehsinn") oder sonst auf irgendeine Art wahrnehmen existiert nur in einer stark abstrahierten, bereits interpretierten Vorstellung in unserem Hirn so, wie wir uns es vorstellen und hat hat durch die zigfache Interpretation und Metaphorisierung unseres Hirns uns der verschiedenen Übertragungsmedien, Übertragungswege usw. mit der Realität an sich nichts mehr zu tun.
Die Welt als Wille: Diese gesamte Vorstellung hängt davon ab, was genau wir um uns herum gern hätten. Bestes Beispiel ist das Bild hier, das "Marsgesicht" oder Jesus auf Toastbroten.

Der Effekt nennt sich Pareidolia: Da Muster und Formen, Strukturen und Gesichter erkennen, wo in der Realität an sich keine sind. Das Bild oben (der "Smiley") beispielsweise besteht nur aus Kreisen und einer Linie. Aber fast jeder würde dort ein Gesicht hineininterpretieren, obwohl es nicht da ist. Die gesamte "Welt", wie wir sie wahrnehmen, basiert auf diesem "Willen", überall bekannte Strukturen zu erkennen. Ein Gläubiger Christ beispielsweise, sieht in so ziemlich allem, was er sieht, Gott oder Jesus, obwohl es in Wirklichkeit nicht da ist. Nur, weil er es will, ruft er aus sich heraus eine Pareidolia auf, die ihm einen komplett falschen Eindruck der Welt gibt, der mit der Realität nichts mehr gemein hat.






Sehr eindrucksvoll für das Phänomen der Pareidolia ist beispielsweise dieser "Indianer" im Fels.






Auch der Pferdekopf-Nebel ist eine eigentliche Pareidolia. In Wirklichkeit ist hier kein "Pferdekopf" zu sehen. Er entsteht allein aus vorherigen Assoziationen, die das Gehirn mit ähnlichen Form getroffen hat und die zufällig auf ein Pferd passen.

Genau damit ist das Hauptproblem, warum der Mensch keine objektive Weltanschauung haben kann, grundlegend erklärt. Ich mag jetzt weitere Beispiele anführen, die die Auswirkungen dieses Problems verdeutlichen.

Beispiele
Wenn man die Welt der Physik nimmt und sich beispielsweise die Relativitätstheorie anschaut, also eine Theorie, deren große Auswirkungen erst ab sehr großen Objekten und Geschwindigkeiten und Massen auftritt, sollte einem klar werden, dass unsere "Weltanschauung" allgemein falsch sein muss. Wir nehmen im Alltag Zeit als absolut, vollständig und linear wahr. In Wahrheit ist sie das nicht. Zeit (die nur eine Maßeinheit für etwas ist, das wir "Veränderung" nennen würden, also etwas, nicht anders existieren kann, als mit Materie bzw. Energie und Raum) ist absolut positions- und sogar beschleunigungsabhängig. Dies wurde in hunderten Experimenten bestätigt und ich möchte ein bekanntes Beispiel von Einstein bringen, dass diese Absurdität im Alltag klar macht.
Zwei Zwillingsbrüder entscheiden sich, ein Experiment zu machen. Einer bleibt auf der Erde, einer fliegt für seine Eigenzeit 10 Jahre durch das Universum mit hoher Geschwindigkeit, nach 10 Jahren seiner Eigenzeit kehrt er wieder zur Erde zurück. Was würden wir erwarten?
Wir würden erwarten, dass beide 10 Jahre älter sind. Beide haben aber Atomuhren an Bord gehabt, die also sehr genau gehen und das Ergebnis ist absolut widersprüchlich zu unserer Alltagserfahrung:
Der Raumfahrer-Bruder ist exakt 10 Jahre gealtert, sein Erdenbruder aber wäre wesentlich mehr gealtert, seine Atomuhr hätte vielleicht über 20 Jahre angezeigt, vielleicht auch 40 oder vielleicht ist er schon tot. Das hängt von der Geschwindigkeit des Raumfahrer-Bruders ab. Und ihre beiden Uhren, die absolut genau gehen, zeigen plötzlich komplett verschiedene Zeiten an. Ist die Uhr kaputt oder lügt einer von ihnen?
Nein. Beide haben Recht und die Uhren beider laufen vollständig korrekt. Die Zeit vergeht aber nun mal langsamer, wenn man sich schneller bewegt. Umso näher man der absoluten Geschwindigkeitkeitsobergrenze, der Lichtgeschwindigkeit, kommt, umso langsamer gehen die Uhren und dennoch gehen sie richtig.

Ein anderes Beispiel ist die Antwort auf die Frage, was "hinter" dem Universum ist, wenn es sich doch weiter ausdehnt. Diese Frage an sich zeigt, dass man sich nicht vom Gedanken gelöst hat, dass die "Raumzeit", vereinfacht ausgedrückt, ein einfaches Zimmer mit einer Uhr ist. Die Raumzeit ist alles, was um uns herum ist. Alles existiert nur im Raum, Raum "außerhalb" des Raumes existiert nicht. Wir können uns das aus dem oben genanntem Grund des Evolutionsprozesses nicht vorstellen, denn:
Wir haben im Alltag niemals mit solchen Gebilden zu tun. Wir können aus einem "Raum" immer wieder herausgehen, es gibt immer ein "dahinter". Der "Raum" der Raumzeit hingegen hat kein "davor" oder "dahinter". Das basiert nur auf unserer primitiven und falschen Vorstellung von Raum. Ich sage damit aber nicht, dass jeder, der "so" vom Raum denkt, dumm ist. Es ist uns einfach nicht möglich, uns vorzustellen, wie das sein könnte, weil wir niemals Erfahrungen mit etwas auch nur ansatzweise ähnlichem gehabt haben. Deshalb würden wir, selbst wären wir im "Nichts" (was nicht möglich ist, denn dort wäre kein Raum, also keine Möglichkeit, dass Materie dort existieren könne)... wir könnten es nicht wahrnehmen. Unsere Sinne sind einfach nicht dafür geeignet.

Noch ein Beispiel für die Unfähigkeit, sich in die Realität einzufinden, ist diese Argumentation:
"Eine Uhr ist komplex und muss von einem Uhrmacher gemacht werden. Das Universum ist noch komplexer, als muss es von einem Schöpfer entstanden sein". Bei dieser "Argumentation" kann ich nur mit dem Kopf schütteln und mich wundern, in was für einer Gedankenwelt der Argumentierende wohl lebt. Nur, weil etwas hier ein paar mal so ist, muss es nicht überall so sein. Nur, weil er Gott sehen will, sieht er in allem Gott. Nichts braucht zwingend einen Schöpfer. Komplexe Lebewesen, wir wir z.B. welche sind, können problemlos über lange Zeiten evolutionär entstanden sein und so verlief es auch. Die Vorstellung, ein Schöpfer wäre nötig ist so lächerlich wie zu sagen, dass Wind nicht entstehen kann, ohne dass Gott hustet. "Vor" dem Urknall gab es nicht, da es in der Singularität keine Zeit gibt. Und nur, weil man es im Alltag nicht erlebt und es für uns evolutionär nicht wichtig wäre, so etwas zu verstehen, denn wir leben auch ohne das Verständnis dieser Antwort, muss es nicht so sein, dass zwingend immer ein "davor" existiert hat. Die Relativitätstheorie dürfte doch mit der Idee, dass die Zeit so linear ist, wie wir sie uns vorstellen, nur, weil wir sie im Alltag so erleben, doch langsam mit dieser Vorstellung aufgeräumt haben, oder nicht?

Ein anderes Beispiel ist auch, dass wir nur ein minimal-kleines Spektrum elektromagnetischer Strahlung sehen können, denn das allermeiste (Röntgenstrahlen, Ultraviolettes Licht, Mikrowellen, … und alle ähnlichen elektromagnetischen Wellen, denn sie alle sind exakt das Gleiche, wie Licht, bis auf dass ihre Wellenlänge größer oder kleiner ist) sehen wir nicht, obwohl es, bis auf die Wellenlänge, die gleichen Eigenschaften hat, die das Licht, das wir sehen. Hier mag ich noch kurz auf eine andere Frage eingehen, die mir manchmal gestellt wird:
"Gibt es Farben, die wir uns nicht vorstellen können?"

Ich sage darauf deutlich: Nein, denn Farben, wie bereits gesagt, existieren allgemein nicht, sie sind nur immer das Produkt unserer Vorstellung, unseres Gehirns, sie sind nichts "absolut Reales". Und innerhalb des für uns sichtbaren Spektrums gibt es keine für uns nicht sichtbaren Farben, auch wenn wir sie nicht alle auseinanderhalten können, weil sie z.B. zu große Ähnlichkeiten miteinander haben. Neue Farben müssten außerhalb unserer sichtbaren Wellenlängen angeordnet sein, und diese könnte unser Auge naturgemäß nicht sehen und selbst wenn (wobei ich ausdrücklich sage, dass es nicht so ist, also ist dies nur ein Gedankenexperiment im Sinne von "was, wenn unser Auge es doch könnte..?"): Unser Hirn könnte diese Farben nicht interpretieren und würde die ähnlichst möglichen — oder gar keine — Farben für die Position einsetzen, die das "neue Auge" uns liefert.


Es ist das Gleiche mit Tönen: Töne existieren nicht, sie sind nur die Interpretation von Luftschwingungen, die sich evolutionär als sinnvoll erwiesen haben.
Wenn ein Tiger brüllt, dann schwingt die Luft um ihn herum, so, dass es sich von Vorteil für Tiere entwickelte, wenn man diese Schwingungen in irgendeiner Form darstellen konnte. Evolutionär hat sich beim Menschen dafür das Gehör entwickelt und das Hirn in dem Maße, dass es die Eingaben des Ohrs in eine für mich selbst relativ allgemeingültige Form bringt, so, dass ich zwischen schreienden Stammesgenossen und schreiendem Tiger unterscheiden kann. Mehr muss das Ohr und das Hirn nicht können, deshalb sind alle über sie wahrgenommen Eindrücke nicht wirklich objektiv und wissenschaftlich verwendbar.


In der Mischung dieser ganzen Probleme (die sich so auf jeden weiteren Sinn übertragen lassen) liegt das Problem des Menschen in der Wissenschaft: Da es keinen "Sinn" (im Sinne von "Tastsinn" oder "Geruchssinn") gibt, der vollständig mit der Realität korreliert und unsere Alltagserfahrung, Alltagswelt und das gesamte menschliche Leben sich nur auf einem gewissen Teil der Realität abspielt, nicht jedoch in der absoluten (wir leben wie gesagt in der "Mittelwelt", wie Bertrand Russell sie genannt hat, also der Welt, der mittelgroßen, mittelschnellen Dinge), können wir unmöglich objektive Aussagen treffen. Niemand von uns kann sich wirklich vorstellen, wie es wäre, ein Atom zu sein. Jeder, der meint, er könne es, hat mich immer noch nicht verstanden, denn Atome sind keine "Kugeln" wie man es im Schulunterricht beigebracht bekommt, Atome sind nichts, mit dem wir auf seiner eigentlichen Ebene jemals irgendwas anfangen könnten, denn auf dieser Größe wurden all unsere Sinne versagen. Deshalb gibt es für die komplexen und schwierig zu verstehenden Formeln, die das Wesen dieser Welten aktuell so gut wie wir nur irgendwie können, beschreiben, auch diese "Vergewaltigungen der Realität", also die Vorstellung, dass Atome einfache Kugeln sind. Wir brauchen diese Vorstellungen, wir brauchen diese Vereinfachungen, brauchen Kategorisierungen, um uns vorstellen zu können, wie die Realität beschaffen sein könnte. Diese Vorstellungen, die uns zwar dann helfen, eine Grundidee zu verstehen, haben mit der eigentlichen Realität quasi nichts mehr zu tun.

Sprache

Ein weiteres Problem, das auf einer etwas anderen Grundlage basiert, als das Fehlen eines "absoluten Sinnes", das der Wissenschaft aber sehr zu schaffen macht, ist die Sprache. Ich möchte hier drauf noch einmal zurückkommen und erläutern, warum Sprache ein solch gewaltiges Problem darstellen muss.
Hier möchte ich eine Idee von Friedrich Nietzsche aufgreifen, die für mich selbst sehr logisch erscheint. In "Von Wahrheit und Lüge im außermoralischen Sinne" beschreibt Nietzsche das Problem, dass alle natürlichen und alle Plansprachen haben, sehr gut.
Sehen wir uns beispielsweise einen Baum an, was passiert dabei im Einzelnen?
Eine Gruppe Photonen, wahrscheinlich von der Sonne ausgesendet, aber auch von anderen Lichtquellen (wobei Lichtquellen für eine holistische Betrachtungsweise wichtig sind, die wir hier aber nicht anstellen möchten, denn ich möchte es so einfach verständlich wie möglich halten) ausgesendet wurde, trifft in irgendeinem Winkel auf dem Baum und wird, und das ist wichtig: Eventuell zurück gespiegelt. Sie muss es nicht. Sie könnte komplett absorbiert werden, dann sähen wir keinen Baum, sondern eine schwarze Fläche oder ähnliches. Ist jetzt zwischen uns und dem Baum nichts, was ausreichend Kraft hat, das Photon aufzuhalten, trifft es, sofern der Baum es in "unsere Richtung" reflektiert, vielleicht auf unsere Netzhaut. In der Netzhaut, sofern sie korrekt funktioniert und nicht krank oder beschädigt ist, entsteht ein Bild des Baumes, das eine Metaphorisierung des Realen Baumes darstellt und mit ihm in der Realität schon nichts mehr zu tun hat. Das Bild wird dann durch die Nerven an das Hirn übertragen, auch hier: Nur dann, wenn die dazugehörigen Nerven und Hirnzellen korrekt funktionieren, und dort ein Vergleich mit bisher gesehenen Objekten angestellt, der uns wahrscheinlich zu dem Schluss bringt, dass dort ein Baum steht. Diesem Objekt, das wir mit allen ähnlichen Objekten verglichen haben, die wir bisher gesehen haben und an die wir uns (größtenteils unbewusst) erinnern, ziehen wir dann den Schluss, dass dort etwas steht, was unserer Definition des komplett vom Objekt unabhängig gewählten Begriff nach ein "Baum" ist. "Baum" hat mit dem realen Objekt "Baum" absolut nichts mehr gemeinsam. Hier liegt das erste Problem: Wir können niemals exakt wissen, dass jeder unter einem Objekt X das gleiche versteht, wie wir, denn ihm könnte ein falsches Wort beigebracht worden sein, er könnte Erfahrungen gemacht haben, die unseren widersprechen usw., deshalb ist eine exakte Definition von komplexeren Worten wichtig, macht jedoch die Auswirkungen nur unwahrscheinlicher, nicht komplett weg, denn auch die Worte in der Definition selbst sind von diesen Problemen betroffen. Beim Wort "Baum" scheint die Frage nach einer Definition lächerlich, obwohl sie es nicht ist, denn wir alle halten höchstwahrscheinlich, weil wir alle oft viele Bäume sehen, die gleichen Gruppen von Objekten zu "Bäumen". Bei vielen anderen, vor allem immateriellen Objekten, z.B. Moral oder Gott, ist jedoch eine solche Definition wichtig, denn diese existieren in der Realität nicht, sondern sind nur in dem "Willen und der Vorstellung" der einzelnen Personen so vorhanden, wie er sie sieht.
Das Zweite Problem, auf das auch Nietzsche hinweist, ist, dass Sprachen Dinge zusammenfassen, die nicht gleich sind. Zu sagen, etwas sei, um bei seinem Beispiel zu bleiben, ein Blatt, ist korrekt, sofern man die Wahrscheinlichkeit, dass andere Personen andere Definitionen von "Blatt" haben können, außer Acht lässt. Aber "dort liegen Blätter" ist eine falsche Idee, denn sie fasst unter dem Wort "Blätter" viele Objekte zusammen, die zwar gewisse Eigenschaften teilen, aber nicht das Gleiche sind. Es ist, als würde man folgendes sagen: "1 = 3, weil beides Zahlen sind". Leider muss ich einsehen, dass das in der Sprache notwendig ist, denn sonst hätte man keine einfache Möglichkeit der Kommunikation mehr. Sprache allgemein ist eine komplexe Abstrahierung der Realität. Abstrahierung bedeutet, das alles, was man nicht braucht, nicht erwähnt wird. Nehmen wir eine Blaupause eines Hauses: Dort ist nicht eingetragen, welche Art von Kabel verlegt wird, dort ist nicht eingetragen, wo welche Möbel stehen, dort ist nicht eingetragen, was für Muster die Fliesen haben werden, … , das alles sind für den eigenen Zweck, also die Grundstruktur des Hauses vorliegen zu haben, unnötige Informationen, also zeichnet man eine stark abstrahierte Version, in der man alles unnötige weglässt.
Wie gesagt ist es das Gleiche bei Sprachen: Es gibt abstrakte Abstrahierungsebenen, die zulassen, dass man Dinge zusammenfasst, um diese bestmöglich zu beschreiben. Oder, um es mit Nietzsches Worten zu sagen:
"Gefahr der Sprache für die geistige Freiheit. - Jedes Wort ist ein Vorurteil."

Holismus, Wissenschaft und Religion
Zum Holismus möchte ich hier noch eine kurze Erklärung, die auf der Idee eines Beispiels von Bertrand Russell (aus "Die Philosophie des Abendlandes") basiert, geben:
Um eine Person vollständig zu kennen reicht es im "Alltag" aus, die Person "gut" zu kennen (das zu definieren ist, denke ich, unnötig, da wohl jeder etwa wissen wird, das ich dabei meine). Jedoch: Um vollständige Erkenntnis über eine Person zu bekommen, muss man auch die Eltern miteinbeziehen, denn diese haben großen Einfluss auf die Person gehabt. Genauso muss man auch die Freunde mit einbeziehen, die die Person hatte, genauso wie die Feinde, die Bekannten, die Nachbarn, …, um dann noch genauer zu verstehen, warum eine Person so wurde, wie sie ist, muss man auch die Eltern der Eltern kennenlernen und die Verwandten, …, natürlich darf man auch die Umgebung nicht vergessen, denn:
Auch beispielsweise die Straße, in der man aufwuchs, hatte Einfluss, das Klima auch, …, und um dann vollständige Erkenntnis über die Person zu gewinnen, muss man auch diese ganzen Dinge komplett einbeziehen. Das endet, um eine einzige Person absolut zu verstehen, damit, dass man das gesamte Universum in allen bisherigen Zuständen absolut kennen muss. Das ist Holismus. Dieser Holismus scheint übertrieben, aber er ist für absolute Erkenntnis nötig, denn ohne all diese Erkenntnisse hätte man niemals alle nötigen Einflüsse, die dazu geführt haben, dass die Person so wurde, wie sie ist. Für alle Erkenntnisse über die Realität gilt das Gleiche, denn absolut alles ist nur das Resultat der Vergangenheit. Dieser Holismus ist für uns alle unmöglich zu erreichen, denn er würde, würde ein Mensch versuchen, ihn zu bekommen, mehr Zeit benötigen, als das gesamte Universum bisher zur Verfügung hatte und mehr Speicher verbrauchen, als das Universum an Teilchen hat (denn jedes einzelne Teilchen müsste in absolut all seinen bisherigen Zuständen gespeichert werden), dennoch ist diese theoretische und praktische Unmöglichkeit des absoluten Holismus kein Hindernis für seine Notwendigkeit. Hier ist wieder das Problem, dass der Mensch eben nie die absolute Erkenntnis über etwas erlangen kann.
Wissenschaftliche Theorien können trotzdem korrekt sein, denn, hier jetzt ein Beispiel von mir:
Ich schreibe mit LibreOffice Writer, aber ich kenne den Quellcode nicht, ich weiß nicht mal, welche Programmiersprache eingesetzt wurde, um das Programm zu schreiben. Aber: Ich kann es korrekt und nützlich benutzen. Ich habe also keine absolut Erkenntnis über das Ding (hier ist das "Ding" die Software LibreOffice Writer), aber ich kann es dennoch benutzen und verstehe die grundlegende Funktionsweise, aber nichts sehr Detailliertes. Ähnlich verhalten sich wissenschaftliche Theorien:
Man kann die Theorien benutzen, um sich das Objekt zu erklären, dennoch reichen sie allesamt nicht für absolute Erkenntnis. Ihre Ziele sind zwei:
Praktischer Nutzen und Realitätsnähe.
Ersteres erklärt sich mehr oder minder von selbst, die Realitätsnähe ist jedoch etwas schwieriger, deshalb mag ich auch darauf nochmal eingehen.
Mit Realitätsnähe meine ich, dass wissenschaftliche Erkenntnisse niemals behaupten, sie hätten die absolute Wahrheit gefunden, sondern, dass sie die aktuell bestmögliche Erklärung bieten, die man hat. Sie kann sich jeder Zeit als falsch herausstellen, aber sobald sie das wird, ist sie auch ein für alle mal falsch. Das unterscheidet Wissenschaft und Religion gewaltig:
Wissenschaft versucht, sich mit den Erklärungen immer weiter und weiter und besser und besser der Realität anzupassen. Sie werden sie nie absolut erreichen, aber die Fehlerquote wird immer geringer und geringer, bis sie sie (für für menschenmögliche) so perfekt ist, wie sie irgendwie sein kann. Dennoch: Wenn ein Fehler aufgedeckt wird, wird er korrigiert.
Religion hingegen hat einmal eine Idee, die sie dann, quasi komplett unverändert, bis in alle Ewigkeit umsetzen will, egal, was neue Erkenntnisse sagen, egal, was sich als real herausstellt.
Wissenschaft ist für den, der die Wahrheit suchen will, aber weiß, dass er sie noch nicht hat und vielleicht auch nie finden wird, er bemüht sich also, ihr so nahe wie möglich zu kommen.
Religion hingegen ist für die Menschen, die nicht intelligent genug sind, zu erkennen, dass sie auch falsch liegen können und deshalb eine "absolute" Wahrheit, anders gesagt: Eine zeitlich unbegrenzte Lüge, nötig haben, um sich besser zu fühlen.
Die wissenschaftlichen Methoden und Ideen sind die für uns einzigen und Besten Möglichkeiten, die Realität so gut wie es irgendwie möglich ist zu erfassen und zu verstehen, während die Religionen eben sich bemühen, gerade nichts zu verstehen, nur zu lügen, um sich selbst zu erhalten.
"Glaube heißt nicht wissen wollen, was wahr ist."
— Friedrich Nietzsche


Dennoch hat die Wissenschaft einige Probleme, nämlich die Folgenden, von Nietzsche beschriebene:

"Ursache und Wirkung. — "Erklärung" nennen wir's: aber "Beschreibung" ist es, was uns vor älteren Stufen der Erkenntnis und Wissenschaft auszeichnet. Wir beschreiben besser, — wir erklären ebenso wenig wie alle Früheren. Wir haben da ein vielfaches Nacheinander aufgedeckt, wo der naive Mensch und Forscher älterer Kulturen nur Zweierlei sah, "Ursache" und "Wirkung", wie die Rede lautete; wir haben das Bild des Werdens vervollkommnet, aber sind über das Bild, hinter das Bild nicht hinaus gekommen. Die Reihe der "Ursachen" steht viel vollständiger in jedem Falle vor uns, wir schließen: dies und das muss erst vorangehen, damit jenes folge, — aber begriffen haben wir damit Nichts. Die Qualität, zum Beispiel bei jedem chemischen Werden, erscheint nach wie vor als ein "Wunder", ebenso jede Fortbewegung; Niemand hat den Stoß "erklärt". Wie könnten wir auch erklären! Wir operieren mit lauter Dingen, die es nicht gibt, mit Linien, Flächen, Körpern, Atomen, teilbaren Zeiten, teilbaren Räumen —, wie soll Erklärung auch nur möglich sein, wenn wir Alles erst zum Bilde machen, zu unserem Bilde! Es ist genug, die Wissenschaft als möglichst getreue Anmenschlichung der Dinge zu betrachten, wir lernen immer genauer uns selber beschreiben, indem wir die Dinge und ihr Nacheinander beschreiben. Ursache und Wirkung: eine solche Zweiheit gibt es wahrscheinlich nie, — in Wahrheit steht ein continuum vor uns, von dem wir ein paar Stücke isoliren; so wie wir eine Bewegung immer nur als isolierte Punkte wahrnehmen, also eigentlich nicht sehen, sondern erschließen. Die Plötzlichkeit, mit der sich viele Wirkungen abheben, führt uns irre; es ist aber nur eine Plötzlichkeit für uns. Es gibt eine unendliche Menge von Vorgängen in dieser Secunde der Plötzlichkeit, die uns entgehen. Ein Intellekt, der Ursache und Wirkung als continuum, nicht nach unserer Art als willkürliches Zerteilt- und Zerstücktsein, sähe, der den Fluss des Geschehens sähe, — würde den Begriff Ursache und Wirkung verwerfen und alle Bedingtheit leugnen."

"Das Leben kein Argument. — Wir haben uns eine Welt zurecht gemacht, in der wir leben können — mit der Annahme von Körpern, Linien, Flächen, Ursachen und Wirkungen, Bewegung und Ruhe, Gestalt und Inhalt: ohne diese Glaubensartikel hielte es jetzt Keiner aus zu leben! Aber damit sind sie noch nichts Bewiesenes. Das Leben ist kein Argument; unter den Bedingungen des Lebens könnte der Irrtum sein."

Nietzsche möchte hiermit sagen: Der Mensch vermenschlicht erst alle Begriffe, alle Objekte, um sie verstehen zu können. Eine andere Möglichkeit haben wir nicht, uns der Realität zu nähern, da wir im Endeffekt immer nur noch eines sind: Menschen. Wir müssen Begriffe, bevor wir sie ansatzweise "verstehen", besser, wie Nietzsche sagte, passt darauf "beschreiben" können, in Einzeilteile zerlegen, in imaginäre Einheiten, in kleinste Teile, sie aus der Menge, dem Großem, dem holistischen und eigentlich absolut korrektem Weltbild herausziehen und abgesondert von anderen Teilchen betrachten. Wir benutzen dafür lauter Dinge, die es nicht am Ding an sich gibt: Zahlen, geometrische Formen, Muster, ... um die Objekte soweit zu vereinfachen, dass wir eine Möglichkeit haben, sie direkter zu verstehen und ihre Wirkungen auf die Umgebung und auf sich selbst angemessen zu beschreiben und vorrausberechnen zu können. Das ist die beste Möglichkeit, die dem Menschen zur Verfügung steht, um die Realität als solches zu begreifen, weil sein Geist und seine Sinne eben, wie bereits beschrieben, nicht auf das eigentliche Erkennen der Dinge an sich ausgelegt ist. Die Realität darf nicht in "Stücke geteilt" werden, sie darf nicht als Minimalsystem betrachtet werden, wenn man eine absolute Wahrheit sucht. Die Realität muss als "continuum" betrachtet werden, als absolut holistisches Ganzes. Ich halte das wissenschaftliche System, wie gesagt, nicht für falsch, jedoch muss man auch im philosophischem Ansatz definitiv davon ausgehen dürfen und auch sollen, dass auch in den absoluten Grundsätzen, also in der Metaphorisierung, der Vereinfachung, der Kette vom "sehen" bis zum "verstehen" hin, auch wenn sie absolut logisch erscheint, Fehler vorhanden sind.



Schlussfolgerungen
Sehr wichtig zu erwähnen ist, dass nicht nur die Wissenschaft unter diesen Phänomenen leidet, sondern viel, viel mehr die Religion, da auf jeden Fall die Religionen tausenden Jahre alten Dogmen unterliegen, die sich nicht widerlegen lassen, selbst wenn sie sich widerlegen lassen. Das scheint auf den ersten Blick ein Widerspruch zu sein, aber: Wer kann bitte einen Gläubigen von Widersprüchen in seinem heiligen Buch überzeugen und zu der Idee beitragen, seinen Glauben abzulegen und seine gesamten Gedanken und Ansichten absolut zu reformieren..?
Ich gebe die Antwort: Es ist fast unmöglich, das zu tun. Religiöse liegen falsch und sie wissen es teilweise sogar: Es ist ihnen jedoch so egal, dass sie unter diesen Problemen hier heute nicht mehr leiden, denn sie erfahren nichts Neues, alles neue wird abgeblockt und selbst der "Tod Gottes", wie Nietzsche es formulierte, ignoriert. "Neue Kämpfe. — Nachdem Buddha todt war, zeigte man noch Jahrhunderte lang seinen Schatten in einer Höhle, — einen ungeheuren schauerlichen Schatten. Gott ist todt: aber so wie die Art der Menschen ist, wird es vielleicht noch Jahrtausende lang Höhlen geben, in denen man seinen Schatten zeigt. — Und wir — wir müssen auch noch seinen Schatten besiegen!" Ihr "Wissen" leidet darunter, dass die Leute vor zigtausend Jahren exakt die gleichen Probleme hatten, nur waren sie ihrer Lösung noch so weit entfernt, dass sie, anstatt, wie die Wissenschaft es tut, zuzugeben, dass sie etwas nicht wissen, für alles, was sie nicht wussten (… und das war eigentlich fast Alles...), einfach "Gott" als allgemeingültige Antwort formulierten. "Gott" als Antwort ist absolut gleichbedeutend mit "Ich weiß es nicht, aber ich glaube fest daran, dass ich mit meiner wahllos getroffenen Vermutung recht habe". Gott ist nur ein Lückenfüller, ein X, ein Nichts, ein Unwissen mit großem Namen für geistig schwache Menschen, die nicht genügend Selbstbewusstsein haben, zu sagen, dass sie etwas nicht wissen und die niemals eingestehen, dass sie auch falsch liegen könnten. Die Wissenschaft hingegen sagt grundlegend: "Ich kann falsch liegen. Korrigiere mich!": Jeder seriöse Wissenschaftler wird neue Erkenntnisse, sobald sie belegt sind, annehmen und seine Thesen und Theorien so anpassen, dass sie möglichst mit der neuen These zusammenarbeiten können, oder sie jedoch verwerfen. Das bräuchten die Religionen mal, diese Ehrlichkeit. Dann wären wir sie längst los.
Aus all dem folgt, wie Schopenhauer es ausdrückte, einfach gesagt:
"Die Welt ist meine Vorstellung.", dieser Satz ist für jeden, der ihn verstanden hat, ein zwingend wahres Axiom.






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