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Der Zahnarzt, Sabrina und ich.

Text: samira
Kratzen im Kopf, saugen an den Wangeninnenseiten, plastikbehandschuhte Finger im Mund.

Ich hasse Zahnärzte.

„So, nun machen Sie mal schön weit auf!“


Während ich den Mund noch weiter aufreiße und schon eine Maulsperre befürchte, hackt mir die viel zu blonde, 17 jährige Sprechstundenhilfe den Sauger unter die Zunge. „Arg“, mache ich. Der Zahnarzt sieht mich mitfühlend an. Ich sehe den Zahnarzt an. „Tat das schon weh?“ fragt er ein wenig zu ironisch mitleidig und hantiert gleichzeitig mit den Instrumenten in meinem Mund, der sich mittlerweile anfühlt, als wenn ich ohne weitere Schwierigkeiten einen Burger hochkant essen könnte. Ich versuche ein „ää“, gleichbedeutend einem nein, aber er versteht mich nicht. „Ich hab doch noch gar nichts gemacht.“ Ich höre an seiner Stimme, dass er sich lustig macht. Pah! Noch gar nichts gemacht. Nein, er nicht! Aber seine verzickte, bestimmt in ihn verknallte Assistentin, die weiße Buffalo Schuhe trägt, die hat was gemacht. Ich hacke doch auch keinem unter die Zunge. Der Zahnarzt kratzt und das Buffalogirl saugt sich mittlerweile an meiner Wangenwand fest. Ich bin von dem Licht über mir geblendet und drehe meine Augen nach links und versuche der Assistenten mit den Augen klarzumachen, dass sich der Speichel überall, nur nicht an meiner Wangeninnenseite befindet. Kurz bevor ich mich verschlucke, ist sie gnädig und rettet mich. Der Arzt kratzt inzwischen unbeirrt weiter, diesmal an meinen unteren Vorderzähnen und zwar im Innenbereich. „Sieht aus, als hätten Sie nie eine Klammer getragen“, murmelt er vorwurfsvoll. „Eeee“, gebe ich zurück, zu mehr reicht’s nicht. Ich meine, sein Kollege, der mir damals keine Klammer verschreiben wollte, obwohl ich so gerne eine haben wollte, muss doch wissen, was er damit getan hat. Der Zahnarzt nimmt den Haken aus meinem Mund, die Assistentin saugt unbeirrt weiter, schließlich wird sie ja genau dafür bezahlt. „Sie haben da ein kleines Loch.“ Ach? Ich meine, deswegen bin ich doch hier! „Und Sie sollten weniger rauchen. Rauchen Sie weniger Light Zigaretten und mehr starke. Dann rauchen Sie nicht so viel und Ihre Zähne bleiben länger schön.“ Zahnarztlogik.

Buffalo saugt immer noch in meinem Mund herum, obwohl ich den schon demonstrativ zur Hälfte geschlossen habe. Ich versuche was zu sagen, Blondie jedoch nimmt diesen Scheißsauger nicht aus meinem Mund. Mir reichts. Beherzt greife ich ihr Handgelenk, sie gibt ein erschrockenes Quieken von sich. Sie ist es sich nicht gewohnt, dass jemand ihre dominante Ader untergräbt. „Was wird aus dem Loch?“, frage ich. Und muss jetzt schon grinsen, weil die kleine Domina sichtlich eingeschüchtert ist. „Das lassen wir erstmal so. Wir machen da jetzt erstmal eine Flourpaste drauf.“ Er sieht an mir vorbei. „Sabrina, können Sie mir bitte die Paste geben?“ Sabrina! HA! Ich wusste es! Solche Frauen heißen immer Sabrina. Buffalo-Brinchen ist genervt - das ist man mit 17 ja schnell mal - und reicht dem Doc die Paste.

Der macht mir die Paste auf den Zahn, sieht mir ein wenig zu tief in meine geblendeten Augen und sagt ganz sanft: „Wie sollten uns bald noch einmal treffen.“ Ich bin etwas verwirrt. Sabrina ist im Raum, und er macht mir so ein offensichtliches Angebot? Ich weiß kaum, wie er aussieht. Ok, die Augen sind schön, die Zähne werden vermutlich auch in Ordnung sein, aber der Rest ist von einem Gesichtsschutz verdeckt. Ich ziehe meine rechte Augenbraue hoch, sehe mich in Gedanken schon beim Italiener mit einem Glas Wein, Kerzen und aus der Nummer nicht mehr rauskommen. Vielleicht ein wenig zu schnippisch gebe ich zurück: „So? Wann denn?“ „Vielleicht in 3, 4 Monaten, zur Nachuntersuchung.“

Ich merke wie ich rot werde und stammle verlegen ein: „Na klar, ich hol mir dann gleich vorne mal einen Termin.“ Ich verabschiede mich und drehe mich beim rausgehen noch mal am.

Sabrina Buffalo sitzt auf ihrem Hocker und grinst.

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