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Ob Polyamorie oder Monogamie-wichtig ist die Liebe?!

Text: Ragemila

Seit ich in Berlin wohne wurde  ich desöfteren gefragt, weshalb ich eigentlich monogam sei...tja was sollte ich denn auch anderes sein?



Oh ich könnte vieles andere sein! Allerdings wurde ich durch meine Eltern wundervoll in eine "romantische Zweierbeziehung" erzogen.



Meine Eltern sind seit 28 Jahren glücklich verheiratet, jedesmal wenn der Frühling anfängt verlieben sie sich nochmal neu ineinander. Ich bin damit aufgewachsen , das man über Probleme spricht und sich Vertrauen schenken sollte und das dies auch nur möglich sei indem man sich dem anderen Partner (Einzahl) hingebe. Also kurz gesagt, man lernt sich kennen- verliebt sich - zieht zusammen -heiratet- bekommt Kinder- baut ein Haus- teilt sein Konto- lebt bis an sein Lebensende zusammen.



Ja schicke Vorstellung, mag auch bei einigen klappen- mir persönlich wäre das ja zu langweilig.



Allerdings konnte ich bis vor einigen Monaten auch wenig mit dem Begriff der Polyamorie anfangen , auch wenn ich viele Freunde in meinem Freundeskreis habe, die genau damit glücklich leben.



Was versteh ich unter Polyamorie? 





Man kann sagen, dass Polyamorie bedeutet, mehr als eine Person zur selben Zeit zu lieben. Im Gegensatz zum Fremdgehen geschieht dies hier mit der Einwilligung sämtlicher Beteiligten. Es geht um Ehrlichkeit und Transparenz (Poly ist kein Betrügen). Alle Partner sind gleichberechtigt und wissen voneinander, es ist kein Swingen ,sondern eine langfristige Orientierung.



Zweierbeziehungen sind also nicht die einzig erstrebenswerte oder mögliche Form des Zusammenlebens. Herkömmliche Liebeskonzepte wie die Ehe werden als besitzergreifend, ökonomisch begründet und unfrei kritisiert.



"Die Polyamorie definiert sich über die emotionale Seite von Liebesbeziehungen; ihr liegt die Idee zugrunde, dass Liebe, auch solche romantischer Färbung, nichts ist, das auf einzelne Personen eingeschränkt werden müsse.  Polyamore Beziehungen erfordern in der Regel erheblich mehr Aufmerksamkeit, Energie und Kommunikation als emotional und sexuell ausschließliche Beziehungen und bieten den Beteiligten weniger Sicherheiten, haben für die Menschen, die sie führen, jedoch ausgleichende Vorteile" sagt Wikipedia.



"Poly ist ein Lebensstil, der stärker den Alltag durchdringt: es geht hier außer um sexuelle Befriedigung verstärkt um Selbstbestimmung und Emanzipation."



Aha , das kann ich aber auch alles mit Monogamie haben. Ich muss doch nicht Poly sein um emanzipiert oder selbstbestimmt zu sein. Und ich kann auch in einer monogamen Beziehung ehrlich und transparent sein und über meine Gefühlswelt sprechen.



Angeblich sind wir laut mehreren Wissenschafltern von Natur aus "polytrop" - polytrop bedeutet, man hat eine allgemeine Neigung, sich an mehr als einen Partner zu binden.  Das kann allerdings nicht nur durch die Liebe oder den sexuellen Drang ausgedrückt werden, sondern meiner Meinung nach auch durch engere Bindungen, wie Freundschaft.



Was versteh ich unter Monogamie?



Die Monogamie, bedeutet für mich Exklusivität, das Einlassen und Vertrauen, genau einem Partner gegenüber. Die Erwartung der Treue und des Vertrauens bis über den Tod hinaus. Sich gemeinsam ein Leben aufbauen und dieses auch zusammen ausbauen und verändern.



Es ist eine romantische Vorstellung der Zweierbeziehung die sich in unserer Gesellschaft als ein Ideal festgesetzt hat und mit der viele erzogen wurden. Man schaue sich nur mal die Hollywoodstreifen an, in denen gibt es fast immer ein Happyend und dieses besteht , dann aus genau 2 Menschen die sich für immer und immer lieben werden. Ist das realistisch? Kann man einem Menschen bis an sein Lebensende Treu sein oder ist der Mensch dazu gemacht fremdzugehen oder fremd zu lieben?



Unser Wunsch nach einer langjährigen, tiefen Partnerschaft entspricht letztlich einer Sehnsucht danach, eine Familie oder eine Heimat zu haben. Ein legitimer, ein menschlicher Wunsch. Im Idealfall heißt das, ich liebe eine Person die mich auch liebt und wir bilden zu zweit eine Einheit und stehen gemeinsam gegen alles und jeden zusammen. Wir zwei: gemeinsam.



Was tue ich?



Ich lebe in einer monogamen/offenen  Beziehung seit 4 Jahren und bin in ihr glücklich, für mich ist das der richtige Weg. Ich habe Kommunikation, Treue, Vertrauen, Transparenz und Liebe. Wenn ich ein Problem habe spreche ich es an (auch wenn es mir nicht leicht fällt). Ich kann über meine Gefühlswelt reden und auch darüber wen ich gerade anziehend finde und wenn nicht, ich denke wir haben eine Beziehung die eher offen als monogam ist, in der wir uns die gebrauchte Aufmerksamkeit schenken die der andere gerade benötigt.



Und jetzt?



Vielleicht sollten wir einfach anerkennen, dass Sexualität auch eine Art "Heimat" und "Sicherheit"  ist und ein Recht darauf hat, gelebt zu werden.



Dass wir, für uns einen in individuellen Weg  finden und unsere eigenen Bedürfnisse anpassen und nicht nach den für uns vorgesehenen Rollen und Mustern leben müssen. Einfacher oder romantischer werden Beziehungen dadurch nicht. Beziehungen bedeuten immer Arbeit. Arbeit an sich selbst und an dem zusammensein.



Liebe kann soviele Formen und Ausprägungen annehmen, dass sie nicht nur bestimmten Personen in bestimmten Lebensabschnitten vorbehalten bleiben muss. Wenn man einen Menschen oder mehrere liebt dann doch nicht um irgendein Ideal zu erfüllen sondern , weil er bestimmte für uns wichtige Merkmale oder Eigenschaften aufweist und liebenswert erscheint. Jeder Mensch weiß für sich am besten wieviel Liebe er geben kann und mit wem oder wievielen Partnern er sein Leben führen will.

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