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Das Beste an diesen Tagen

Text: matesino







Meine Freundin ging mit der Kleinen spazieren. Ich ging zum Spiegel, zog den Bauch ein, die Brust raus und fragte, „Willst du meine Frau werden?“ So eine Frage musste gut geübt sein. Man stellte sie nicht jeden Tag, sondern, wenn es gut lief, nur einmal im Leben. Im Kopf hörte ich schon die Antwort meiner Liebsten. „Ja, aber nur, wenn du das Klo putzt.“



Ich holte mir frische Latex-Handschuhe und putzte das Klo. Dann stellte ich mich wieder vor den Spiegel.
„So, Liebste, das Klo ist nun sauber. Willst du meine Frau werden?“ Ich hörte die Antwort. „Dazu musst du aber deine gestrige Performance im Bett heute gehörig steigern.“ Verdammt. Was kann ich dafür, dass ich immer so müde bin. Verfluchte Schilddrüsenunterfunktion.



Ich wartete, bis es Abend wurde, trank zwanzig Tassen Kaffee und verführte meine Liebste nach allen Regeln der Kunst. Auch nach solchen, die nicht im Regelhandbuch zu finden waren. Es funktionierte. „Das war das beste Bunga Bunga seit langem. Gut gemacht, ausdauernder Krieger.“, sagte sie und klopfte mir anerkennend auf die Schulter. Ich gebe zu, ein wenig stolz war ich schon.



Am nächsten Tag wartete ich ungeduldig, bis sie wieder mit der Kleinen aus dem Haus ging. Ich stellte mich vor den Spiegel, zog den Bauch ein und sah, dass ich unrasiert war. Solche Fragen stellte man nicht ungepflegt. Ich rasierte mich und fragte dann erneut, „Willst du meine Frau werden?“
Ihre imaginäre Antwort: „Und, wo bitteschön ist der Verlobungsring?“ Verdammt, ich wusste, dass ich etwas vergessen hatte.



Zehn Minuten später beim Juwelier. „Ich brauch einen Verlobungsring!“. Die Verkäuferin zeigte mir verschiedene Preismodelle und erklärte mir, dass der Ring früher der Frau zur finanziellen Absicherung diente, falls der Mann verschied. Ich dachte nicht daran, bald zu verscheiden, „außerdem sorgt heut der Vater Staat für alles“, sagte ich. „Haben sie auch etwas in meiner Preisklasse?“



Die Verkäuferin blickte mich mitleidig an, ich wurde nach draußen begleitet. „Schauen Sie, wenn sie die Straße weiter geradeaus gehen, finden sie an der nächsten Ecke einen Kaugummiautomaten. Da finden sie bestimmt den passenden Ring für ihre Freundin“, sagte sie mir zum Abschied. Ich dankte ihr für diesen freundlichen Tip. Es war nicht üblich, dass man die Konkurrenz empfahl.



Drei fünfzig Cent Stücke später hatte ich den Ring. Er war perfekt. Irgendwer hatte mir gesagt, dass der gemeine Amerikaner das dreifache seines Monatsgehaltes für einen Verlobungsring ausgab. Mit meinen eins fünfzig kam ich da schon fast an meines heran. Aber hey, ich war Künstler, da zählten die inneren Werte. Und eine saubere Aussprache. Daheim stellte ich mich wieder vor den Spiegel. „Liebste, willst du meine Frau werden?“ Bei „meine Frau“ versprach ich mich. „Nein, danke. Ich möchte lieber weiter mir gehören!“, hallte ihre Stimme in meinem Kopf. Ich verzweifelte. Morgen war es soweit. Morgen war ihr Geburtstag. Da wollte ich sie fragen. Mit warmen Wasser duschte ich meine kalten Füße.

Fast nichts kann unsere Liebe trennen 



Unter einem Vorwand lockte ich meine Liebste zur Corneliusbrücke. An den Ort, wo wir uns das erste Mal getroffen haben. Ich hatte ihr ein Liebesschloss geschenkt, mit unseren Namen drauf eingraviert. „Als Zeichen unserer Liebe hängen wir das ans Brückengeländer und schmeißen die Schlüssel in die Isar. Nur die Bolzenschneider der Stadtverwaltung sollen unsere Liebe trennen können.“ Sie fand das sehr romantisch und ahnte nichts von meinem wahren Vorhaben.



Auf der Fahrt dorthin erinnerte ich mich an die weisen Worte von Pierre Littbarski, „Die anderen hatten Schiß, bei mir lief es ganz flüssig.“ Ich sag es euch, ich war ganz schön aufgeregt und wollte es so schnell wie möglich hinter mich bringen. Doch meine Liebste wollte erst eine Runde spazieren gehen. Natürlich war unsere kleine Tochter mit dabei.



Es war ein schöner Tag. Vielleicht der letzte schöne Sommertag in diesem Jahr. Wir erinnerten uns an unser erstes Date. Die ersten gemeinsamen Schritte in die gleiche Richtung. Jetzt hatten wir ein Kind zusammen und jeder einzelne Schritt, den wir bis heute nebeneinander gegangen sind, fühlte sich richtig an. Unsere Liebe war etwas Besonderes und das Schönste war, wir wussten es.



Am Kiosk, wo es die tausend Biere aus aller Welt gab, holten wir uns zwei Karlovacko. Die tranken wir letztes Jahr auf unserem Roadtrip durch Kroatien. Die konnte ich nachher trinken, falls sie nein sagte. Wir näherten uns der Brücke, auf der alles begann und wo alles weitergehen sollte.



Am Geländer machten wird unser rotes Schloss fest – wenn ihr mal dort vorbei kommt, könnt ihr es euch anschauen- und warfen die Schlüssel in den Fluss. Während meine Liebste im Moment verweilte und den Augenblick genoss, war ich schon gedanklich eine Szene weiter gegangen. Nun gab es kein zurück mehr. Keine Experimente mehr. Sie ist es und keine andere, Mate.



Frisch rasiert ging ich auf die Knie, holte die Karte und den Ring aus der Jackentasche, zog den Bauch ein, die Brust raus und sprach.



Das Beste an meinen Tagen

Dein Lachen in meinen Ohren
Deine Wange an meiner Brust
Deine Hände fahren mir durch die Haare
Das ist das Beste an meinen Tagen



Der erste Kaffee mir dir im Bett
Du erzählst mir von deinen Träumen
Dein süßer Duft haftet in meinen Poren
Zeiten ohne dich sind wie verloren



Wenn ich unten bin, holst du mich rauf
Und wenn ich zuviel Unsinn rede, ziehst du mich auf
Du bist mein Herz, die gute Laune, das schlechte Gewissen
Seitdem ich dich kenne, weiß ich zu vermissen



Liebste, ich liebe dich
Du bist wie für mich gemacht
Noch nie hab ich so viel gelacht, geträumt, getanzt und gelebt
Du bist die Frau, für die ich alles geb





“Ich möchte mein Leben mit dir verbringen. Willst du mich heiraten?”, fragte ich. Sie sagte, sie könne sich nichts Schöneres vorstellen. Mit Tränen in den Augen umarmten wir uns. Ich reichte ihr den Ring. Nun waren wir verlobt und würden heiraten. Aber erst, nachdem jemand das Klo geputzt hätte.



 



P.S. Natürlich hat der Ring etwas mehr gekostet. Die ersten sechs Mal kamen nur so Flummibälle raus.

matysplanet.com




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