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"... alt und weise möchte ich werden..." (Anne Steinwart)

Text: hannahmia
Ich traf heute einen älteren bis alten Herrn, den ich nicht sonderlich mag, aber dem ich dennoch sehr viel Hochachtung zolle.

Er ist ein Pedant und ziemlich altklug, konservativ und unflexibel, aber er ist ja nun auch schon älter.

Mich beeindruckt jedoch, wie aktiv er trotz seines hohen Alters noch ist.

Er steht jeden morgen um 4h auf, betet oder meditiert eine volle Stunde, schreibt dann ein oder zwei Briefe, an Bekannte, unseren Pfarrer oder auch Leserbriefe und Briefe an Autoren und ähnliches. Dann beginnt er seinen Tag. Er wohnt alleine, ist immer mit dem Fahrrad unterwegs, egal welches Wetter und ist wahnsinnig sozial und geistig engagiert.



Immer, wenn ich ihn treffe, dann kann ich nicht umhin mir zu wünschen, dass ich auch einmal soviel geistige und körperlich Fitness und soviel Selbstdisziplin bis ins hohe Alter werde retten können. Jemand mag noch so verschrobene Überzeugungen haben, er hat meine volle Bewunderung, wenn er so in Ehren altert.



Ich mache mir dann immer so ganz bestimmte Vorstellungen von meinem Lebensabend. Ich wünsche mir, dass ich mich nicht verbiegen lasse und mich nicht irgendwann zurücklehne und warte, bis ich langsam verfaule.... ich hoffe, ich habe genug Selbstdisziplin weiterhin jeden morgen aufzustehen und aus dem Tag etwas zu machen, so dass er für mich und andere einen positiven Eindruck hinterlässt. Ich hoffe, ich bleibe aktiv genug, um nicht zu verblöden und bleibe immer lebenshungrig und gebe mich nicht irgendwann zufrieden.

Ich hoffe, ich kann am Ende meines Lebens zurückscheuen und sagen: Ich habe was erreicht, es hat sich durch mich was bewegt, jemand wird mal an mich zurückdenken.



Aber will das nicht jeder? Niemand legt doch Wert darauf senil zu werden, niemand will krank werden, oder eines Tages einsam und alleine im Altersheim leben. Warum habe ich dann doch den Eindruck, dass so viele alte Menschen resigniert haben, ohne schwer krank zu sein. Ist das Leben denn so viel unlebenswerter, als ich denke?

Viele haben Angst vor dem Altern, so viele wollen immer jung bleiben und sich ansonsten mit 50 umbringen. Bin ich naiv, weil mir das noch nie in den Sinn gekommen ist? Natürlich will ich nicht schwer krank sein und dahinsiechen, aber ich denke doch, dass man geistig jung bleiben kann, wenn man sich immer neu auf die Dinge einlässt und dass man körperlich natürlich auch manche vorbeugende Maßnahme treffen kann. Und ist man nicht letztendlich immer nur so alt, wie man sich fühlt?

Ich habe nichts dagegen alt zu werden, und lebenserfahren und vielleicht ein bisschen weise, wenn ich dabei doch immer auch begeisterungsfähig bleibe. Wenn ich mir das vornehme, dann muss das doch auch zu schaffen sein, oder?



Dieser Bekannte von mir ist doch eindeutig ein Beweis dafür, dass es nicht nur einsame, unglückliche, träge alte Menschen gibt, sondern auch welche, die aus jedem Tag etwas machen.

Das lässt mich hoffen, dass ich vielleicht doch nicht so verträumt bin, wie ich manchmal vermute.

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