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5-Minuten-Geschichte
Sie war viel kleiner als er
Viel kleiner. Bestimmt zwei Köpfe. Aber so unglaublich entschlossen. Wie ein bulliger Schnauzbartträger, der sich beim Tauziehen auf irgend einem bayerischen Volksfest wie blöde ins Seil wirft, stemmte sie sich gegen ihn.
Mit aller Kraft riss sie an seinem Arm. Zerrte und schaffte und schwitzte und keuchte nur um ihn weiterzuziehen. Weiter. Weg von dem Schaufenster. Einen zwei Meter großen Mann in Nietenlederjacke. Vor einem Schuhgeschäft. Mit Schlangenlederschuhen in der Auslage.
Vielleicht lag es daran, dass er selbst merkte, wie lächerlich die ganze Szene war. -Ein Bärentyp, dessen Freundin mit aller Kraft versucht ihn daran zu hindern sich Schuhe anzusehen. Vielleicht war er überrascht von ihrer Stärke. Aber er gab nach. Er ließ sich von ihr weiterschleifen. Widerspenstig zunächst, aber schon nach wenigen Metern wurde er folgsam und zahm wie ein Hündchen. Ein idiotisches Grinsen verzog sein Gesicht. Ein mildes Lächeln umspielte das ihrige. Hand in Hand tappsten sie weiter.
Die Ampel wollte einfach nicht weiterschalten und so verlor ich sie aus den Augen. Mir würde das nicht passieren, dachte ich. Wenn ich Schuhe angucken wollte, wollte ich Schuhe angucken. Fertig aus und Zapfenstreich. Schuhe waren doch etwas sehr nützliches. Man konnte in ihnen durch den Regen stapfen. Oder lästige Insekten erledigen. Oder sie einfach ins Regal stellen und angucken. Oder was-weiß-ich-noch-was. Jedenfalls waren Schuhe doch ungemein interessante Gegenstände. Man sollte sich ruhig ab und an den Luxus gönnen, sie ein wenig genauer anzusehen. Sich ein Bild machen eben. Und abhalten lassen sollte man sich davon unter gar keinen Umständen. Erst recht nicht von einer Frau. Am Ende noch von seiner eigenen. Pah wär ja noch schöner. Gleich heute Abend, würde ich den Jungs beim Fußball von dieser Weichtröte erzählen, die nicht mal Schuhe angucken darf, wann und wo sie will. Dann würden wir ein Bierchen aufmachen und aus tiefen Männerkehlen, aus Schuhschaufensterbetrachterkehlen, lauthals lachen über das Würstchen.
Die Bahn ruckte an und riss mich aus meinen Gedanken. Schaufenster zogen vorbei und jedes einzelne von ihnen schien mich mehr und mehr zu erfreuen. Ich grinste über beide Ohren, als die Bahn an der nächsten Haltestelle hielt. Lautlos schoben sich die Türen auf und die kleine Frau betrat den Wagen. Ihr immer noch fröhliches Männlein im Schlepptau. Verachtungsvoll blickte ich ihn von der Seite an.
Mein Handy klingelte. Es war meine Frau. Sie hatte sich beim Kaffeetrinken mit ihrer besten Freundin festgequatscht und ich sollte unsere Tochter vom Turnen abholen. Fußball konnte ich vergessen. Ich stand auf und verließ die Bahn an der nächsten Haltestelle. Irgendjemand öffnete eine Dose Bier. Das Zischen dröhnte in meinen Ohren, als ich meinen Mantel hochschlug und in den Abend hinausstolperte.
Viel kleiner. Bestimmt zwei Köpfe. Aber so unglaublich entschlossen. Wie ein bulliger Schnauzbartträger, der sich beim Tauziehen auf irgend einem bayerischen Volksfest wie blöde ins Seil wirft, stemmte sie sich gegen ihn.
Mit aller Kraft riss sie an seinem Arm. Zerrte und schaffte und schwitzte und keuchte nur um ihn weiterzuziehen. Weiter. Weg von dem Schaufenster. Einen zwei Meter großen Mann in Nietenlederjacke. Vor einem Schuhgeschäft. Mit Schlangenlederschuhen in der Auslage.
Vielleicht lag es daran, dass er selbst merkte, wie lächerlich die ganze Szene war. -Ein Bärentyp, dessen Freundin mit aller Kraft versucht ihn daran zu hindern sich Schuhe anzusehen. Vielleicht war er überrascht von ihrer Stärke. Aber er gab nach. Er ließ sich von ihr weiterschleifen. Widerspenstig zunächst, aber schon nach wenigen Metern wurde er folgsam und zahm wie ein Hündchen. Ein idiotisches Grinsen verzog sein Gesicht. Ein mildes Lächeln umspielte das ihrige. Hand in Hand tappsten sie weiter.
Die Ampel wollte einfach nicht weiterschalten und so verlor ich sie aus den Augen. Mir würde das nicht passieren, dachte ich. Wenn ich Schuhe angucken wollte, wollte ich Schuhe angucken. Fertig aus und Zapfenstreich. Schuhe waren doch etwas sehr nützliches. Man konnte in ihnen durch den Regen stapfen. Oder lästige Insekten erledigen. Oder sie einfach ins Regal stellen und angucken. Oder was-weiß-ich-noch-was. Jedenfalls waren Schuhe doch ungemein interessante Gegenstände. Man sollte sich ruhig ab und an den Luxus gönnen, sie ein wenig genauer anzusehen. Sich ein Bild machen eben. Und abhalten lassen sollte man sich davon unter gar keinen Umständen. Erst recht nicht von einer Frau. Am Ende noch von seiner eigenen. Pah wär ja noch schöner. Gleich heute Abend, würde ich den Jungs beim Fußball von dieser Weichtröte erzählen, die nicht mal Schuhe angucken darf, wann und wo sie will. Dann würden wir ein Bierchen aufmachen und aus tiefen Männerkehlen, aus Schuhschaufensterbetrachterkehlen, lauthals lachen über das Würstchen.
Die Bahn ruckte an und riss mich aus meinen Gedanken. Schaufenster zogen vorbei und jedes einzelne von ihnen schien mich mehr und mehr zu erfreuen. Ich grinste über beide Ohren, als die Bahn an der nächsten Haltestelle hielt. Lautlos schoben sich die Türen auf und die kleine Frau betrat den Wagen. Ihr immer noch fröhliches Männlein im Schlepptau. Verachtungsvoll blickte ich ihn von der Seite an.
Mein Handy klingelte. Es war meine Frau. Sie hatte sich beim Kaffeetrinken mit ihrer besten Freundin festgequatscht und ich sollte unsere Tochter vom Turnen abholen. Fußball konnte ich vergessen. Ich stand auf und verließ die Bahn an der nächsten Haltestelle. Irgendjemand öffnete eine Dose Bier. Das Zischen dröhnte in meinen Ohren, als ich meinen Mantel hochschlug und in den Abend hinausstolperte.