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meine familie ist asozial

Text: piya
in Deutschland regiert die Norm. Wer sie bricht und von ihr gebrochen wird, ist nicht normal.

Die deutsche Durchschnittsfamilie hat 1,5 Kinder, mein Eltern haben vier davon. Früher, so erzählt man sich, sagte man: die Leute sind anormal. Heute ist dieses Wort bedeutungslos, denn jeder hat seine Besonderheit, seinen Superlativ, seine Anormalität. Das gehört sich so. Aber wir sind nicht normal: wir sind a-sozial. das a steht für: anders.

Mein Vater ist neulich fünfzig geworden, er bevorzugt es die fünf spiegelverkehrt zu lesen, dann ist er nämlich nur zwanzig. Er ist auch sehr bemüht darum, sich spätpubertär zu benehmen. Er fährt immer noch die alte Klapperkiste, die Abiturienten von ihren Eltern geschenkt bekommen: goldener Golf, nahe am durchrosten an diversen Stellen, dieselbetrieben und mit Light Show zwischen Tacho und Drehzahlmesser.

Mein Vater ist Chemiker. Obwohl er mittlerweile in einem fachfremden Beruf arbeitet, hat er sich seine Experimentierfreudigkeit erhalten. Der goldene Golf fährt ab sofort mit ALDI- Sonneblumenöl. Das ist nämlich um einiges billiger als Diesel. Jetzt, da sich durch den Euro alle Preise erhöht haben ALDI aber in einer großen Werbekampagne erklärt hat, er rundet nach unten, jetzt lohnt sich das richtig. „ Die Leute gucken immer etwas blöd, wenn ich da auf m Parkplatz stehe und die Flaschen in den Tank kippe“. Wie sollten sie auch reagieren, wenn ein erwachsener, etwas fülliger Mensch, in hektischer Nervosität an seinen Tank rumfummelt um dann mit einem kindlichen Grinsen im Gesicht sein Auto mit Sonnenblumenöl zu betanken. Mein Vater fährt also sein neustem eine fahrende Pommesbude. Wenn sie demnächst an der Ampel stehen und ihnen der bekannte Geruch nach ranzigen Fett, das man aus der weltgrößten Fast-Food Kette kennt, in die Nase steigt, und weit und breit kein Haus zu sehen ist, dann schauen sie doch mal in den Rückspiegel. Vielleicht erkennen sie meinen Vater....

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