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Mit ana Melange im Hawelka
Ein Interview mit Leopold Hawelka, 91, dem Inhaber des noch berühmteren Café Hawelka in Wien.
Fazit: "Die Frau ist die Seele des Cafés".
F: Herr Hawelka, wie hat Ihre Karriere als Cafétier angefangen?
A: Ich hatte früher ein anderes Cafe, ein kleines Cafe in der Stadt, das habe ich in Pacht gehabt, dann ist die Pacht abgelaufen, und als ich gehört hatte, dass dieses Cafe auch zu pachten war habe ich es dann gekauft und bin jetzt schon sehr lange hier.
Es waren nun sehr viele Künstler im Hawelka.
Oh ja, schauen Sie, ich habe mich auch für Kunst interessiert, Maler, Künstler und so weiter, es waren sehr viele berühmte Leute hier, aber jetzt sind wir schon lange hier, jetzt hat das a bissel aufgehört. Früher haben die Leute keine Arbeit gehabt, dann sind sie im Caféhaus gesessen und haben dort gelebt. Ich war hier herinnen etwas streng, weil die Künstler gedacht haben, hier kann jeder machen, was er will. Und das geht natürlich nicht. Jeder Gast hat Rechten und Pflichten und das habe ich auch.
Woran erkennen Sie einen Künstler?
Jo, eine andere Handschrift hat er, man merkt das schon irgendwie, auch am Gesichtsausdruck (lacht). Ich habe aber sehr liebe Künstler gehabt, viele sind gestorben. Sie haben nicht viel Geld gehabt, und ihr Wohnzimmer war das Hawelka. Ich habe sie aber auch disziplinieren müssen, dass sie sich benehmen hier herinnen, weil der Künstler ja vielleicht auch einen kleinen Vogel hat und glaubt, er kann eine Aufführung machen hier herinnen und da bin ich sehr streng gewesen.
Ich habe eine tüchtige Frau, die Frau Hawelka, ich bin nicht so tüchtig wie sie. Sie ist nun schon eine halbe Stunde da und übernimmt bald das Kommando hier, dann kann ich mich ausruhen. Heute ist schönes Wetter, dann gehe ich weg. Aber auch mein Sohn ist noch hier und meine beiden Enkelkinder.
Also bleibt das Hawelka in Familienhand?
Jaja, das wird wahrscheinlich weiterlaufen, ich habe sie schon ein wenig unterrichtet, dass man auch ein bisschen strenger sein muss. Es gehört schon eine Führung auch dazu und eine tüchtige Frau, das ist das Wichtigste.
Was sind die Eigenschaften eines guten Cafétiers?
Ja, schauen´S, er kann dahergehen und sich unterhalten mit den Gästen, aber er muss vor allem schauen, dass der Betrieb weitergeht. Unterhalten kann man sich zu Hause oder irgendwo, aber hier gehört schon eine gewisse Strenge dazu. Das Hawelka ist doch bekannt und da muss schon a bissel Disziplin sein.
Gibt es denn überhaupt noch Cafés wie das "Hawelka"?
Wien hat sehr, sehr schöne Cafés, grosse und kleine Caféhäuser. Die moderne Zeit ist gekommen, wir denken auch öfters darüber nach, die Bude umzubauen, oba i denk mir nur, was soll ich umbauen, dadurch wirds annet bessa. Als wir einmal neue Tapeten dran hatten, das Café schön herrichten wollten, da waren die Leute böse und meinten nur: Lassen´S das Café, so wie´s ist.
Wie lange wollen Sie noch weitermachen?
Lacht ja schauen Sie, ich habe eine tüchtige Frau. Die habe ich kennengelernt in einem Betrieb, wo ich selbst als Kellner gearbeitet habe und da war sie Schank- und Küchenkassiererin und da habe ich mir gedacht, dieses Fräulein könnt´ i mir angeln (lacht). Dann sind wir eine Zeit gegangen und irgendwann hat sie gemeint, na, was mochmer denn, was mochmer denn jetzta, jetzt gemer scho so lang mitnanda, was soll mer mochen ? So haben wir dann geheiratet und den Plan gefasst, ein kleines Caféhaus aufzumachen, das haben wir auch gemacht und bis 4 Uhr früh offen gehabt. Wir hatten keine Wohnung und haben im Café übernachtet. Es gab noch eine kleine Kammer nebenan, das war alles, mit vollem Einsatz haben wir weitergemacht und später dann nach Jahren dieses Caféhaus gekauft und seit dem sind wir hier und das Hawelka ist ja jetzt auch sehr sehr bekannt. Schaun Sie, für so ein Café gehört viel Liebe dazu, Interesse, Aufopferung und eine tüchtige Frau. Immer ausschlaggebend: die Frau, man kann sagen, die Frau ist die Seele des Caféhauses.
Wer ist Ihnen denn von den Künstlern am besten in Erinnerung?
Ich habe die Maler der Wiener Schule hiergehabt. Brauer, Fuchs, Moldowan, da waren so viele, die waren eine Zeitlang hier und als sie Geschäft hatten, haben sie geschaut, dass sie weiterkommen tun und dann sind bessere Zeiten gekommen. Viele berühmte Künstler. Und nur, weil sie hier jeden Tag bei mir Gast gewesen sind (lacht). Ich habe dann natürlich auch Bilder von ihnen gekauft, worüber sie damals richtig froh waren. Hrdlicka meint sogar, sie sind erst so richtig im Wert gestiegen, weil ich sie gekauft habe (lacht).
Gibt es denn noch Künstler, die wiederkommen?
Ja, aber nicht mehr so wie früher, schauen´S die Leute müssen arbeiten, der Künstler auch. Der Hrdlicka, der ist täglicher Stammgast, ein ganz ein grosser Meister, der wohnt vis-à-vis, hat´s nicht weit bis hier her, na kummter um neun, halb zehn und trinkt seinen Kaffee mit seiner Gattin.
Ganz wichtig, man muss den Gast annehmen, wenn er hereinkommt und schaut, und wissen, wo ich diesen Gast hinsetzen kann. Ich kann zu Ihnen keine alte Dame hersetzen, da setz ich doch eine junge her! Viele haben gut geheiratet. Aus der Schweiz, aus Amerika sins kumma: "Hawelka, wissen Sie, meine Frau habe ich hier im Hawelka kennengelernt". Der Gast tritt ein, wie die zwei (zeigt auf ein gerade eingetretenes Touristenpärchen), bleibt stehen, sieht sich um und den muss ich an der Hand nehmen und zu einem Platz führen, sonst gehen sie raus.
Nachdem das Paar seine Neugierde befriedigt hat und sich auch zu keiner Tasse Kaffee haben überreden lassen, gehen sie wieder hinaus, worauf Hawelka meint:
Das sind Sehgäste (lacht).
Früher haben wir auch Spiele hier gehabt. Billard, spielen Sie Billard? Da war ich einmalig. Mit drei Kugeln. Wunderbares Spiel.
Hawelka fängt an, mit meiner Kaffeetasse, dem Zuckerschälchen und meinem Silberlöffel eine Spielsituation aufzubauen und erklärt ausführlich.
Sie sind jeden Tag hier, machen Sie auch mal Urlaub?
Doch, schon, das Personal geht ja auch auf Urlaub, 4 Wochen, 5 Wochen, da will ich auch Urlaub machen. Ob wir heuer Urlaub machen, weiss ich noch nicht. Meine Frau möchte nach Altmünster, am Traunsee. Den Traunstein vis-à-vis. Schön dort.
Was hat denn damals ein Kaffee gekostet?
Oh je, das weiss ich nicht mehr, da muss i mei Frau frogen, aber viel war es nicht. Sieht sich um. Schön ist es nicht, das Caféhaus, aber interessant. Und Gschichte hots gmocht.
Herr Hawelka, vielen Dank für dieses Gespräch.
I moch des gerne ...
... und springt mitten im Satz auf, um sich um seine Gäste zu sorgen. Er führt die beiden älteren Damen nach draussen und ist mit seinen 91 Jahren wieder ganz Cafétier alter Schule.
Fazit: "Die Frau ist die Seele des Cafés".
F: Herr Hawelka, wie hat Ihre Karriere als Cafétier angefangen?
A: Ich hatte früher ein anderes Cafe, ein kleines Cafe in der Stadt, das habe ich in Pacht gehabt, dann ist die Pacht abgelaufen, und als ich gehört hatte, dass dieses Cafe auch zu pachten war habe ich es dann gekauft und bin jetzt schon sehr lange hier.
Es waren nun sehr viele Künstler im Hawelka.
Oh ja, schauen Sie, ich habe mich auch für Kunst interessiert, Maler, Künstler und so weiter, es waren sehr viele berühmte Leute hier, aber jetzt sind wir schon lange hier, jetzt hat das a bissel aufgehört. Früher haben die Leute keine Arbeit gehabt, dann sind sie im Caféhaus gesessen und haben dort gelebt. Ich war hier herinnen etwas streng, weil die Künstler gedacht haben, hier kann jeder machen, was er will. Und das geht natürlich nicht. Jeder Gast hat Rechten und Pflichten und das habe ich auch.
Woran erkennen Sie einen Künstler?
Jo, eine andere Handschrift hat er, man merkt das schon irgendwie, auch am Gesichtsausdruck (lacht). Ich habe aber sehr liebe Künstler gehabt, viele sind gestorben. Sie haben nicht viel Geld gehabt, und ihr Wohnzimmer war das Hawelka. Ich habe sie aber auch disziplinieren müssen, dass sie sich benehmen hier herinnen, weil der Künstler ja vielleicht auch einen kleinen Vogel hat und glaubt, er kann eine Aufführung machen hier herinnen und da bin ich sehr streng gewesen.
Ich habe eine tüchtige Frau, die Frau Hawelka, ich bin nicht so tüchtig wie sie. Sie ist nun schon eine halbe Stunde da und übernimmt bald das Kommando hier, dann kann ich mich ausruhen. Heute ist schönes Wetter, dann gehe ich weg. Aber auch mein Sohn ist noch hier und meine beiden Enkelkinder.
Also bleibt das Hawelka in Familienhand?
Jaja, das wird wahrscheinlich weiterlaufen, ich habe sie schon ein wenig unterrichtet, dass man auch ein bisschen strenger sein muss. Es gehört schon eine Führung auch dazu und eine tüchtige Frau, das ist das Wichtigste.
Was sind die Eigenschaften eines guten Cafétiers?
Ja, schauen´S, er kann dahergehen und sich unterhalten mit den Gästen, aber er muss vor allem schauen, dass der Betrieb weitergeht. Unterhalten kann man sich zu Hause oder irgendwo, aber hier gehört schon eine gewisse Strenge dazu. Das Hawelka ist doch bekannt und da muss schon a bissel Disziplin sein.
Gibt es denn überhaupt noch Cafés wie das "Hawelka"?
Wien hat sehr, sehr schöne Cafés, grosse und kleine Caféhäuser. Die moderne Zeit ist gekommen, wir denken auch öfters darüber nach, die Bude umzubauen, oba i denk mir nur, was soll ich umbauen, dadurch wirds annet bessa. Als wir einmal neue Tapeten dran hatten, das Café schön herrichten wollten, da waren die Leute böse und meinten nur: Lassen´S das Café, so wie´s ist.
Wie lange wollen Sie noch weitermachen?
Lacht ja schauen Sie, ich habe eine tüchtige Frau. Die habe ich kennengelernt in einem Betrieb, wo ich selbst als Kellner gearbeitet habe und da war sie Schank- und Küchenkassiererin und da habe ich mir gedacht, dieses Fräulein könnt´ i mir angeln (lacht). Dann sind wir eine Zeit gegangen und irgendwann hat sie gemeint, na, was mochmer denn, was mochmer denn jetzta, jetzt gemer scho so lang mitnanda, was soll mer mochen ? So haben wir dann geheiratet und den Plan gefasst, ein kleines Caféhaus aufzumachen, das haben wir auch gemacht und bis 4 Uhr früh offen gehabt. Wir hatten keine Wohnung und haben im Café übernachtet. Es gab noch eine kleine Kammer nebenan, das war alles, mit vollem Einsatz haben wir weitergemacht und später dann nach Jahren dieses Caféhaus gekauft und seit dem sind wir hier und das Hawelka ist ja jetzt auch sehr sehr bekannt. Schaun Sie, für so ein Café gehört viel Liebe dazu, Interesse, Aufopferung und eine tüchtige Frau. Immer ausschlaggebend: die Frau, man kann sagen, die Frau ist die Seele des Caféhauses.
Wer ist Ihnen denn von den Künstlern am besten in Erinnerung?
Ich habe die Maler der Wiener Schule hiergehabt. Brauer, Fuchs, Moldowan, da waren so viele, die waren eine Zeitlang hier und als sie Geschäft hatten, haben sie geschaut, dass sie weiterkommen tun und dann sind bessere Zeiten gekommen. Viele berühmte Künstler. Und nur, weil sie hier jeden Tag bei mir Gast gewesen sind (lacht). Ich habe dann natürlich auch Bilder von ihnen gekauft, worüber sie damals richtig froh waren. Hrdlicka meint sogar, sie sind erst so richtig im Wert gestiegen, weil ich sie gekauft habe (lacht).
Gibt es denn noch Künstler, die wiederkommen?
Ja, aber nicht mehr so wie früher, schauen´S die Leute müssen arbeiten, der Künstler auch. Der Hrdlicka, der ist täglicher Stammgast, ein ganz ein grosser Meister, der wohnt vis-à-vis, hat´s nicht weit bis hier her, na kummter um neun, halb zehn und trinkt seinen Kaffee mit seiner Gattin.
Ganz wichtig, man muss den Gast annehmen, wenn er hereinkommt und schaut, und wissen, wo ich diesen Gast hinsetzen kann. Ich kann zu Ihnen keine alte Dame hersetzen, da setz ich doch eine junge her! Viele haben gut geheiratet. Aus der Schweiz, aus Amerika sins kumma: "Hawelka, wissen Sie, meine Frau habe ich hier im Hawelka kennengelernt". Der Gast tritt ein, wie die zwei (zeigt auf ein gerade eingetretenes Touristenpärchen), bleibt stehen, sieht sich um und den muss ich an der Hand nehmen und zu einem Platz führen, sonst gehen sie raus.
Nachdem das Paar seine Neugierde befriedigt hat und sich auch zu keiner Tasse Kaffee haben überreden lassen, gehen sie wieder hinaus, worauf Hawelka meint:
Das sind Sehgäste (lacht).
Früher haben wir auch Spiele hier gehabt. Billard, spielen Sie Billard? Da war ich einmalig. Mit drei Kugeln. Wunderbares Spiel.
Hawelka fängt an, mit meiner Kaffeetasse, dem Zuckerschälchen und meinem Silberlöffel eine Spielsituation aufzubauen und erklärt ausführlich.
Sie sind jeden Tag hier, machen Sie auch mal Urlaub?
Doch, schon, das Personal geht ja auch auf Urlaub, 4 Wochen, 5 Wochen, da will ich auch Urlaub machen. Ob wir heuer Urlaub machen, weiss ich noch nicht. Meine Frau möchte nach Altmünster, am Traunsee. Den Traunstein vis-à-vis. Schön dort.
Was hat denn damals ein Kaffee gekostet?
Oh je, das weiss ich nicht mehr, da muss i mei Frau frogen, aber viel war es nicht. Sieht sich um. Schön ist es nicht, das Caféhaus, aber interessant. Und Gschichte hots gmocht.
Herr Hawelka, vielen Dank für dieses Gespräch.
I moch des gerne ...
... und springt mitten im Satz auf, um sich um seine Gäste zu sorgen. Er führt die beiden älteren Damen nach draussen und ist mit seinen 91 Jahren wieder ganz Cafétier alter Schule.