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Wenn der Wahnsinn nahe ist: "Gregory", ein Nekronomikum des Humors

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Produkt: „Gregory“

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Warum: Weil die Welt da draußen, in der S-Bahnen „Bitte zurückbleiben“ brüllen und wildfremde Menschen in der Mensa „Mahlzeit!“, in der Flüge nach Dubai billiger sind als ein Billet Einfach nach Dingolfing, in der sich Zeitungen mit großen Buchstaben besser verkaufen als welche mit kleinen, in der jeder Depp ein Blog hat und ein FC Bayern, George W. Bush und Monrose koexistieren können, weil diese ganze Welt da draußen dem Wahnsinn nahe ist, und wir alle mit ihr. Die in diesen Zeiten schon drin sind in der Klapsmühle, die haben es gut. Sie sitzen in ihrer kleinen Zelle, das Zwangsjäckchen an, schauen mit großen Augen an die Wand und schreien ab und an: Ik Gregory! IK GREGORY! IK GREGORY!!

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Dann kommt vielleicht Herman Vermin, die alte Ratte, ihres Zeichens zynischste Ratte aller Zeiten, und zerrt ein wenig an Gregorys Zwangsjacke herum, schlürft Cocktails mit Schirmchen, schlüpft in Gregorys Hose oder versucht, sich umzubringen, tausend Tode lang. Aber einer wie Herman Vermin, den bringt so leicht nichts um, der steht seine Ratte und liest dann Gott die Leviten, wegen seines ständigen Wiederauferstehens. Oder Wendell, die kleine käsesüchtige Maus. Oder Hal Roach, Kakerlake.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Wer Gregory und seine Freunde dann noch nicht mag, ist wahrscheinlich Sachbearbeiter im Beschwerde- und Schlichtungsausschuss des VdK oder in irgendeinem anderen humorfreien Sozialumfeld ansässig. „Gregory“ ist ein, tja, was eigentlich? Ein Comic, ja, das auch – aber ansonsten noch viel mehr: eine seitensprengende Wirrnis, ein Nekronomikon des Humors, eine Waffe gegen den ganz normalen Wahnsinn in der Welt. Das kann man natürlich auch gestelzt ausdrücken, also Vorhang auf für Marc Hempel, Gregorys Schöpfer, der einst, wegen beschissenen Aufträgen von Magengeschwüren geplagt, den kleinen Kerl in der Zwangsjacke erfunden hat: „Gregory war ein Depot für meine angestauten Ängste und Unsicherheiten, allerdings gemäßigt durch kindliche Freude und Unbekümmertheit. Es war eine manische Explosion simpler, expressiver Zeichnungen, lustiger Figuren und entsetzlicher Wortwitze (…). Die Figuren und der Humor flossen nur so aus meinem kranken Hirn.“ Was soll man da noch sagen? Recht hat er, der Marc Hempel, nur aus einem kranken Hirn kann ein Comic wie „Gregory“ kommen, und man müsste seinem alten Auftraggeber, der ihn zu Zeichnungen über eine zu recht unbekannte Serie namens „Jonny Quest“ verknechtet hatte, noch heute danken, dass er Hempel so stresste, dass der erst ein Magengeschwür, dann einen herrlich bescheuerten Einfall und deswegen Erfolg mit „Gregory“ hatte. Das Irrenhaus Welt wäre entschieden ärmer. Für wen: Für alle, die jeden Tag von neuem nur um ein Haar nicht wahnsinnig werden. Bei Cross Cult ist gerade der zweite Band von „Gregory“ erschienen und kann hier für 19,80 Euro bestellt werden. Alle Bilder aus der besprochenen Publikation.

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