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Abgeordnetenwatch: Wir kommen um uns zu beschweren

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E-Mail für Claudia Roth und Peter Gauweiler: Neben den Standard-Anfragen der politischen Sphäre landeten im Dezember auch drei ungewöhnliche E-Mails im Postfach der beiden Bundestags-Abgeordneten, in denen das ratlose Wahlvolk seine Repräsentanten um Stellungnahme bat. „Was sagen Sie zur neuesten Augsburger Müllaffäre?“, wollte ein Herr Gobsch von Frau Roth wissen. „Wie sieht eine endgültige Lösung für den Nahost-Konflikt aus?“ so eine Frage an Peter Gauweiler. Verursacher dieser elektronischen Minilawine war das Webportal „Abgeordnetenwatch“, eine Plattform für direkte Demokratie, die seit einem Monat im Netz steht. Dort kann man seine Fragen an alle 614 Abgeordneten posten. Wüste Beschimpfungen sortiert Abgeordnetenwatch aus, alle anderen Fragen werden direkt an den jeweiligen Abgeordneten weitergeleitet. Sowohl Fragen als auch Antworten sind für alle Besucher der Website einsehbar. Ob die Abgeordneten auch antworten, ist eine andere Frage: „Klar sind wir darauf angewiesen, dass die Politiker mitspielen. Aber ich bin überzeugt, dass sich in Zukunft kaum ein Abgeordneter unserer Seite verweigern wird, schon allein aus PR-Gründen“, behauptet Gregor Hackmack, der Hauptgesellschafter der Betreiber-GmbH: „Schließlich können die Politiker hier viel mehr politikinteressierte Menschen erreichen, als etwa in einer Bürgersprechstunde.“

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Kürzlich haben sich 50 000 User an einem Tag auf abgeordnetenwatch.de geklickt, für Hackmack ein Indiz dafür, dass es trotz aller medialer Hysterie um vermeintliche Politikverdrossenheit ein ungebrochenes Interesse an politischen Sachfragen gibt. Komplexe Dinge, wie zum Beispiel die Gesundheitsreform müssten nur transparent rübergebracht werden, schon würden sich die Leute damit beschäftigen wollen. Deshalb erklärt die Seite alle Abstimmungen im Bundestag: Worum ging es genau, und welcher Abgeordnete hat wie abgestimmt. „Nur so können die Volksvertreter zur Rechenschaft gezogen werden“, sagt Hackmack. Helmut Gobsch hat sein Anliegen am 17. Dezember gepostet. Drei Tage später ließ Claudia Roth dem wissbegierigen Frager durch einen Gehilfen ausrichten: „Wir vertrauen darauf, dass eventuelle strafbare Handlungen nicht ohne Folge bleiben und die Betreiber der Müllverbrennungsanlage daraus Konsequenzen für die Zukunft ziehen werden.“ Was hätte Roth schon antworten sollen? Damit das Frage-Antwort-Spiel auf abgeordnetenwatch.de nicht bloß inhaltsleeren Populismus anschwemmt, bedarf es einigermaßen qualifizierter Fragen, die sich für die Abgeordneten auch mit aussagekräftigen Statements erwidern lassen. Dann hätte das Portal sein Ziel erreicht: „eine politische Kultur, die Dialog und Beteiligung fördert und den Menschen die Politik wieder näher bringt.“

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