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Wir haben verstanden: Von Trailern und Hemden

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Jahresrückblicke haben in aller Regel das Anliegen, eine Antwort auf folgende Frage zu liefern: „Was war dieses Jahr wichtig?“ Das ist gut. Aber wir finden, dass eine andere Frage mindestens genauso wichtig ist: „Was haben wir verstanden?“. Deshalb haben wir ein digitales Magazin mit einer Liste gemacht: 100 Dinge, die wir 2013 begriffen haben. Einen Auszug daraus findest du hier - darum sind die Punkte auch nicht immer fortlaufend nummeriert. Das komplette digitale Magazin für Tablets und Smartphones mit allen 100 Punkten kannst du mit der kostenlosen App der Süddeutschen Zeitung herunterladen. Du kannst es für nur 89 Cent kaufen; für Abonnenten der Digitalausgabe der SZ ist das Magazin kostenlos.

Wir haben verstanden:

17. Gäbe es einen Preis namens Mr. Schwanzvergleich 2013, er ginge an Robin Thicke. Der übrigens seit acht Jahren verheiratet ist.

18. Ein Zusammenhang zum Heulen: In Bangladesh stürzt eine Textilfabrik ein und in Europa sprießen die Primark-Fillialen aus dem Boden.

19. Jeder, wirklich jeder, der irgendwas verkauft, stellt 2013 einen Trailer auf Youtube. Und die Kino-Branche reagierte.
Viel haben der Sänger Bon Jovi und der Sportreporter Waldemar Hartmann nicht gemeinsam. Aber beide nutzten im vergangenen Jahr den ältesten Werbetrick des Kinos: den Trailer. Sowohl Bon Jovi als auch Hartmann warben auf Youtube mit kurzen Filmchen, die Lust auf das neue Album respektive Buch wecken sollten. Die beiden Clips zeigen die enorme Beliebtheit, die das Prinzip Trailer in jüngster Zeit bekommen hat. Die kurze Filmvorschau aus dem Kinosaal ist dank Youtube zum Breitband-Medikament für Marketingstrategen aller Art geworden: Buchverlage, Brettspielhersteller, Partyveranstalter oder Zeitschriftenhäuser laden heute Trailer ins Netz, wenn sie etwas verkaufen wollen. Selbst wenn sich die dazugehörigen Produkte für eine filmische Umsetzung so gut eignen wie ein Bagger für eine Flugschau und folglich kaum jemand die Clips sehen will. Waldi Hartmann und Bon Jovi verstauben jedenfalls weitgehend ungeklickt im Netz. Und die Kinobranche, die Erfinderin des Genres? Reagiert, indem sie statt normaler Trailer neuerdings 40-sekündige „Teaser Trailer" im Netz streut. Der kleine Youtube-Trailer ist also nur noch Vorgeschmack auf den großen Bruder, den Hammer-Trailer im Kino. Eine charmante Art, die Machtverhältnisse klarzustellen.
jan-stremmel

20. Wir sind Meter gegangen, was die Gleichberechtigung homosexueller Paare angeht. Dabei müssten wir endlich mal Meilen gehen.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



21. Der NSU-Prozess ist einer, von dem wir noch unseren Kindern erzählen werden.

22. Kanye West hat in diesem Jahr endgültig seinen Verstand verloren. Er nannte sein Album „Yeezus", den zentralen Song darauf „I Am a God (feat. God)", und stellte gegenüber Late-Night-Talker Jimmy Kimmel klar: „Wenn ich sagen würde, kein Genie zu sein, würde ich euch und mich selbst anlügen."

23. Andererseits: Wer sonst kann ein unbedrucktes weißes T-Shirt für 120 Dollar auf den Markt bringen, das schon vor Verkaufstart komplett vergriffen ist?

24. Die Telekom hat einen neuen Namen: Drosselkom.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert


Die Drossel gehört zu den Singvögeln und war bis zu diesem Jahr nicht durch eine besondere Nähe zur Telekom aufgefallen. Das änderte sich, als der Konzern im Sommer ankündigte, seine Pauschaltarife drosseln zu wollen. Innerhalb weniger Augenblicke war die Wortneuschöpfung geboren, die den Protest – im Netz, mit Petitionen und Demonstrationen – gegen die Angriffe auf die Netzneutralität bündelte und sich sogar in Circus Halligalli wiederfand: Drosselkom beschreibt einen Anbieter, der sein Pauschalangebot eben nicht pauschal versteht, sondern ab einem gewissen Volumen drosseln will. Zumindest indirekt hat die Telekom gegen Ende des Jahres darauf reagiert und angekündigt, Angebote nur noch dann Flatrate zu nennen, wenn sie wirklich pauschal und ungedrosselt sind.
dirk-vongehlen

25. Wenn man ein hohes Brustkrebsrisiko hat, kann man sich vorsorglich die Brüste amputieren lassen.

26. Mit der Uni fertig sein ist auch nicht anders als der Rest des Lebens.

27. Wobei: Das berühmte Loch nach dem Uniabschluss vermeidet man auch dann nicht, wenn man schon einen Job hat.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



28. Wenn man sieht, an wie vielen Hits Pharrell Williams 2013 beteiligt war, glaubt man ihm sofort, dass er die ganze Nacht aufbleiben kann.

29. Das Internet hat immer noch kein Logo (trotz des Lobo-Logo-Vorschlags: #).



32. Dass jeder noch so kleine Satz und jede noch so beiläufige Geste im Wahlkampf zu einem Tumblr oder Hashtag werden kann, ist lustig, aber manchmal auch übertrieben pingelig.
Anlässe gab es genug: die Landtagswahlen in Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Bayern und Hessen und vor allem die Bundestagswahl. Wer keinen eigenen Tumblr und/oder Hashtag auf Twitter hatte, war im Wahlkampfzirkus einfach nicht wichtig – oder tollpatschig – genug. Oft genügte eine winzige Äußerung, eine Geste, ein Accessoire, um eine halbe Stunde später im Netz verspottet zu werden. Eigentlich keine schöne Angewohnheit, so pingelig jedes Wort umzudrehen und weiterzubohren. Aber lustig war's schon:
Rainer Brüderle Looking at Girls: Der #aufschrei-Auslöser glotzt nach dem Vorbild von „Kim Jong-Il Looking at Things" – natürlich auf Frauen.  #ImCoolstenLandDerWelt: Beim FDP-Parteitag im März schwärmte Philipp Rösler von Deutschland als dem „coolsten Land der Welt". Auf Twitter wurde unter dem Hashtag #ImCoolstenLandDerWelt bewiesen, dass Deutschland nicht das coolste Land der Welt ist. „Spielhallen statt Kitas fördern – Gut gemacht, FDP!": die Tumblr-Parodie auf die „Regierungserfolge"-Kampagne der FDP. Philipproeslerworshippingevil und Philipproeslerhuggingpeople: Wenn jemand den Bild-Chefredakteur Kai Diekmann umarmt, ist das immer Anlass für Spekulationen. Wenn Philipp Rösler das tut, natürlich besonders – deswegen lassen die zwei Tumblr den scheidenden FDP-Parteichef das Böse umarmen: unter anderem Hannibal Lecter, Mr. Burns aus den „Simpsons" und Uli Hoeneß. Friedrichfightingforyourrights: Der Tumblr sammelt, wann Innenminister Hans-Peter Friedrich im Einsatz für Bürgerrechte unterwegs ist. Dort steht allerdings nur der Hinweis: „Keine Einträge" Pofallabeendetdinge.de: Der Kanzleramtschef Ronald Pofalla sagte über die NSA-Affäre, es gebe „in Deutschland keine millionenfache Grundrechtsverletzung" und dass die Vorwürfe „vom Tisch" seien. Kurz darauf ließen ihn Twitter-User und ein Tumblr ganz andere Dinge beenden: das iranische Atomprogramm, die Bauarbeiten am Berliner Flughafen, die Unendlichkeit. Seehoferwirftdingeausbayern: nicht nur ausländische Autofahrer (die Maut!), sondern auch Windräder, Geld und Journalisten. Afdwaehlerstellensichvor: und zwar über gesammelte Leserkommentare von der offiziellen Facebook-Seite. Beispiel: „Ich werd aufräumen ich weis wie man mit moslems umgehen muss". Peersfinger und Wopeerseinefingerdrinhat: Peer Steinbrück zeigt seinen Stinkefinger nicht nur auf dem SZ-Magazin-Cover, sondern auch Kim Jong-il. Und stützt den schiefen Turm von Pisa. Schlandkette: Die Halskette, die Angela Merkel im TV-Duell trägt, begann noch während der Sendung unter @schlandkette zu twittern. Und, wie es sich für unsere alte und neue Kanzlerin gehört, ist das nicht ihr einziges Mem. Der Tumblr Merkelraute montiert ihre typische Handhaltung unter anderem an Columbo, Hulk und Alfred Hitchcock. kathrin-hollmer


33. Filibuster!

34. Unser Lieblings-Gegenstand 2013: der Sandsack.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



35. Der größte Held des Jahres findet offenbar keine passenden Hemden.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert


jetzt.de: Herr Weigand, Sie verkaufen seit zehn Jahren Maßhemden. Was halten Sie von Edward Snowdens Hemdenwahl?
Martin Weigand (Inhaber der „Reiser Hemdenmanufaktur" in München): Der Arme geht darin unter! Er hat einen relativ schlanken Hals, aber lange Arme. Das ist immer schwierig: Wenn er eine Größe kleiner nimmt, passt es ihm am Hals, aber dann sind wahrscheinlich die Ärmel zu kurz. Ich empfehle immer kürzere Sakko-Ärmel, die Hemdsärmel müssen noch zu sehen sein.

Abgesehen von der Passform: Ist das ein gutes Hemd?
So ein Haifischkragen ist normalerweise eine gute Wahl, um ihn ohne Krawatte zu tragen. Aber bei ihm fällt er zusammen. Wo er die beiden Knöpfe offen trägt, wirft das Hemd sehr starke Falten, das spricht für einen behandelten Stoff. Solche Hemden sind praktisch, sie kommen fast unverknittert aus der Waschmaschine. Aber der Stoff fällt dann nicht mehr schön.

Gibt es denn in Moskau, wo Snowden sich versteckt, gute Hemdenschneider?
Teure Hemden gäbe es bestimmt, viele Marken haben dort in den vergangenen Jahren Läden eröffnet. Aber das heißt ja nicht, dass man dort auch Qualität bekommt. Ich glaube auch nicht, dass es in Russland eine Tradition an Maßschneidern gibt. In dieser Hinsicht wäre Herr Snowden in Italien oder England sicher besser aufgehoben. Oder bei uns in München.
Interview: jan-stremmel

36. Die deutsche Sprache ist jetzt offiziell reicher um Worte wie „Arabellion" oder „Vollpfosten". Dafür haben wir so hübsche Worte wie „Plattei" verloren, bevor wir sie richtig kennenlernen konnten.

37. Wenn Promis Privates erzählen, hat das nicht automatisch mit PRISM und der NSA zu tun.
24.000 US-Dollar sind Lena Dunham für die Couch eines schwedischen Designers (inklusive Verschiffung) zu teuer. „decided it's just too expensive:)" schrieb sie deshalb ihrer Assistenz. Dieses bahnbrechende Insiderwissen über Lena Dunhams Finanzlage habe ich aus einer Mail, die mir die US-Künstlerin Miranda July am 1. Juli 2013 schickte. „We think alone" hieß das Kunstprojekt – wer sich für den Newsletter anmeldete, bekam 20 Wochen lang Post aus den Mail-Ausgängen bekannter Menschen wie Kirsten Dunst, Lena Dunham oder Basketball-Legende Kareem Abdul Jabbar zugesandt.

Was ich nach 20 Wochen Maillektüre tatsächlich wusste? Kirsten Dunst hat für 7000 Dollar ihr Auto an eine Freundin verkauft, die in Raten zahlen will. Lena Dunhams Ex-Freund ist immer noch traurig über die Trennung und scheinbar hat jeder Promi parallel noch ein Buchprojekt, das „zufällig" in den Mails erwähnt wird. Kunstmagazine und Blogs feierten diese Erkenntnisse als „extrem spannendes Ding" in Zeiten der Totalüberwachung durch PRISM. Schließlich gäben die Promis freiwillig Privates einer breiten Öffentlichkeit preis. Aber: Die Mails wurden von den Promis selbst kuratiert. Keiner musste Intimfotos oder Passwörter offenlegen. Irgendwie klar, aber ein kleines bisschen intimer hätte es schon sein müssen, um PRISM zu karikieren.

Für Lena Dunham hat sich ihre „Das Sofa ist zu teuer"-Offenbarung übrigens trotzdem gelohnt: Zahlreiche Twitterer nannten ihr daraufhin Orte, wo man eine Couch für unter 24.000 Dollar kaufen kann.
charlotte-haunhorst

38. „Stand your ground" werden wir nie verstehen. Nie.

39. Wir haben uns bisher viel zu wenig mit Asylbewerbern und ihrer Situation in Deutschland befasst.

40. Sharknado ist vielleicht nicht der beste Film des Jahres, aber ein gnadenloser Spiegel des Zeitgeistes. Wie übrigens jeder anständige Haifisch-Film!

41. Zum Glück ist die Wahrscheinlichkeit, ein Royal Baby zu bekommen, verschwindend gering. Wäre uns viel zu anstrengend.

42. Der alte Techno-Haudegen Westbam hört zum Frühstück Händel. Und Cro knutscht am liebsten zu The Weekend.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



43. Dank Instagram sind Ausflüge jetzt wieder cool.


Text: jetzt-redaktion - Illustration: Katharina Bitzl

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