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Wie viel verdient ein Standbetreiber auf dem Viktualienmarkt?
Wie kam’s?
Wir sind beide Münchner und waren schon immer viel am Viktualienmarkt unterwegs. Insgeheim haben wir uns auch mal ausgemalt, wie es wohl wäre, hier einen Stand zu betreiben – aber wir hätten nie wirklich damit gerechnet. Dass es jetzt doch geklappt hat, war irgendwie Zufall und vielleicht auch Schicksal: Wir waren Kaffeetrinken im Standl nebenan und haben den Besitzer des Kartoffelstands getroffen. Er hat erzählt, dass er den Stand wegen gesundheitlicher Probleme nicht weiterführen kann. Spontan haben wir gesagt: Wir machen das! Und schon hatten wir den Schlüssel in der Hand. Nach zwei Monaten Testkochen, Preiskalkulation, Namenssuche und ziemlich vielen bürokratischen Hürden haben wir vergangene Woche eröffnet. Die Verordnung des Viktualienmarkts legt fest, dass man einen Stand zwar verändern darf, aber was dort ursprünglich verkauft wurde, muss auch weiter dort verkauft werden. Deshalb haben wir zwar die Speisekarte für den zugehörigen Imbiss verändert, aber unser Stand ist ein Kartoffelstand geblieben. Bei uns gibt es sechs verschiedene Gerichte mit gebackenen Kartoffeln zum Essen, außerdem verkaufen wir vor allem alte und seltene Kartoffelsorten.
Die Ausbildung
Keiner von uns hat eine gastronomische Ausbildung – wir sind Quereinsteiger. Theo ist ausgebildeter Goldschmied, Domi hat bis vor einigen Monaten noch im Projektmanagement gearbeitet. Allerdings haben wir beide schon viel Erfahrung in der Gastronomie. Wir haben jahrelang nebenbei in Cafés, Bars und Clubs gejobbt. Außerdem organisieren wir immer mal wieder das Catering für große Veranstaltungen, zum Beispiel haben wir beim Monticule Festival in diesem Jahr gekocht. Gastronomie war also schon lange unsere Leidenschaft.
Die Motivation
Für uns ist das der schönste Job der Welt! Draußen, mitten in der Stadt, an so einem historischen Ort zu arbeiten – das ist super. Außerdem freuen wir uns, wenn die Gäste sich bei uns wohlfühlen. Oft kommen Freunde, Familie, aber auch alte Stammkunden und Omas, die mit uns über Kartoffeln fachsimpeln. Wir haben uns zwar schon ein ordentliches Fachwissen angelesen, aber da können wir auch immer noch was lernen. Und das Wichtigste: Wir können hier machen, was uns Spaß macht: selber kochen, Gerichte kreieren, mit allem drum und dran.
Der typische Tag
Den gibt's bei uns noch nicht! Wir haben den Stand vor einer Woche aufgemacht und was seitdem passiert ist, war sicher kein Alltag. Der Plan ist aber, dass wir von 8 Uhr 30 bis 18 Uhr am Stand arbeiten. Vormittags bereiten wir das Essen vor, der große Ansturm auf den Imbiss kommt dann zwischen 12 und 15 Uhr. Parallel verkaufen wir natürlich den ganzen Tag unsere Kartoffeln. Bislang sind wir beide gefühlt rund um die Uhr hier – und wenn wir nicht hier sind, machen wir zu Hause die Büroarbeit.
Das Besondere
Die Gemeinschaft hier am Viktualienmarkt ist schon was Besonderes. Die meisten Betreiber machen das schon richtig lange – anfangs hatten wir ein bisschen Sorge, dass wir als die „Neuen“ ein bisschen komisch angeschaut werden. Das war aber gar nicht so, im Gegenteil: Hier hilft man sich, wo es geht. Als unsere Spülmaschine kaputtgegangen ist, durften wir zum Beispiel spontan am Saftstand schräg gegenüber unser Geschirr spülen. Was wir allerdings gelernt haben: Lieber zu viele warme Socken übereinander tragen als zu wenige.
Das Geld und die Verantwortung
Wir sind jetzt selbstständig. Das bedeutet für uns: Mehr Freiheiten, aber auch mehr Verantwortung. Anfangs hat uns das Sorgen gemacht, da waren ein paar schlaflose Nächte dabei. Klar, man weiß ja nie, wie es laufen wird und bei so einem Stand merkt man ein paar schlechte Tage schnell. Aber Angst haben wir nicht. Denn es ist ein richtig gutes Gefühl, alles selber zu machen. Wenn es läuft wie geplant, werden wir beide etwa 1 600 Euro netto im Monat verdienen.
Die Frage, die auf Partys immer gestellt wird
„Gibts da auch Pommes?“ Die Antwort ist: Nee, Pommes gibt’s bei uns nicht. Wir dürfen nämlich keine Fritteuse betreiben – Viktualienmarkt-Regel! Finden wir aber nicht schlimm. Unser Ziel ist es sowieso, weg von den klassischen Kartoffelgerichten hin zu einer neuen Art des Kochens mit Kartoffeln zu kommen. Deshalb sind unsere Gerichte auch ganz unterschiedlich – bei uns gibts zum Beispiel Kartoffeln mit Kichererbsen und Spinat, aber auch mit Matjes oder mit Roastbeef.
Die Zukunft
Wir haben ganz viele Ideen – zuerst einmal müssen wir aber noch jemanden einstellen, der uns ein bisschen unter die Arme greift im täglichen Betrieb. Ansonsten wollen wir jeden Monat ein neues Gericht auf der Karte haben. Und Samstags wird’s bei uns bald süße Kartoffelgerichte geben.