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Lars Weisbrods WM-Tagebuch: The Road to München

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"Jetzt ist aber auch mal gut mit Fußball!" sagt Mark-Stefan Tietze (Titanic und so) und alle anderen sicher auch. Aber es stimmt nicht. Es ist noch nicht gut, es soll bitte noch mehr werden. Das ist nämlich wie Kölner Karneval oder Weihnachten: Wenn überall kleine Fußbälle bzw. Luftschlagen bzw. Weihnachtssterne hängen und der Tag wartet, an dem alle das gleiche tun und sich an gleichen Orten treffen, dann macht es keinen Spaß mehr, nicht mitmachen zu wollen. Das klingt ein wenig nach fragwürdiger Moral, aber wenn man noch einmal drüber nachdenkt, ist es manchmal eine schöne Sache, dabei sein zu wollen, wenn alle dabei sind. Man denkt die ganze Zeit so bei sich, morgen haben die Geschäfte sicher zu, ?s ist doch Eröffnungsspiel und es kommt einem vor wie Heiligabend oder Silvester. Aber in Wirklichkeit haben sie sogar länger auf, die Läden. Man wird ganz gigantomanisch und will nur noch da sein, wo alle sind und wo es wichtig ist, und hängt den ganzen Tag vor dem Berliner Olympiastadion herum. Und was verpasst man dann? Vielleicht nichts, vielleicht jede Menge. Ich weiß es nicht, woher auch? Aber ich würde es gerne wissen. Also begebe ich mich auf Reise und schaue nach. Wo findet man die großen und kleinen Momente so einer Weltmeisterschaft? In München soll es losgehen, das erste Spiel, der große Auftakt. In Berlin will ich am Schluss landen, vielleicht gibt es eine Steigerung von München, ein Deutschland-Finale. Dazwischen jede Menge Orte, egal wie klein, solange sie nur versprechen, etwas über den Gastgeber der 18. Fußballweltmeisterschaft zu verraten. Dazu brauche ich als erstes einmal ein Fortbewegungsmittel. Einen Bus. Einen umgebauten (k-cutoms!) VW-Bus, Baujahr 1991. Einen Yahoo-Bus, obwohl die Leute von Yahoo sagen, er hätte nicht die richtige Yahoo-Farbe. Nach Würzburg bin ich gefahren, um ihn abzuholen (nebenbei bemerkt eine seltsame Stadt, die Straßenbahnen haben kleine weiße Fähnchen und hinter dem nicht sehr schönen Hauptbahnhof, der durch das graue Postgebäude zu seiner linken auch nicht schöner wird, erstrecken sich unpassender Weise lange, mattgrüne Weinberge; aber um Würzburg soll es hier ja nicht gehen). Die Schlüssel überreichte mir ein äußerst netter junger Mann mit einigen Rockabilly-Tätowierungen am Arm, der mir versichert hat, 160 könne man locker fahren damit. Ganz so schnell war ich nicht auf der Autobahn nach München. Aber auch nicht viel langsamer. In München ist die Stimmung weltmeisterlicher als in Würzburg, denn Fifa-WM-Bussen (Mercedes-Hyundai) fahren scheinbar willkürlich und ohne Ziel in der Innenstadt im Kreis herum. Mein Ziel hingegen: Die brandneue Yahoozentrale mit Blick auf das Oktoberfest (gerade abwesend), wo der arme kleine Bus mit Unmengen an schwerer Ausstattung für die Fahrt beladen wurde: Yahoo-Polohemden, Yahoo-Bierdeckel, Yahoo-Fußbälle, Yahoo-Fußballpumpen, Yahoo-Fußballwimpel, Yahoo-Fußballwimpelständer sowie Yahoo-Fußballschreibblöcke. Jetzt bin ich bereit, jetzt bin ich gerüstet, das Fortbewegungsmittel steht abfahrbereit. Allerdings "in der Sperrfläche (drei Räder)", wofür man ihm gleich zwei Strafzettel hinter die Scheibenwischer (brandneuer Motor!) klemmte. Wenn es wenigstens drei gewesen wären, hätte man noch sagen können: für jeden Reifen einen. Ich zähle den Countdown bis zum Eröffnungsspiel mit. Aber nur leise.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert
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