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"Geld arbeitet nicht" - zum Beispiel Kapitalismus

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So, jetzt aber. Ich habe ja versprochen, mich ein bisschen darüber auszulassen, warum die globale Ausbeutung durch Konzerne System hat und warum das nicht nur unglückliche Einzelfälle sind. Ihr habt sicherlich schon mal gehört, dass Banken und Investmentfonds sagen: „Geben Sie uns Ihr Geld, wir lassen es für Sie arbeiten!“ Sie versprechen uns damit, unser Geld zu vermehren. Vor allem jene, die sehr viel mehr Geld haben, als sie zum täglichen Leben brauchen, können dieses Geld zum Beispiel in Aktien oder Fonds investieren, wo es dann – quasi von selbst – mehr werden soll. Ok, ich gebe zu, dass das Vertrauen in Banken und Fondsmanager seit der Finanzkrise ein bisschen gelitten hat. Dennoch aber wird diese wundersame Geldvermehrung noch immer massiv beworben und sogar staatlich gefördert – etwa durch die Privatisierung der Rentenkassen anstelle der solidarisch finanzierten Altersvorsorge, wo jeder entsprechend seinem Einkommen etwas beiträgt. Was aber bedeutet das, „Geld für sich arbeiten“ zu lassen? Hat schon mal jemand einen Geldschein mit einem Spaten in der Hand gesehen? Geld arbeitet nicht. „Geld für sich arbeiten lassen“ bedeutet, dass dafür andere Menschen arbeiten müssen. Und wenn Kapitalbesitzer, ohne sonst irgendwas beizutragen, dieses Kapital einfach vermehren können, dann müssen andere dafür für sehr wenig (manchmal sogar ohne) Einkommen arbeiten. Oder es muss die Umwelt ausgebeutet werden. Eine dritte Möglichkeit ist, dass dieses Geld durch Spekulationsgeschäfte vermehrt wird, also wie in einem Spiel: Man wettet auf das Eintreten bestimmter wirtschaftlicher Situationen (zum Beispiel sich ändernde Rohstoffpreise oder Währungsschwankungen). Je mehr Geld jemand zur freien Verfügung hat und auf ein eventuell eintretendes Ereignis setzt, desto höher sind seine Gewinnchancen und desto weniger schmerzhaft eventuelle Verluste. Außerdem bedeutet Geld natürlich Macht, und wer es hat, kann die Spielregeln mitbestimmen und den Spielverlauf beeinflussen. Auch wenn das auf Kosten jener geht, die ihr Geld tatsächlich noch zum Tausch von Waren und Dienstleistungen oder zur Sicherung ihrer Renten brauchen – weil sie nämlich nur oder nicht einmal soviel haben, wie sie zum Leben benötigen. KapitalanlegerInnen fordern seit einigen Jahren immer höhere Renditen – so nennt man den Gewinn im Vergleich zur Höhe des investierten Kapitals – die durch nachhaltiges Wirtschaftswaschstum niemals erzielbar wären. Deshalb müssen die ManagerInnen von Aktiengesellschaften, Banken und Investmentfonds darauf schauen, in möglichst kurzer Zeit hohe Profite zu erzielen und können nicht so sehr darauf achten, ob bei ihren Geschäften Menschenrechte verletzt, Umwelt und Lebensräume zerstört, Arbeitsplätze vernichtet oder gar ganze Länder in wirtschaftliche Krisensituationen gestürzt werden. Wenn wir uns darüber wundern, warum im globalisierten Kapitalismus moralische Werte kaum zählen, dann muss uns klar sein, dass dies nicht die Schuld einzelner ManagerInnen ist. Das Problem bildet unser lediglich auf Profit orientiertes Wirtschaftsystem. Natürlich ist trotzdem jeder Mensch für sein Handeln verantwortlich. Der Hauptgrund für die Ungerechtigkeiten in unserer Welt liegt aber nicht im „bösen“ Verhalten einzelner Personen, sondern im allgegenwärtigen Gewinnstreben, wie es die Basis der kapitalistischen Wirtschaftsordnung darstellt. Man könnte auch sagen, schuld ist die bei uns weithin akzeptierte Tatsache, dass viele mehr haben, als sie zum Leben bräuchten, und dass diejenigen, die ohnehin schon viel besitzen, ihr Geld auf Kosten der Ärmeren noch vermehren. Die Globalisierung hat dazu geführt, dass Kapital weltweit relativ ungehindert zur Gewinnmaximierung eingesetzt werden kann. Konzerne, die von hohen Einkommensunterschieden und niedrigen Sozial- und Umweltstandards profitieren, tendieren automatisch dazu, diesen Zustand aufrecht zu erhalten und zu verschärfen. Da geht’s nicht um moralische Mängel Einzelner, da geht’s um ein krankes System, das uns und den Planeten an den Abgrund treibt. Dass es dazu auch Alternativen gibt, die gar nicht so kompliziert wären, wenn man nur will, möchte ich in meinen nächsten Kolumnen ein bisschen näher ausführen. P.S.: Wer sofort nach Aktionsmöglichkeiten sucht sei herzlich eingeladen, sich am kommenden Samstag am internationalen Aktionstag "Wir zahlen nicht für eure Krise!" teilzunehmen. Infos: http://www.28maerz.de ***********

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Klaus Werner-Lobo ist Autor und Clown. Sein neuestes Buch heißt „Uns gehört die Welt! Macht und Machenschaften der Multis“, seine Website ist unsdiewelt.com

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