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Die perfekte Serie zur US-Wahl

dpa

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Die Serie

„Es gibt zwei Arten von Schmerz. Die Art von Schmerz, die dich stark macht und nutzlosen Schmerz, die Art von Schmerz, die nur Leiden ist“, sagt der Mann in dem weißen Hemd und blickt dem Zuschauer in die Augen. „Ich habe keine Geduld für nutzlose Dinge.“

Am Ende seines Monologs ist der Hund, der kurz zuvor von einem Auto angefahren wurde, tot. Der Mann hat ihn mit bloßen Händen getötet. Der Mann heißt Frank Underwood und ist auf dem Weg nach oben, ganz nach oben. Bei dieser Szene ist die Serie "House of Cards" noch keine Minute alt und es gibt schon kein Entkommen mehr. Weder für den armen Hund, noch für Underwoods Gegner, noch für den Betrachter. Der ist schon gefangen, ehe erste Intrige gesponnen wurde.

"House of Cards" handelt vom demokratischen Kongressabgeordneten Francis J. Underwood und seiner Frau Claire, deren Ehe vor allem von einem zusammengehalten wird: grenzenlosem Machthunger. Kevin Spacey und Robin Wright verkörpern die Underwoods mit zu gleichen – sehr großen – Teilen Stil, Geschick, Ego und Erbarmungslosigkeit. Idealismus, Inhalte und Prinzipien bleiben in der Serie anderen Figuren vorbehalten; Beratern, Journalisten, politischen Widersachern, Imbissbetreibern und Bodyguards, die das Machtkonstrukt der Underwoods mal stützten, mal anstupsen, mal richtig ins Wanken bringen.

Serienmacher Beau Willimon entwickelt ein politisches Marionettentheater, in das man sich als Zuschauer einfach nur versenken möchte. Man will sich hinreißen lassen, selbst auf diese Intrige hier reinzufallen und vor jenem Abgrund da gerade noch rechtzeitig zum Stehen zu kommen. "House of Cards" ist spannender als so manche Krimireihe und auf jeden Fall unterhaltsamer als alles, was man sich bisher unter Serien mit dem Präfix Polit- so vorgestellt hat.

Wo findest du die Serie?

Bei iTunes, Amazon und natürlich bei Netflix. "House of Cards" war die erste Serie, die Netflix 2012 selbst produzieren ließ – vor vier Jahren noch ein Riesending. Bei Netflix USA startet an diesem Freitag die vierte Staffel. In Deutschland werden die neuen Folgen zunächst nur bei Sky zu sehen sein. 

Der Zeitaufwand

Die Kapitel von "HoC" sind zwischen 44 und 61 Minuten lang, insgesamt bringen es die drei bisherigen Staffel auf 34 Stunden. Mehr als ein verregnetes Wochenende und drei schlaflose Nächte brauchst du dafür also nicht.

Wo du Zeit sparen kannst

Wenn die Wolken über den Potomac jagen und die ersten Trompetentöne erklingen, ist es, als würde sich ein Vorhang heben und den Blick freigeben auf die Bühne Washington. Die Titelmelodie von Jeff Beal (deren Entstehung er hier erklärt) ist fantastisch. Allerdings nicht so fantastisch, dass man sie 39 Mal hören muss. Wer nach der ersten Folge den Vorspann überspringt, spart sich 57 Minuten – Zeit für eine ganze Folge mehr!

Womit kannst du das vor deinem Gewissen rechtfertigen?

Nun ist Frank Underwood nicht Bernie Sanders und – den schaurigen kleinen Zweifel an der Geistesverfassung der Amerikaner mal außer Acht – wir  glauben auch nicht, dass es jemals ein Underwood ins Weiße Haus schafft. Aber selbst, wenn man all die unrealistischen Intrigen abzieht, bleibt nach "House of Cards" mehr über das politische System der USA hängen als nach einem ganzen Proseminar zum Thema: Welche Rolle der Whip spielt, der Mehrheitsbeschaffer im Repräsentantenhaus, oder welche Position der Speaker einnimmt. Welche Deals und Versprechen den Weg für Kompromisse ebnen. Oder wie Wirtschaftsmagnaten, Lobbyisten und gewählte Politiker zusammenarbeiten.

Die perfekte Vorbereitung quasi auf die US-Wahl im November. Übrigens lief während der TV-Debatte der Republikaner im Dezember ein täuschend echter Werbespot bei CNN – für Francis J. Underwood. 

 

So fühlst du dich am Tag danach

Du fängst an, Telefonate mit deiner besten Freundin aufzuzeichnen – nur für den Fall, dass dir das mal nützen könnte. 

 

Und jetzt?    

"House of Cards" mag aktuell die glamouröseste Polit-Serie sein, die einzige ist sie nicht. Wie wäre es zum Beispiel mit "Borgen"? Mit drei Staffeln ist der dänische Serienklassiker um Premierministerin Brigitte Nyborg zeitlich auch recht überschaubar. Wem nach mehr Action ist, dem sei die norwegisch-dänisch-französische Produktion "Occupied" empfohlen.  Sie setzt in dem Moment ein, als Norwegen ganz auf alternative Energien umstellt und die Erdölförderung stoppt – sehr zum Unmut Russlands und der EU. Klingt dröge? Ist aber sehr spannend (mit Geiselnahme und allem pipapo) – und so brisant, dass Moskau gegen die Serie protestierte.

 

Fanatische  „House of Cards“ -Fans können außerdem die ursprüngliche vierteilige Serie gucken, die 1990 in der BBC lief. Oder, ganz abgefahren: Das Buch von Michael Dobbs lesen, mit dem alles begann. Ach ja, wer für ein bisschen Augengymnastik bei all dem Binge-Watching Lust hat, ein Buch mehr zu lesen: In „ This Town“ zeichnet der New York Times-Journalist Mark Leibovich ein abgründiges Porträt der amerikanischen Hauptstadt. Fast wie in "House of Cards". Nur ohne tote Hunde. 

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