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Das ist... der Typ, der Facebook in Bedrängnis bringt

Screenshot: The Guardian

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Das ist...

... Christopher Wylie, 28, Ex-Mitarbeiter der Datenanalyse-Firma Cambridge Analytica. Er ist Whistleblower der „Cambridge Analytica Files“, die am Wochenende in der New York Times und dem Observer veröffentlicht wurden. Dem Unternehmen wird vorgeworfen, sich auf illegale Weise Daten von Facebook beschafft zu haben. Wylie erzählt in den Berichten, dass 50 Millionen Facebook-Profile ohne Wissen der Nutzer ausgewertet und daraus Persönlichkeitsprofile erstellt wurden.

Die Firma soll mit diesen Profilen unter anderem dem US-Präsidenten Donald Trump im Wahlkampf dabei geholfen haben, seine Anhänger auf Facebook zu mobilisieren. Außerdem habe das Unternehmen eine Rolle bei der Pro-Brexit-Kampagne gespielt. Gegenüber dem Observer beschreibt sich Wylie selbst als schwulen, kanadischen Veganer, der „irgendwie dazu gekommen ist“, Steve Bannons psychologisches Kriegsführungs-Mindfuck-Tool zu erstellen. Damit meint er die Grundlage der Firma: Die Daten, auf deren Basis sie Menschen beeinflusst. Bannon war Berater des damaligen Präsidentschaftskandidaten Trump und spielte eine zentrale Rolle bei der Gründung des Unternehmens. Cambridge Analytica weist die Vorwürfe zurück.

Wylie sagt, er sei in das Unternehmen und dessen Aufgaben irgendwie hineingerutscht – damals war er erst 23. In dem Interview mit dem Observer wird klar: Wylie ist gut darin, seine Story zu erzählen. Auf die Journalistin, die seine Geschichte aufschrieb, wirkt er schlau, lustig, wissbegierig, bissig und tiefgründig. Er sei ein Datenwissenschafts-Nerd. Er spricht sehr offen über die Vorgänge bei Cambridge Analytica. Er sagt, er bereue, was er getan hat.

Der kann...

... sich mit den ganz Großen anlegen. Durch seine Enthüllungen wurde die Diskussion um Nutzerdaten in sozialen Netzwerken erneut entfacht. Die Facebook-Aktie sank am Montag um sechs Prozent und der politische Druck auf das Unternehmen wächst. In den USA und in Großbritannien, wo die Trump-, beziehungsweise die Brexit-Kampagne stattfanden, ist es nämlich verboten, persönliche Daten ohne Zustimmung der Nutzer auszuwerten.

Dadurch, dass Wylie an die Öffentlichkeit ging, geht er ein großes Risiko ein. Er bricht eine Vereinbarung über Geheimhaltung und könnte dafür verklagt werden. Facebook stellt sich selbst als Opfer von Cambridge Analytica dar und hat der Firma den Zugang zu seiner Plattform gesperrt. Laut Wylie hat Facebook aber gesehen, dass Daten gesammelt wurden und nichts dagegen unternommen. Facebook hat das Konto des 28-Jährigen mittlerweile gesperrt. Auch seinen Instagram-Account kann Wylie nicht mehr nutzen, wie er auf Twitter schreibt. Als Begründung gibt Facebook an, dass er mitverantwortlich dafür sei, dass Daten illegal abgegriffen wurden.

Der kommt...

... aus British Columbia in Kanada. Wylie verließ die Schule mit 16, ohne irgendeinen Abschluss in der Tasche zu haben. Mit 17 begann er im Büro des kanadischen Oppositionsführers zu arbeiten und blieb auch später noch mit der Liberal Party verbunden. Er brachte sich selbst das Programmieren bei. Mit 20 studierte Wylie Jura an der London School of Economics.

Nach seinem Abschluss begann Wylie ein PhD-Studium in „Fashion Forecasting“, wo er sich mit Prognosemodellen in der Modewelt beschäftigte. Nebenbei wertete er Wählerdaten der Liberal Party aus und erstellte Persönlichkeitsprofile von deren Wählern. Über die Liberal Party knüpfte er auch Kontakt zur SCL-Group, dem Mutterunternehmen von Cambridge Analytica.

Der geht ...

... dann zuerst mal in die falsche Richtung: Der damalige Firmenchef von SCL Elections machte Wylie ein Angebot, das er nicht ausschlagen konnte. Wylie hatte totale Freiheit und konnte all seine „verrückten Ideen“ ausprobieren.

Das Unternehmen beeinflusst mithilfe von Daten die Politik. Es ist auf „psychologische Verfahren“ spezialisiert: Menschen sollen ihre Meinungen ändern, und zwar durch gezielt verbreitete Informationen. Dazu zählen verschiedene Techniken wie das Streuen von Gerüchten und Fake News. Cambridge Analytica hat während des US-Wahlkampfs mithilfe von Datenanalysen gezielte Botschaften an Wähler geschickt. Das Unternehmen wandte sich 2016 zum Beispiel an Wikileaks, um dabei zu helfen, die gestohlenen E-Mails von Hillary Clinton zu verbreiten.

Daraus lernen wir...

... dass es nie zu spät ist, das Richtige zu tun. Wylie bereut seine Entscheidung, für Cambridge Analytica gearbeitet zu haben. 2014 verließ er das Unternehmen. Manchmal frage er sich, was passiert wäre, wenn er für eine andere Firma gearbeitet hätte, sagt er gegenüber dem Observer. „Ich denke einfach, wenn ich nur irgendeinen anderen Job angenommen hätte, würde Cambridge Analytica nicht existieren.“ Er bedauere seine Entscheidung und wolle es wieder gut machen, indem er an die Öffentlichkeit gehe.

Nur Google weiß...

... dass Wylie schon mit 14 Jahren ein Gerichtsverfahren gewonnen hat. Als Kind wurde er von einer psychisch labilen Person missbraucht. Die Schule wollte den Vorfall vertuschen, aber es kam zu einem Rechtsstreit. Mit 14 verklagte er das Bildungsministerium von British Columbia und gewann den Fall. Daraufhin musste das Ministerium die Richtlinien zum Thema Inklusion und Bullying ändern.

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