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„Die Menschen denken einfach nicht so sehr über das Risiko nach“

Bildrechte: przemekklos / photocase.de

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Jan Böhmermann ist dabei, Marteria, Casper, aber auch Angela Merkel und zahlreiche andere Politiker: Hacker haben massenweise Daten von Hunderten deutschen Politikern und anderen Prominenten ins Internet gestellt. Dabei handelt es sich um private Telefonnummern, Wohnanschriften und E-Mail-Adressen genauso wie um private Mail- und Chatverläufe. Betroffen sind alle Parteien außer der AfD.

Ulrich Eisenecker ist Professor für Wirtschaftsinformatik an der Universität Leipzig. Im Interview erzählt er, wie er seine Daten schützt – und warum es für ihn beim Hacken keine moralischen Ausnahmen gibt.

jetzt: Wenn Menschen gehackt werden, denen Böses zugetraut wird, finden viele das nicht so schlimm. Tauchen private Daten von Prominenten auf, schon.  Ist das eine Doppelmoral?

Ulrich Eisenecker: Ja. Ich habe da eine ganz klare Grenze: Hacken ist meiner Ansicht nach grundsätzlich nicht in Ordnung. Es geht nicht, dass Internetkonten gehackt werden, egal ob von Politikern oder von Privatleuten.

Und wenn durch das Hacken zum Beispiel ans Licht kommt, dass jemand seine Steuern hinterzieht?

Dann ist das Hacken an sich trotzdem nicht vertretbar. Aber Moral ist immer eine heikle Sache: Behörden spionieren Daten aus, wenn sie das für sinnvoll halten oder von Politikern dazu angehalten werden. Oder sie kaufen CDs mit Daten von Steuerhinterziehern ein. Ich finde aber: Daten ausspionieren ist ein Tabu. Das muss für alle gelten.

Aber manches Unrecht käme dann ja gar nicht ans Licht? Stichwort Whistleblower?

Dann brauchen wir hierfür eine klare und sinnvolle gesetzliche Grundlage. Nach dieser muss dann verfahren werden.

Wieso hacken Menschen denn überhaupt, wie im aktuellen Fall, die Internetkonten von Politikern und Prominenten? Geht es da um Macht?

Es gibt ganz verschiedene Motive. Bei manchen ist die Neugierde die auslösende Kraft. Andere wollen schnell viel Geld verdienen oder aus politischen Gründen Schaden anrichten. Und einige wollen wirklich Macht ausüben, haben eine destruktive Ader, sind im nicht-digitalen Leben vielleicht eher unscheinbar.

Ulrich Eisenecker

Ulrich Eisenecker achtet genau auf seine Daten.

Foto: privat

Fühlen wir uns insgesamt zu sicher?

Wahrscheinlich schon. Viele sind einfach desinteressiert. Wir müssen eine intensive und fundierte Debatte darüber führen, in welcher digitalen Welt wir leben wollen. Außerdem brauchen wir viel mehr digitales Know-how. An der Uni Leipzig zum Beispiel wurde aus im Ursprung politischen Gründen ein NC für Informatik und Wirtschaftsinformatik eingeführt, weil die Studierendenzahlen gesenkt werden sollten. Dabei müssen mehr Menschen ausgebildet werden, IT ist heute von unglaublicher Bedeutung. Unsere Gesellschaft ist informatisiert und wir brauchen Menschen, die mit Informatik umgehen können.

Wenn man sich nicht so gut auskennt, hat man ohnehin das Gefühl, dass  man seine Daten nicht schützen kann.

Man kann die Gefahr, gehackt zu werden, schon minimieren. Aber dafür muss man sehr konsequent sein. Ich bin weder auf Twitter noch auf Facebook, habe kein Whatsapp und seit kurzem wieder ein altes Tastenhandy statt einem Smartphone. Ich bestelle so wenig wie möglich online und rücke meine Kreditkartendaten nur sehr ungern raus.

Viele kommen auch beruflich nicht darum herum, Daten elektronisch zu teilen.

Ja, das komme ich auch nicht. Ich habe beruflich viele unterschiedliche Accounts und ich habe für jeden Account ein eigenes Passwort. E-Mail-Konten sollten gesichert sein. Aber am Ende ist es so: Sobald man Daten weitergegeben hat, hat man sie nicht mehr in der eigenen Hand. Dann kommt es darauf an, was der andere damit macht.

Damit sind wir wieder bei der Machtlosigkeit.

Wie gesagt, man kann die Chance, gehackt zu werden, durchaus minimieren. Die meisten Menschen denken einfach nicht so sehr über das Risiko nach. Jedem sollte klar sein, dass es beispielsweise sehr einfach ist, Aufnahmeort und –datum jedes online hochgeladenen Fotos herauszufinden.

Also am besten Wichtiges nur noch auf Papier schreiben?

Das wäre der Idealfall, aber das geht in der Realität nicht. Tatsächlich habe ich begonnen, privat wieder mehr Briefe zu schreiben. Das dauert natürlich länger als eine Mail.

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