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"Drugslab" testet Drogen vor der Kamera

Screenshot: YouTube

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Nellie, Rens und Bastiaan nehmen Drogen. Jede Woche. Koks, GHB, Ketamin, was immer ihnen zugesteckt wird. Klingt gedankenlos, auch ziemlich gefährlich. Ist aber ein Bildungsprogramm des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in den Niederlanden.

Drugslab“ heißt der Youtube-Channel, auf dem Rens Polman, Nellie Benner und Bastiaan Rosman einmal die Woche Drogen testen. Die Idee dahinter: offen über Drogen zu sprechen, statt sie ausschließlich zu tabuisieren. Die drei Moderatoren wollen junge Menschen aufklären, indem sie in meist zehnminütigen Videos die Wirkung einer Substanz an sich selbst ausprobieren und vor der Kamera darüber sprechen. Im Idealfall wollen sie Jugendliche so vom Konsum abhalten, zumindest aber zu einem verantwortungsbewussten Umgang aufrufen.

In den Videos sieht das dann mehr nach Chemie-Proseminar als nach Club aus. In dem zu Ecstasy etwa: Nellie und Rens moderieren in einem laborähnlichen Studio, an der Tafel hinter ihnen die Strukturformel der Droge. Zunächst spricht er mit Nellie darüber, wie viele Milligramm des Wirkstoffs MDMA bei seinem Körpergewicht angemessen sind. Auch darüber, wie viele Stunden vorher er etwas gegessen haben sollte. Bevor Rens sich dann ein Teil einwirft, legt er sich einen Gürtel um, der misst, wie sich seine Körpertemperatur und sein Herzschlag während des Trips verändern.

Es dauert eine Weile, bis das Ecstasy bei Rens zu wirken beginnt. Sein Mund wird trocken, die Hände klamm, trotzdem: „Es fühlt sich gut an“, sagt er, „obwohl ich wahrscheinlich beängstigend aussehe“. Seine Bewegungen sind zu diesem Zeitpunkt bereits etwas verlangsamt, nach und nach werden sie unkontrollierter. Mit verbundenen Augen lässt er sich von Nellie mit Apfelstücken füttern, um zu erfahren, wie sich sein Geschmackssinn verändert. Beschreibt ihr, wie seine Sicht sich verändert, seine Wahrnehmung insgesamt. Sie testen auch, wie Rens auf den Unterschied zwischen hellem und dunklem Licht reagiert – bunte Glitzerlämpchen inklusive.

Alle Tests von „Drugslab“ werden überwacht, bei jedem Dreh steht ein Sanitäter bereit, falls etwas schiefgehen sollte. Ob Rens nun Ecstasy einwirft, Bastiaan Ketamin schnupft oder Nellie Pilze isst, das entscheiden die Zuschauer. In die Kommentarspalte können sie posten, welche Droge die drei Moderatoren für sie testen sollen. 

Am Ende jedes Tests steht ein Zusammenfassungsvideo, das einem die „Dos“ und „Don'ts“ der jeweiligen Droge erklärt. Welche man zum Beispiel nur in vertrauten Umgebungen konsumieren, wie viel Wasser man während des Trips trinken soll. Oder: bei welchen Drogen man keine warme Kleidung tragen sollte, weil andernfalls Überhitzung droht.

„Drugslab“ ist gekoppelt an die Sendung „Spuiten en Slikken“ („Spritzen und Schlucken“), in der seit 2005 Themen wie Drogen und Sexualität behandelt werden. Die Macher ernten für ihren Youtube-Channel aber nicht nur Lob. Einer der Kritikpunkte etwa: Sie würden Drogen verharmlosen, sich obendrein auf Staatskosten berauschen, weil der öffentlich-rechtliche Sender BNN das Format produziert.

Nellie Benner ist trotz der Einwände überzeugt, dass „Drugslab“ die Diskussion zum Thema Drogen bereichert. In einem Interview sagte sie diese Woche: „Meine Hoffnung ist, einen aufgeschlossenen, ehrlichen und intelligenten Blick auf Drogen zu ermöglichen. Verschließe deine Augen nicht vor dem Problem, sondern sprich darüber.“

jwh 

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