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Schafft das Klopapier ab!

Illustration: Julia Schubert

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93 Rollen Klopapier – so viel, das schätzt das Marktforschungsinstitut GfK, verbraucht der durchschnittliche deutsche Haushalt im Jahr. Manche mehr, manche weniger, schon klar. Aber selbst, wenn du damit sparsam umgehst: Gemeinsam spülen wir in dieser Zeit eben doch fast eine Milliarde Kilogramm Papier die Toilette hinunter. Ein notwendiges Übel, sagen viele. Nicht notwendig, nur übel, sage ich. Und hoffe darauf, dass das Klopapier endlich abgeschafft wird.

Denn das Ganze wird ja immer abstruser: Klopapier soll heute möglichst weich, möglichst weiß, und mit möglichst vielen Lagen daherkommen. Manchmal sind sogar Muster und lustige Bildchen draufgedruckt, die Blätter riechen nach Kamille oder Rosen – und die Kunden stehen offenbar auf diese Art Chichi: Inzwischen gibt es aufgrund der hohen Nachfrage unzählige Varianten von bedrucktem Toilettenpapier, das man natürlich auch online bestellen kann.

Recyclingpapier wird den Ansprüchen dagegen oft nicht gerecht. Mehr als die Hälfte des Klopapiers wird also nicht aus Altpapier hergestellt, sondern aus eigens dafür abgeholzten Bäumen. Etwa 2,5 Milliarden Euro gaben die Deutschen letztlich im Jahr 2018 dafür aus, sich abzuwischen. Tendenz seit Jahren steigend.

Die Herstellung von Toilettenpapier kostet viel Zeit und Energie, die man sich sparen könnte

Die Bäume, die den Zellstoff für neues Toilettenpapier in Deutschland liefern, kommen meist übrigens nicht aus der Region, sondern zu einem großen Teil aus Südamerika – wie das Leben zu Zeiten der Globalisierung nun mal spielt. Die Herstellung verbraucht insgesamt viel Zeit und Energie: Zellulose aus den Bäumen zu lösen, die Fasern zu bleichen und so weiter und so fort, ist ein aufwändiger Prozess. Vom Baum zum Toilettenpapier braucht es Dutzende Arbeitsschritte.

Dabei könnten und sollten wir uns all das sparen. Einfach, indem wir das Klopapier aus unserem Alltag verbannen. Wir brauchen’s nämlich gar nicht.

Viele bekommen angesichts dieser Behauptung wahrscheinlich erstmal Schnappatmung. Und das ist irgendwo auch verständlich – schließlich kennen die meisten Deutschen keine andere Möglichkeit, als sich nach dem Toilettengang mit Papier zu reinigen. Beruhigung kann allerdings ein Blick in andere Länder bringen.

Dort kommt man nämlich oft ohne Klopapier aus. In vielen ärmeren Ländern lösen die Menschen die Angelegenheit beispielsweise über Wasserschüsseln neben der Toilette, in die sie die Finger tauchen können. Zugegeben: Das hört sich für westliche Ohren erstmal arg unappetitlich und wenig hygienisch an – ist es teilweise wahrscheinlich auch. Aber ganz so krass muss die Umstellung ja auch nicht sein. Viele Menschen benutzen stattdessen Gießkannen oder Schläuche, andere Bidets. Aber schon längst gibt es auch eine noch komfortablere Alternative: Dusch-WCs.

Gesehen hat sie sicherlich fast jeder schon mal, abschrecken tun sie aber noch viele von uns. Sie sind ja auch erschreckend fortschrittlich: Viele Modelle reinigen sich selbst, duschen Mann und Frau unterschiedlich ab, föhnen und heizen sogar die Brille auf.

Wasser macht wirklich sauber – im Gegensatz zu Klopapier

Viele erwidern an diesem Punkt, dass diese Lösungen nun ja aber auch nicht wirklich umweltfreundlicher seien als Klopapier. Man verbrauche so vielleicht weniger Papier, aber doch viel mehr Wasser. Das stimmt nicht nur deshalb nicht, weil wir wegen der Mengen an Klopapier die Spülung oft länger oder mehrmals betätigen. Sondern auch, weil alleine die Herstellung von Klopapier natürlich ebenfalls viel Wasser verbraucht.

Die Reinigung mit Wasser hat also einen ökologischen Vorteil, ist aber auch viel hygienischer. Denn Wasser macht (übrigens ganz im Gegensatz zu Klopapier) wirklich sauber – und auch gesünder. So vermindert die Reinigung mit Wasser beispielsweise die Gefahr für allergische Reaktionen. Das Abwischen mit Klopapier dagegen kann Hautreizungen und Entzündungen aktiv auslösen. Ein Dusch-WC oder Bidet, so behaupten Hersteller und Experten, kann sogar gegen Erkrankungen wie Verstopfungen oder Hämhorroiden helfen: Durch den Druck der Wasser-Düse werde die Durchblutung am Po angeregt – und das beuge solchen Erkrankungen vor.

Während wir also immer wieder in tiefste Verzweiflung geraten, wenn in der WG mal wieder kein Klopapier nachgekauft wurde, übersehen wir schon viel zu lange das eigentliche Problem: Dass überhaupt Klopapier gekauft wird. Denn es tut uns nicht gut. Nicht mal, wenn es mit Marienkäfern bedruckt ist und nach Blumen riecht.

Mehr Dinge, auf die man verzichten könnte:

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