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Ich liebe den Geruch, wenn im Sommer der Regen auf die Straße fällt

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Zweifelsohne ist der Geruch von Sommerregen auf der Straße eine dolle Sache. Es ist ein Düftchen aus Staub, warmem Asphalt, aus Himmelfeucht und frischer Baumwolle, das immer nur in den Minuten vor einem großen Gewitterregen durch die Straßen zieht – entfacht durch die ersten dicken Platschtropfen. Mit dem richtigen Regen dann, vergeht der Duft wieder, ja man erwischt eigentlich nie mehr als drei Züge davon.

Danach ist aus dem Sommernachmittag meist ein Abend geworden und auf den grünen Stapeltischen der Wirtshäuser stehen Pfützen, die für heute keiner mehr abwischt. Diese Begleiterscheinungen, nicht nur sein seltsames Aroma, machen den Sommerregenduft so erstaunlich, dass sich jeder bemüßigt fühlt, darauf hinzuweisen – ähnlich wie auf einen Regenbogen.

Da wird ja auch immer drauf hingewiesen, dass es kracht. Man riecht sich nicht satt am Sommerregen und jeder mag ihn, selbst der unsinnlichste Baustellenfotograf. Das ist interessant, denn in Sachen Alltagsduft geht doch sonst das Völklein auseinander wie eine alte Heckenschere. Der eine riecht Tesafilmstreifen gerne, der andere schnüffelt an der SuperPlus-Zapfsäule rum bis der Tankwart aus dem Häuschen wetzt.

Ich liebe zum Beispiel den Geruch der Münchner U-Bahn-Treppenschächte. Das ist ein seltsames Gemisch aus Bremsabluft und Brausekeller, eine mechanische Brise, die mir jedes Mal direkt unter die Rinde zieht und da die Türen auf- und zugehen lässt. Dieser Münchner U-Bahnduft weht am stärksten auf den Treppen, die nach unten führen. Am Bahnsteig selber ist er schon wieder ausgedünnt. Geht man treppauf Richtung Oberfläche, funktioniert der Duft gar nicht – ein Phänomen! Es handelt sich also um ein Einweg-Riecherlebnis, nur zum Runterschnüffeln, nicht zum Raufschmecken.

Ich habe diesen U-Bahn-Geruch schon gemocht, als ich noch mit der Kinderfahrkarte fahren durfte. Und schon damals scheiterte mein Versuch, auch meine Mutter dafür zu begeistern oder gar mit ihr auf der Treppe eine Pause einzulegen, zum Zwecke ausgiebigen Einatmens. Sie gab jedes Mal vor, nichts Besonderes zu riechen. Das war natürlich eine Ausrede der Erwachsenen, die nun mal manche Dinge, die primär toll sind, aus sekundären Gründen ablehnen und das für einen Fortschritt halten.

Ich liebe den Duft auf der U-Treppe immer noch und binde mir dort mit Vorliebe und völlig benebelt die Schuhe. Immer wieder rede ich in traulichen Runden vom Zauber dieses U-Bahn-Treppenduftes, aber niemand teilt meine Hingabe für diesen absurd schönen Hauch aus dem Untergrund. Alle gucken nur scheel von der Seite und sagen „Is mir jetzt so noch nich’ aufgefallen. Aber kennt ihr den Duft, wenn’s im Sommer so regnet. . . “

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