Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben

Männer, die auf Kinderfilme starren

Illustration: Lucia Götz

Teile diesen Beitrag mit Anderen:

Männer ohne Kinder tun mir leid. Ihnen entgeht etwas. Nerf-Pistolen zum Beispiel. Das sind Plastik-Schusswaffen, mit denen man Schaumstoff-Pfeile abschießt. Die tollste Erfindung seit dem Wlan. Wir haben fünf Stück davon zu Hause. Manchmal schnappen Sonjas Söhne Dante (11) und Paul (8) und ich uns welche und schießen damit in der Wohnung aufeinander. Riesen Gaudi. Männer sind eben auch bloß große Kinder. Ohne Kinder wäre das aber nicht möglich. Man kann sich das Spielzeug natürlich kaufen – aber die Kollegen würden ganz schön blöd gucken, wenn man sie fragt, ob sie mit einem Carrera-Bahn spielen wollen.

Eine andere tolle Sache sind Kindervorstellungen im Kino. Am vergangenen Wochenende war ich mit Sonja und den beiden Jungs in der Spätvorstellung. Um 14:15 Uhr! Ich habe gar nicht gewusst, dass Kinos um diese Uhrzeit schon offen haben. Ich dachte, die hätten nur am Abend geöffnet, so wie man in Nachtclubs nur in der Nacht und in Kirchen nur an Weihnachten gehen kann. Wir haben uns „Boss Baby“ angesehen und bevor sich jetzt jemand panisch die Handflächen auf die Ohren klatscht und „La la la la“ singt, weil er einen Spoiler befürchtet, zwei Anmerkungen:

1. Das ist ein Artikel. Ohren zuhalten bringt nichts, du Held.

2. Keine Angst, ich werde das Ende nicht verraten. Ich wollte nur sagen, dass ich ab jetzt Kindervorstellungen liebe. Und das nicht nur, weil die Karten im Münchner Mathäser Kino für alle günstiger sind, wenn man Kinder dabei hat.

Normalerweise sitze ich im Kino immer in der ersten Reihe, weil ich die Anwesenheit von anderen Menschen hasse und dort meistens fast alleine bin. Manchmal sogar ganz alleine, weil Sonja sich weigert, sich nach vorne zu setzen, weil sie die Nackenschmerzen nicht aushält. In solchen Momenten frage ich mich, wie schmerzhaft Wehen wirklich sein können. Ein weiterer Vorteil ist, dass sich niemand vor mich setzen und mir die Sicht versperren kann. Dafür nehme ich einen steifen Nacken gerne in Kauf.

Als wir mit den Kindern am Wochenende im Kino waren, konnte ich leider keine Plätze in der ersten Reihe reservieren. Um die komplette Kinoleinwand zu sehen, müssten die Kinder ständig den Kopf von links nach rechts schütteln wie bei einem Tennismatch und ich konnte mich auch nicht nach vorne setzen und die Kinder in den hinteren Reihen alleine lassen, weil… also wer dafür jetzt eine Begründung braucht, hat wirklich ein Herz aus Schlamm. Also saßen wir Mitte-Mitte. Eigentlich der schlimmste Platz, den man erwischen kann. Aber ich habe gelernt, dass in einer Kindervorstellung jede Reihe wie die erste Reihe ist.

Das Beste ist: Ich darf während einer Kindervorstellung reden

Kinder schüchtern mich nicht ein, deswegen können sie gerne neben mir sitzen und weil die meisten von ihnen kleiner sind als 1,40 Meter, auch gerne vor mir. Solange sie nicht beschließen, sich wie die Bremer Stadtmusikanten aufeinander zu setzen, kriegen wir keine Probleme.

Aber das Beste ist: Ich darf während einer Kindervorstellung reden. Eine liebenswerte Eigenheit von mir, die leider nicht alle zu schätzen wissen. Bei lustigen oder spannenden Szenen erkläre ich meiner Begleitung immer, was gerade passiert ist. Um sicherzugehen, dass sie den Witz verstanden hat und genauso lustig findet oder sich genauso erschreckt wie ich. Das schätzen nicht alle Kinobesucher. Aber in einer Kindervorstellung stört es niemanden. Jedenfalls hat sich das sechsjährige Mädchen vor mir am vergangenen Wochenende nicht umgedreht und gesagt: „Entschuldigen Sie mein Herr, würde es Ihnen wohl etwas ausmachen, die Lautstärke ein bisschen runterzudrehen?“ Die sind ja selber laut. Da muss man keine Rücksicht nehmen. In einem Saal mit Kindern gibt es keine Netiquette. Es herrscht Anarchie. Es wird geredet, gepupst, gelacht und das Popkorn schmeckt auch viel besser, wenn man es nicht so lange im Mund behalten muss, bis es sich zu einem Brei aufgelöst hat, weil man gaaaaaanz laaaaaangsam kaut, um möglichst kein Knirsch-Geräusch während einer spannenden Szene zu machen.

So, und jetzt mach ich Schluss mit der Arbeit für heute. Die Jungs haben eine Spielzeug-Drohne geschenkt bekommen, die wir im Park ausprobieren wollen…

Mehr Kolumnen aus Max' Leben:

  • teilen
  • schließen