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"Fashion-Partys sind nicht mein Ding"

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Am Mittwoch hat Alexandra Kiesel ihre erste eigene Modenschau im Rahmen der Mercedes-Benz Fashion Week Berlin präsentiert. Die 29-jährige Absolventin der Kunsthochschule Weißensee hat im Sommer den renommierten Nachwuchspreis „Designer for Tomorrow“ gewonnen. Wir haben Sie am Morgen nach der Show angerufen und gefragt, wie sie sich nach ihrem Auftritt auf der Berlin Fashion Week fühlt.

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jetzt.de: Frau Kiesel, wie fühlt es sich an, die erste eigene Show auf der Fashion Week hinter sich zu haben?

Alexandra Kiesel: Super. Da ist eine große Last von mir abgefallen. Jetzt bin ich zwei Tage auf der Messe „Premium“ und stelle da die Outfits vor, die ich gestern noch auf dem Laufsteg vorgeführt habe. Auf der Messe ist eine ganz andere Atmosphäre, ohne roten Teppich und Stars wie auf der Fashion Week. Ich bin froh, dass es erst einmal vorbei ist.

Wie aufgeregt waren Sie vor der Show?

Gar nicht – und genau das hat alle anderen um mich herum nervös gemacht. Ich bin nicht so der aufgeregte Typ. Gestern ist aber kurz vor der Show noch ein Reißverschluss gerissen, den ich von Hand annähen musste, das war kurz ein aufregender Moment. Aber sonst bin ich sehr entspannt.

Wie lange haben Sie anschließend gefeiert? Nicht so lange, weil ich heute morgen um 8 Uhr auf der Messe zum Aufbauen sein musste. Ich habe nach der Show im Tanzlokal „Clärchens Ballhaus“ mit Freunden und allen, die mitgeholfen haben, gefeiert. Also keine typische „Fashion-Party“.

Warum nicht?

Das ist nicht so mein Ding. Ich bin zwar mitten drin in der Modewelt, aber auch froh, wenn der Rummel wieder vorbei ist.

Wie lange haben Sie Ihre Modenschau vorbereitet?

Nach dem Gewinn bin ich nach New York, Paris und Wien gereist, dabei habe ich schon drüber nachgedacht. Im Oktober habe ich zwei Praktikanten bekommen, seitdem haben wir zu dritt die Show geplant und bis jetzt daran gearbeitet. Ich habe dafür 30 Outfits entworfen.

Ihre Debütkollektion trägt den Titel „Support your local heroes“, was hat es damit auf sich?

An der Kunsthochschule Weißensee haben im ersten Jahr alle Studiengänge zusammen Unterricht, die Produktdesigner, Bildhauer, Maler und eben auch die Modedesigner. Mit vielen bin ich noch befreundet und ich dachte mir, wenn ich schon meine Outfits vor 700 Leuten zeigen darf, dann möchte ich diese Künstler unterstützen. In meiner Kollektion gibt es elf Motive von sechs Künstlern, die auf die Outfits gedruckt sind, vor allem Street Art, Malerei und Illustrationen.  

Wie sieht Sie Ihre Kollektion sonst aus?

Durch die Drucke wirkt meine Kollektion recht verspielt. Markant sind auch die geradlinige Struktur und die Schulterteile, die immer wieder vorkommen. Und das Baukastenprinzip, nach dem meine Kollektion aufgebaut ist. Die einzelnen Module wie Vorder- und Hinterteil sind austauschbar, der Kunde kann zum Beispiel bestimmen, welche Farben die einzelnen Teile haben sollen, so ist es zumindest für meinen Online-Shop angedacht.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Nach Ihrem Abschluss haben Sie den Nachwuchs-Award „Designer for Tomorrow“ gewonnen. Wie hat sich Ihr Leben dadurch verändert?

Auf einmal bekomme ich ein Gehalt, meine Kollektion wurde komplett gezahlt, ich habe eine neue Wohnung und ein Atelier – aber vor allem bin ich jetzt selbstständig und kann selbstbestimmt arbeiten.

 

Im Rahmen des Wettbewerbs haben Sie den Schirmherren des Awards, Marc Jacobs, getroffen. Wie haben Sie den Star-Designer erlebt?

Ich fand ihn ganz nett. Wir haben nicht so viel Zeit miteinander verbracht, aber haben uns ganz gut verstanden und haben einen ähnlichen Humor. Ich hatte da keine Berührungsängste, weil ich mich davor nicht so mit ihm auseinandergesetzt habe. Dass er dabei ist, habe ich auch erst nach der Bewerbung erfahren. Vielleicht war das im Wettbewerb ausschlaggebend, dass mir das nicht so wichtig war, dass er ein „Star“ ist.

 

Hat der Preis Ihren Einstieg in die Branche erleichtert?

Ich habe ein Atelier und Workshops finanziert bekommen, durfte zur Stoffmesse Première Vision nach Paris und zu Marc Jacobs nach New York fliegen. Das hört sich alles toll an, aber Einstieg kann man noch nicht sagen. Es wird sich erst zeigen, ob es wirklich ein Einstieg war. Ich glaube, meinen Namen kennt man jetzt, aber erst nach ein paar Monaten kann ich sagen, ob ich mich etabliert habe.

 

Die Fashion Week in Berlin kämpft immer um internationale Aufmerksamkeit. Wie ist Ihre Einschätzung?

Ich kann vor allem für die Messe sprechen, da waren viele Italiener, was ja ein gutes Zeichen ist, weil die selbst die Mailänder Messe haben, auch viele Schweden und Dänen sind hier. Ich denke, die Fashion Week wird immer besser und sich dadurch immer mehr etablieren.

 

Wie schätzen Sie das Modepotenzial anderer deutscher Städte ein?

Schwierig. Eigentlich gibt es nur Berlin, für mich zumindest. Und auch die Designer, die hier präsentieren, sind fast nur Berliner, bis auf Ausnahmen wie Patrick Mohr aus München.

 

Auf welcher Fashion Week würden Sie am liebsten Ihre Mode präsentieren?

New York wäre mein Traum, da war ich schon auf zwei Shows, als ich Marc Jacobs besucht habe.

 
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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Wie wird man eigentlich Designer?

Ich habe Mode Design an der Kunsthochschule Weißensee studiert, das ist ein guter Weg, um Designer zu werden, weil man einfach beigebracht bekommt, worauf es in dem Beruf ankommt. Aber es gibt auch viele Quereinsteiger, wichtig ist einfach ein gutes Gefühl für Stoffe, Schnitte und Farben.

 

Wie gut muss man selbst nähen können?

Ich habe vor dem Studium eine Schneiderlehre gemacht, aber viele in meiner Klasse haben das erst während des Studiums gelernt. Es ist gut, wenn man die Basis kennt, ich konnte mit meinem Wissen oft Sachen schneller umsetzen als die anderen.

 

Wie gründet man ein Label?

Mein Label baut sich gerade auf, meine Homepage ging am Mittwoch erst online. Ich wurde da rein geschleudert, um Management, Finanzen und eine Produktionsstätte muss ich mich nach dem ganzen Rummel kümmern.

 

Ist Designer ein Traumjob?

Ja, weil ich finde, dass alles, wo man sich selbstständig machen kann, ein Traumjob ist. Viele wollen das auch nicht, das wäre für mich dann kein Traumjob mehr.

 

Wie sieht ein typischer Tag bei Ihnen aus?

Meistens arbeite ich von 10 bis 18 Uhr. Mal muss ich Schnitte erstellen, dann Stoffe zuschneiden, nähen, ich muss aber auch viel Organisatorisches am Computer machen, das würde ich gern abgeben.

 

Welche Vorbilder haben Sie?

Vorbilder weniger, aber jedes Gespräch und jede Begegnung, vor allem mit Künstlern, mit denen ich in Berlin in Kontakt bin und viel über Kunst und Mode sprechen, inspiriert mich.

 

Was tragen Sie privat am liebsten?

Ich trage viel Second Hand, wobei sich der Stil immer wieder verändert. Gerade mag ich den Trachtenstil und Faltenröcke, ich trage immer gern einen Gegentrend, das sieht vielleicht altbacken aus, aber da habe ich gerade Lust drauf.

 

Welche Tipps haben Sie für junge Leute, die auch Designer werden wollen?

Viele trauen sich nicht, sich an der Kunsthochschule zu bewerben oder an einem Wettbewerb mitzumachen. Dabei sollte man sich trauen und nicht vorher schon zweifeln. Und immer zielstrebig an dem arbeiten, worauf man Bock hat.

 

Kann man Ihre Kollektion bereits kaufen?

Noch nicht, aber ich arbeite daran. Erst brauche ich Geld für die Produktion, bisher gibt es nur die Musterkollektion, die Messe nutze ich, um zu testen, wie sie ankommt. Ich fertige aber auf Nachfrage übers Internet auch jetzt Sachen an.

 

Text: kathrin-hollmer - Fotos: Peek & Cloppenburg

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