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„Zwei Männer unterhalten sich anders, wenn eine Frau zuhört“

Collage: jetzt

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„Fest & Flauschig“, der sonntägliche Podcast von Jan Böhmermann und Olli Schulz, ist weltweit der erfolgreichste Podcast, den Spotify im Programm hat. Einmal die Woche reden die beiden dort „über dies und das und jenes“, wie es auch regelmäßig im Opener heißt. Immer mit dabei ist auch Su Holder. Die Redakteurin des Podcasts übernimmt Organisatorisches, wird aber auch immer wieder selbst dazugeschaltet und hat dadurch schon eine eigene Fangemeinde. Mit uns hat sie darüber gesprochen, warum ihr das unangenehm ist, und was es bedeutet, mit Jan Böhmermann und Olli Schulz zusammenzuarbeiten.

jetzt: Wenn du das Zusammenarbeiten mit Jan und Olli mit drei Adjektiven beschreiben müsstest - welche wären das?

Su Holder: Bereichernd. Unvorhersehbar. Lustig.

Was genau sind deine Aufgaben bei „Fest & Flauschig“?

Das Komplizierteste ist, die beiden unter einen Hut zu kriegen. Olli ist erfolgreicher Musiker, Jan erfolgreicher Comedian und Fernsehmoderator. Da ist die Koordination echt schwer - vor allem, weil wir es nicht schaffen, uns auf einen festen Termin zu einigen. Meistens schieben wir vier Tage lang einen Termin hin- und her. Dann sind wir uns einig, verschieben aber kurz vorher noch mal. Während und nach der Sendung gibt’s kaum noch was zu tun. Die beiden labern halt los. Ich bin ansprechbar, falls es mal Bedarf gibt nach einer weiblichen Sichtweise. Und am Ende des Podcasts muss ich noch das ein oder andere rausschneiden – falls jemand beleidigt wird. 

Bist du sowas wie das Gewissen des Podcasts?

Gewissen würde ich nicht sagen. Ich glaube, es ist für beide ein gutes Gefühl, dass da jemand zuhört. Zwei Männer unterhalten sich ja auch anders, wenn eine Frau zuhört.

Ist der Podcast deiner Meinung nach zu testosteronlastig? Die beiden behaupten das ja manchmal und spielen auch mit dem Mittel “Su, das weibliche Korrektiv”, indem sie dich manchmal dazuschalten, damit du ihre Testosteronhaftigkeit ein bisschen ausgleichst.

Was die beiden sagen, hört sich manchmal machomäßig an. Aber sie sind wirklich keine Machos. 

Ich habe den Eindruck, dass du in letzter Zeit immer häufiger in die Sendung zugeschaltet wirst...

Kann sein. Ich stehe da gar nicht so drauf. 

Warum?

„Fest & Flauschig“ ist Jan und Olli. Die sind es, die die Leute hören wollen. Da muss nicht immer noch Su mit rumlabern. Ich mag auch die Sendungen mit Gästen nicht so gerne. Die Beiden sind alleine am stärksten.

Aber ein paar der Hörer mögen offenbar auch dich. Du bist nun mal Teil eines Podcasts, der eine riesige  Fangemeinde hat. Er soll der erfolgreichste auf Spotify sein – weltweit.  

Ja, Spotify hat weltweit mehr als 12.000 Podcasts und den Monatszahlen nach ist „Fest & Flauschig“ der erfolgreichste von allen. Ich habe vorhin mit meinem Bruder telefoniert. Der lebt in Hongkong und hat erzählt, dass er dort auf seinen Nachnamen angesprochen wurde und man ihn fragte, ob er mit mir verwandt sei. 

„Die Radio-Bums-Sender bedienen immer nur den Mainstream. Podcasts bieten die Möglichkeit, in Nischen zu gehen“

Wie erklärst du dir eigentlich den Podcast-Trend, der seit etwa zwei Jahren zu spüren ist?

Ich glaube, es ist vor allem die Möglichkeit, dass das jeder mittlerweile mit kleinem Besteck selbst machen kann. Und es gibt eine Sehnsucht nach Nischen. Weil diese vielen Radio-Bums-Sender ja immer nur den Mainstream bedienen und das auch immer schlimmer wird. Podcasts bieten die Möglichkeit, in kleine Nischen intensiv und in die Tiefe vorzustoßen, also für eine spezielle Sparte Programm zu machen. Das kann ein Radiosender gar nicht. 

Was macht einen guten Podcast für dich aus?

Der Inhalt muss stimmen. Man sollte sehr viele, sehr gute Informationen liefern. Oder du brauchst starke Persönlichkeiten, die sehr unterhaltsam sind. Bei Jan und Olli funktioniert das – da reicht es, dass sich die zwei hinsetzen und losquatschen. Aber bei den meisten andern nicht. 

Ihr seid bei den Aufzeichnungen des Podcasts fast nie zusammen in einem Raum, sondern jeder sitzt für sich alleine vor dem Micro. Wie oft trifft sich das „Fest & Flauschig“-Team persönlich?

Ganz selten. Einmal zum Weihnachtszirkus und manchmal, wenn Jan in Berlin ist und wir dann da aufzeichnen. Das passiert zwei, drei Mal im Jahr.

Die Distanz stört euch sonst gar nicht?

Nein. Ich glaube sogar, jeder fühlt sich gerade dadurch wohl, dass er alleine ist: Jan sitzt in seinem „youtube-Stübchen“, seinem Studio, Olli bei sich zu Hause auf der Couch. Das führt zu einer gewissen Wohligkeit, die man glaube ich auch im Gespräch spürt. Deshalb fühlt man sich als Hörer den beiden nah.

„Jan und Olli brauchen sich nicht von Angesicht zu Angesicht. Die fühlen auch so, wie der andere drauf ist“

Wie wichtig findest du es generell, dass man beim Zusammenarbeiten auch regelmäßig gemeinsam in einem Raum sitzt?

Bei all meinen anderen Projekten finde ich das wichtig. Man muss viel abstimmen und diskutieren. Das geht besser, wenn man sich wirklich gegenüber sitzt. Aber Jan und Olli machen das schon so lange zusammen, die brauchen sich nicht von Angesicht zu Angesicht. Die fühlen auch so, wie der jeweils andere drauf ist. 

Was ist dir wichtig bei der Zusammenarbeit mit Kollegen?

Dass es immer nach mir geht. (lacht) Ne, im Ernst: Mir sind flache Hierarchien wichtig. Dass alle sich trauen, zu sagen, was sie denken. Auch, wenn sie vielleicht grade keine Ahnung haben. Denn eine Meinung können sie trotzdem haben und die kann auch viel wert sein. Ich finde es ganz unangenehm, wenn so eine Angstatmosphäre herrscht und keiner widersprechen will.

Was ist dein Zusammenarbeits-No-Go?

Eingetretene Pfade, die man immer wieder geht. Das tötet alles ab. Das habe ich oft erlebt, beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen oder Rundfunk oder in großen Firmen. Da werden oft nach Schema F Sitzungen abgehalten und es wird immer das gleiche geredet. Und man sieht förmlich, wie das Gehirn dabei abstirbt und Menschen in Festanstellungen immer mehr zu Untoten werden, weil es immer der gleiche Stiefel ist. Da kriege ich richtig Beklemmungen. 

Fest und Flauschig macht ja nur einen kleinen Teil deiner Arbeit aus. Hauptsächlich arbeitest du in deiner eigenen Produktionsfirma für Fernsehen, Podcasts und anderen Dinge. Wie schafft ihr in eurer Produktionsfirma die Atmosphäre, die dir wichtig ist? 

Indem man alle einbezieht und keine Machtspielchen fährt. Bei uns kann mir auch der Angestellte sagen: „Boah, bist du ein Arschloch!“ Oder: „Was du da eben gesagt hast, halte ich für Schrott.“ Man muss signalisieren, dass das geht. Am Ende sagt natürlich trotzdem irgendwann jemand, wie es gemacht wird, und das ist dann auch okay. Aber es muss auf Augenhöhe stattfinden. Es ist ja nicht schwer, den Leuten das Gefühl zu geben, einbezogen und ernst genommen zu werden. Man muss einem Menschen immer sagen, warum man etwas macht. Was das Ziel ist. Was die Gründe sind. 

Muss man sich mögen, wenn man zusammenarbeitet?

In unserer Produktionsfirma machen wir privat gar nichts miteinander. Wir sind sehr unterschiedlich. Vor allem wir drei Gründer. Wir ergänzen uns. Bei Beziehungen sagt man ja auch: Am besten klappt’s, wenn Menschen sich total ähnlich sind oder total konträr. Beim Arbeiten glaube ich: Je konträrer, desto besser – wenn man die nötige Toleranz mitbringt und das Interesse, sich auf die Lösungen des anderen einzulassen. Oder auf dessen Art zu denken und zu arbeiten. Ich habe so viel gelernt von meinen Kollegen hier, weil sie komplett anders sind und Dinge ganz anders sehen und machen.

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