Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben

Ein Frankfurter verwandelt Gullideckel in Kunstwerke

Foto: Philipp Alexander Schäfer

Teile diesen Beitrag mit Anderen:

Vier Scheiben Toastbrot oder ein bisschen Farbe – und schon sehen Kanaldeckel gar nicht mehr wie Kanaldeckel aus. Philipp Alexander Schäfer ist Künstler und verwandelt in seiner Heimatstadt Frankfurt am Main mit seinem Projekt „Kanalarbeiten“ Gullis in Bilder und Skulpturen.

jetzt: Philipp, gehst du oft mit gesenktem Haupt durch die Stadt?

Philipp Alexander Schäfer: Nein, eigentlich nicht.

Wieso dann Gullideckel?

Es ist eher andersum: Ich will Leuten, die mit gesenktem Kopf rumlaufen, helfen, etwas zu sehen und den Blick zu heben. Der Betrachter wird aufgefordert, seine eigene Wahrnehmung im täglichen Stadtleben zu erweitern. Außerdem beschäftige ich mich schon seit circa drei, vier Jahren mit Gullis und Kanaldeckeln.

Was findest du daran interessant?

Ich habe begonnen, sie als Tore zu einer Parallelwelt wahrzunehmen: zur Kanalisation. Da passieren Dinge, die wir nie sehen, die aber direkt mit unserem Leben zu tun haben. Wenn man den Gedanken weiterspinnt und auf die Gesellschaft überträgt, kann man die Kanalisation auch als Symbol für das Unbewusste sehen. Für versteckte Widersprüche. Ich will also auch einen Blick werfen auf Dinge, die man nicht sehen kann oder nicht sehen will. 

Kannst du das konkret an einem deiner Deckel erklären?

Nehmen wir mal das „Continental Breakfast“, wo die Toastscheiben aus den Schlitzen kommen. Die Toastscheiben an sich sind nicht so spannend. Aber im Kontext des Gullideckels thematisiert das natürlich schon unsere Wegwerfgesellschaft und den Wert industriell hergestellter Produkte. 

Hast du dir Genehmigungen geholt, um die Deckel zu verändern?

Nein, ich hab das einfach gemacht. Ich habe bei meinen Arbeiten im öffentlichen Raum eigentlich nie nach Genehmigungen gefragt. Ich wurde natürlich schon ein paar Mal angehalten. Ich musste auch schon mal vor Gericht und habe da auch Wiedergutmachung geleistet. Bei Gullideckeln kann das ja aber eigentlich niemanden stören, wenn eine graue Fläche bemalt wird. Das ist ja auch vergänglich und hält sowieso nur eine Weile. Bislang hat sich auch noch niemand beschwert.

Die meisten deiner Gullideckel hast du seit vergangenem Herbst gestaltet. Wie lange bleiben diese Arbeiten sichtbar?

Das ist sehr unterschiedlich. Die Toastscheiben haben zwei Tage gehalten oder so. Andere vielleicht nur zwei Stunden. Die bemalten Deckel sind zum Teil immer noch zu sehen. Ich mag diese Vergänglichkeit aber. Dadurch, dass Hunderttausende Menschen über den Deckel laufen, bleichen die Farben aus, vielleicht bröckelt was ab oder jemand fügt noch etwas hinzu – das Kunstwerk lebt so weiter, ist nicht starr. 

Arbeitest du deshalb gerne im öffentlichen Raum?

Ja. Und es hat auch was sehr Demokratisches, weil Kunst so nicht in einem abgeschlossenem Raum stattfindet, sondern von jedem gesehen und interpretiert werden kann.

Stellst du dich eigentlich inkognito neben deine Kanaldeckel, um die Reaktionen der Passanten zu beobachten?

Nein. So viel Zeit habe ich gar nicht. Da male ich lieber noch einen anderen Deckel an. Aber beim Malen kommen manchmal Leute auf mich zu und fragen, was ich da mache. Als ich den Swimmingpool gemalt habe, saß eine ganze Kindergartengruppe neben mir und hat das verfolgt. Das hatte fast schon Performance-Charakter. 

che

Mehr Kunst:

  • teilen
  • schließen