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Wo ist der beste Sitzplatz im Kino?

Foto: SaS. / photocase.de

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Ich gehe gerne mit Freunden ins Kino. Nicht nur, weil man sich vorher auf einen Film einigen muss, ist das Kino für mich ein Ort der Entscheidung. Das beginnt bereits direkt hinter der Eingangstür: „Holst du die Karten? Ach, ich hol sie schon“, „Popcorn: süß oder salzig?“, „In Originalfassung, oder? Mit oder ohne Untertitel?“ und „Will sich nicht doch noch jemand Nachos mit mir teilen?“ Aber jede dieser Fragen wirkt marginal und irgendwie albern, wenn, abgesehen von der Einigung auf einen Film, die wichtigste Weiche des Abends gestellt wird: Der Sitzplatz muss ausgewählt werden.

Auch der beste Salsa-Dip hilft nicht gegen einen Nackenkrampf am nächsten Tag, wenn mein IMAX-affiner Freund M. so weit wie möglich vorne sitzen will, um jeden Schusswechsel mit einem Kopfschütteln zu kommentieren. Oder wenn Freundin A. am liebsten in der letzten Reihe sitzt, weil sie sich dort unbeobachtet fühlt. Bis man einen Kompromiss gefunden hat, sind entweder alle guten Karten ausverkauft oder die besten Plätze bereits vergeben. Da wäre es doch hilfreich, wenn man handfeste Argumente hätte, die den besten Sitzplatz und das beste Kinoerlebnis versprechen.

Franz Weiermann, Verantwortlicher für die Technik im ARRI-Kino München, sagt: „Es gibt nicht den einen Platz, von dem man behaupten kann, er wäre der beste in jedem Kino. Entscheidende Rollen spielen die Größe der Leinwand, die Beschaffenheit des Zuschauerraumes und die Position der Lautsprecher.“ Den besten Betrachtungswinkel hat man, wenn man etwa so weit von der Bildfläche weg sitzt, wie die Leinwand breit ist. „So muss man den Kopf nicht ständig drehen und hat den besten Überblick.“ Die meisten Logen sind so in den Raum integriert, dass sie sich zu weit von der Projektion entfernt befinden. Bei zweistöckigen Kinos empfiehlt Weiermann zu Parkettkarten zu greifen – zumal in den meisten modernen Kinos durch die zur Leinwand abfallenden Sitzreihen ein relativer Überblick gewährt wird.

Wenn man jedoch darauf bedacht ist, möglichst alle Bilddetails zu erfassen, muss man einer anderen Regel folgen. Fast alle Kinos arbeiten noch mit einer Auflösung, die „2K“ genannt wird. Befindet man sich bei 2K weiter als das Dreifache der Bildhöhe von der Leinwand entfernt, kann das menschliche Auge nicht mehr alle Details wahrnehmen. Wer es sehr genau nimmt, muss – je nach den Längenverhältnissen der Bildfläche – einen Kompromiss eingehen. „Grundsätzlich empfehle ich aber den Platz in der Mitte. Von dort aus wird auch die Helligkeit, die von oben nach unten immer leicht variiert, eingemessen“, so Weiermann. „Wer sich an der Mitte des Raumes orientiert, kann für gewöhnlich nichts falsch machen.“

Die Sichtverhältnisse werden bei fast jedem Kinobesuch thematisiert, der Ton hingegen wird oft unterschätzt. „Filmton ist etwas herrlich Unterbewusstes. Wenn ein Film gut vertont und gemischt wurde, fällt es den Kinobesuchern oft gar nicht auf. Deswegen ist es wichtig, dass Bild und Ton synchron wahrgenommen werden“, erklärt Tonmeister Benedikt Uebe, der das B.U.M.-Studio in Starnberg leitet. „Bei einem großen Saal mit circa 80 Metern Länge braucht der Schall beim Durchqueren des Raumes fast eine Viertelsekunde – und das ist ein Bereich, den wirklich jeder wahrnehmen kann.“ Die Synchronität wird von einem Mischtonmeister gemessen und eingestellt. Für den optimalen Ton macht es also einen Unterschied, ob man eher an der Leinwand oder direkt unter dem Vorführraum sitzt.

Auch das Panorama, das Stereoklangbild, beeinflusst die Qualität des Kino-Erlebnisses: Wer bei einer Stereo-Mischung einen Platz am Rand wählt, sitzt auch näher an den seitlichen Lautsprechern. Falls Geräusche von einer Seite lauter wahrgenommen werden, orten sie Gehör und Gehirn auch dort. Es kann also passieren, dass Bild und Ton nicht mehr ganz zusammenpassen, wenn ein Auto von links ins Bild fährt, die Motorengeräusche aber eher vom rechten Ohr wahrgenommen werden.

Bei Surround-Sound werden die meisten Geräuschquellen von einem Lautsprecher in der Mitte ausgegeben. Das ist mittlerweile schon Standard für die meisten Kinos. Auch bei solchen sogenannten 5.1-Mischungen werden Surround-Speaker stärker wahrgenommen, wenn man nah am Rand sitzt. „Den meisten Leuten fällt es eigentlich erst dann auf, dass da etwas herauskommt, wenn man sie ausschaltet“, sagt Uebe. Da die Surround-Lautsprecher in den Ecken angebracht sind, kann dieser Effekt auch auftreten, wenn man zu weit vorne oder hinten sitzt. Das Panning, also die Rechts-Links-Verteilung der Musik und der Geräusche, wird, wie die Synchronität, von einem Tonmeister bestimmt. „Das Mischpult im Mischkino steht etwa auf der Linie zum hinteren Drittel des Kinosaals. Das ist die Höhe die ich auch empfehle.“ 

Julian Schmitzberger, 24, hat durch seine Recherche vor allem eines gelernt: In Zukunft geht er öfter alleine ins Kino. So muss er sein Popcorn nicht teilen, kann beide Armlehnen für sich beschlagnahmen und in der Reihe mit der größten Beinfreiheit sitzen, ohne sich Gejammer anhören zu müssen.

Fünf Tipps, die dir die Wahl eines Sitzplatzes erleichtern:

  • Wer keine schwache Blase hat, sollte nicht am Rand sitzen. Sitzplätze am Rand sind weder für das visuelle noch für das auditive Kinoerlebnis von Vorteil.
  • Auch die Helligkeit des Bildes variiert von Sitzplatz zu Sitzplatz. In der Mitte des Raumes wird die Helligkeit eingemessen und so dargestellt, wie es die Kinobetreiber wünschen.
  • Der Sound ist da am besten, wo das hintere Drittel des Kinosaals beginnt – von dort aus wird der Ton gemischt.
  • Bei Filmen, die sehr detailreiche Bilder beinhalten, sollte man nicht weiter als das Dreifache der Leinwandhöhe von der Bildfläche entfernt sitzen. Die ganze Auflösung des Filmes ist für das menschliche Auge nur im Bereich davor wahrnehmbar.
  • Logenplätze sind nicht nur teurer als Parkettplätze, sondern liefern auch oft keine bessere Sicht. Also: lieber unten bleiben.

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