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Jungs, wie wichtig sind euch Pornos wirklich?

Foto: pixabay, Bearbeitung: Daniela Rudolf

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Liebe Jungs,

„ach, ne! Ich gucke sowas gar nicht so oft!“ Wenn wir euch auf euren Pornokonsum ansprechen, fallen die Antworten meist recht ähnlich aus. Nämlich so, als wären euch mehr oder weniger schmutzige Sexfilme ziemlich fremd. Komisch, denn Pornoseiten gehören laut einer Studie zu den meistbesuchten Websites in Deutschland. Und man braucht nun wirklich keinen VWL-Master, um sich zu erklären, dass es dieses riesige Angebot ohne die dazugehörige Nachfrage nicht geben würde. Scheint, als wäre es wie mit Trash-Fernsehshows auf Privatsendern: Jeder guckt sie, keiner gibt es zu.

Oder ist das nur vor uns Mädchen so? Möglicherweise sind Pornos ja in Männerrunden oder unter guten Freunden Thema Nummer eins. Man gibt sich Tipps, tauscht bewährte Links aus und diskutiert über Vor- und Nachteile gewisser Filmgenres. Prahlt ihr vor euren Kumpels vielleicht sogar stolz damit, am Wochenende nächtelang Sexfilme geschaut zu haben, wie andere mit dem Binge Watching von Game of Thrones? Na gut, jenseits des 25. Lebensjahrs steigt die Zahl der Jungs, die zugeben, einschlägige Seiten zu kennen, zumindest gefühlt. Dass man ab und an Pornos guckt, wird für euch also scheinbar irgendwie „normaler“ und weniger peinlich. Doch so richtig einordnen können wir die Relevanz der Pornos für euch dann immer noch nicht.

Jetzt seid doch bitte mal ehrlich: Wie wichtig ist euch das Pornogucken denn nun wirklich? Wie viel Raum nimmt es in eurem Leben ein und warum? Und wann schränkt ihr euren Konsum ein? Fürs Fußballgucken, für eine Beziehung oder wenn ihr Stress in der Arbeit habt? Falls ihr Hilfe dabei braucht, diese Frage zu beantworten, solltet ihr euch vielleicht selbst folgende stellen: Wenn ich eine Woche ausschließlich zu drei Internetseiten Zugang hätte, wäre eine Porno-Website darunter? Wir haben da ja so eine Vermutung...

Eure Mädchen

Die Jungs-Antwort:

Jungs-Antwort

Liebe Mädchen,

angenommen wir würden auf diese Frage mit „Na klar gucke ich Pornos, das macht mich richtig geil“ antworten: Wie seltsam wäre das auf einer Skala von eins bis zehn? Ihr müsst nicht antworten – mindestens eine acht.

Pornogucken ist immer noch ein gesellschaftliches Tabu. Euch gegenüber zuzugeben, dass wir das sogar mehrmals in der Woche tun, ist also nicht so einfach. Vielleicht denkt ihr ja dann, dass wir einsame, frauenfeindliche Sonderlinge sind, die den ganzen Tag vor dem PC sitzen. Und masturbieren, weil sie in der realen Welt keine Chance auf Sex und Zuneigung haben.

Ihr merkt: Wir haben das Bild des klischeehaften Pornokonsumenten verinnerlicht. Aber dieses klischeehafte Bild ist natürlich Quatsch. Wie ihr schon sagt: Es gibt einen Grund für die boomende Pornoindustrie: die vielen, vielen Konsumenten. Dass das nicht nur einsame Nerds sind, sondern ganz durchschnittliche Menschen, sollte eigentlich auch klar sein.

Solange es aber keiner von uns Jungs zugibt, bleibt Pornogucken verpöhnt. Es bleibt unangenehm, es zuzugeben – nicht nur euch gegenüber. Als mich letztens ein Kumpel aus heiterem Himmel fragte, ob ich die Taschentücher im Bad auch zum Wichsen beim Pornogucken benutze, versank ich vor Scham im Boden. Ich antwortete so etwas wie: „Ach ne! Ich gucke so was gar nicht so oft“. 

 

Dieser offenherzige Kumpel ist die Ausnahme. Tatsächlich reden wir untereinander über Sex, Liebe, Trennung, aber fast nie über Pornos. Wer breitet schon gerne seine geheimen Sexfantasien vor anderen Jungs aus? Meistens schämt man sich ja selbst ein bisschen, wenn man "handjob", "big natural tits" oder „deep throat“  in die Suchmaschine eingibt. Lenkt man den Smalltalk doch einmal auf Pornos, hagelt es dumme Sprüche wie „Aha, so einer bist du also!“ Warum das so ist? Pornos gibt es vor allem aus einem Grund: Damit geheime Sexfantasien geheim bleiben, man sie aber trotzdem irgendwie ausleben kann. Dass das ab einem gewissen Grad problematisch wird, ist klar, denn viele Pornos sind in Bezug auf das Geschlechterrollenbild eine Vollkatastrophe.

 

Dass sich diese Heimlichtuerei mit dem 25. Lebensjahr etwas legt, hat damit zu tun, dass die Angst sinkt, als sexscheuer Masturbationsroboter bezeichnet zu werden. In diesem Alter ist unsere sexuelle Identität gefestigter und wir sind selbstbewusster: die erste längere Partnerschaft, Sex-Experimente in der Realität und so weiter. Wie viel Raum das Pornogucken insgesamt in unserem Leben einnimmt, ist aber trotzdem nicht einfach zu beantworten. Ich glaube, dass es keinen großen Raum einnimmt. Kein Wohnzimmer, in dem man sich geborgen fühlt, sondern eher eine Besenkammer, in die man sich heimlich zurückzieht.

 

Pornogucken baut unheimlich schnell Stress ab, ähnlich wie der Torjubel beim Fußball

 

Wie wichtig es uns ist, hängt natürlich auch davon ab, ob wir in einer Beziehung sind. Dort fühlen wir uns mit unserer Sexualität im besten Fall gut aufgehoben. Dass wir dann aber gar keine Pornos mehr gucken, stimmt auch nicht. Denn es gibt vielleicht noch geheime Sexfantasien, die man in einer Beziehung nicht ausleben kann. Beispiele? Ein Dreier, auf den die Freundin aber keine Lust hat. Wir schauen aber nicht nur Pornos, um  Sexfantasien auszuleben, sondern auch aus einem eher banalen Grund: Aus Langeweile und weil wir gerade keine Lust auf die Seminararbeit oder Netflix haben. Und dann wäre da noch ein dritter Grund:

 

Pornogucken baut unheimlich schnell Stress ab, ähnlich wie der Torjubel beim Fußball. Nach einem langen Arbeitstag kann man das gut gebrauchen. Dann machen wir es uns alleine vor dem Laptop gemütlich, egal ob in einer Beziehung oder nicht. Im Gegensatz zum Geschlechtsverkehr sind wir beim Masturbieren ganz auf uns alleine gestellt und spüren nicht den Druck, irgendwelchen Erwartungen genügen zu müssen. Erleichterung gibt es trotzdem.

 

Trotzdem: Wenn wir eine Woche lang nur zu drei Internetseiten Zugang hätten, wäre bei vielen keine Pornoseite darunter, denn: Überraschung! Es gibt ein digitales Leben jenseits von Pornos. Sehr viel Leben. Ihr wisst, was ich meine. Wirklich zu Hause fühlen wir uns im Web eher im Wohnzimmer, auf Facebook, oder Twitter und nicht in der Besenkammer Pornoseite.

 

 

Eure Jungs

Der Autor der Jungsantwort möchte anonym bleiben, damit nicht die ganze Welt weiß, was er auf Pornoseiten in die Suchmaske eingibt.

 

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