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Ich bin Fan von einem Toten

Reuters / Foto: HO

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Am Dienstag kam der Trailer zu der Doku „I Am Heath Ledger“ raus. Heath Ledger ist vor neun Jahren gestorben. Das hat mich nachdenklich gemacht. Denn als ich jünger war, kannte ich ihn größtenteils durch seine Rolle als Joker in The Dark Knight, dem ersten FSK-16-Film, den ich je gesehen hatte. Als er 2008 starb, war ich zwölf.

Erst, als ich älter wurde und mehr seiner Filme schaute, und teilweise auch Interviews, realisierte ich, was für ein toller Schauspieler er überhaupt war. Und nachdem ich 10 Dinge, die ich an Dir hasse gefühlt 20 Mal gesehen hatte, fiel mir erst richtig auf, dass es nie mehr neue Filme mit ihm geben würde. Wenn ich jetzt Lust auf einen Heath-Ledger-Film habe, muss ich also immer auf die alten zurückgreifen, die ich schon gesehen habe.

Und dabei wurde mir klar: Es ist traurig, etwas zu mögen, das schon längst vorbei ist. Es ist noch trauriger, wenn man ganz knapp zu spät dran war. Wenn jemand stirbt und man dann erst checkt, dass man die Chance einfach verpasst hat, diesen Künstler tatsächlich aktiv mitzuerleben. 

Das gilt so ähnlich für Schauspieler und Sänger, deren Werke man erst entdeckt, wenn sie schon tot sind, wie zum Beispiel bei Heath Ledger. Aber auch für Bands, die sich vielleicht schon getrennt haben, bevor man überhaupt geboren wurde oder ein Verständnis für Musik hatte. Die Beatles waren nur bis 1970 aktiv, Teile der Band sind längst verstorben. Trotzdem gewinnen sie auch heute noch andauernd neue Fans. Nur haben die nicht mehr die Möglichkeit, auf einen neuen Film oder ein neues Album hinzufiebern, ihre Idole live sehen können. Und das ist schade.

Vielleicht sehnt man sich nach den „besseren Zeiten“

Ehemalige Bands und Schauspieler zu mögen, ist heutzutage weit verbreitet. Retro ist cool. Vielleicht sehnt man sich nach den „besseren Zeiten“, in denen es noch „echte Musik“ gab und die Schauspieler „noch echt was drauf hatten“. So sind Nirvana und ihre Musik auch immer noch populär, obwohl Kurt Cobain sich 1994 umbrachte und sie danach nicht mehr aktiv waren. Nirvanas Logo und die Logos von anderen Bands, die es schon seit Jahrzehnten nicht mehr gibt, werden immer noch auf T-Shirts gedruckt und bei H&M verkauft. Tatsächlich gekauft werden sie oft nur, weil sie retro sind. Vielleicht aber auch, weil die Käufer so ein bisschen von dem Fan-Erlebnis bekommen, auf das sie sonst keine Chance mehr haben. Wenn sie diese Bands schon nicht mehr als Fan verfolgen können, können sie so durch ihren Konsum wenigstens ein bisschen Fan sein. 

Ich bin mir sicher, dass dieses Phänomen auch in den späteren Generationen vertreten sein wird. In ein paar Jahrzehnten wird es sicher Menschen geben, die sich 500 Mal die Nespresso-Werbungen und die Oceans-Filme anschauen und sich verzweifelt wünschen, neue George Clooney-Filme zu sehen. Oder Mädchen, die auf ihrem Bett liegen und die Taylor Swift Alben zum 1000. Mal hören und traurig sind, dass sie ihr Idol nie live sehen werden und es nie ein neues Lied geben wird.

 

Ich werde die Heath-Ledger-Doku, wenn sie Ende des Monats herauskommt, auf jeden Fall schauen. Wahrscheinlich wird sie mich ein wenig traurig machen, da ich wieder daran erinnert werde, dass es nie ein neues Projekt mit – nicht nur über – Heath Ledger geben wird. Aber größtenteils hoffe ich, etwas Neues über den Schauspieler zu lernen. Und mich vielleicht ein bisschen weniger zu fühlen, als hätte ich alles verpasst. Bei dieser Dokumentation werde ich dann ausnahmsweise nicht zu spät dran sein, sondern genau rechtzeitig, zum gleichen Zeitpunkt wie alle andere.

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