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Kritik an den Kritikern: Warum das BildBlog nervt

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Es passiert selten, dass Stefan Niggemeier das in Frage stellt, was er den ganzen Tag so tut. Der Mann, der für Bildblog und sein Privatblog bereits zwei Grimme-Online-Awards bekommen hat, inszeniert sich lieber so, als habe er allein den doofen Deutschen den Segen des Internets gebracht. Heute jedoch scheint Internet-Gott Niggemeier eine menschliche Regung in sich gespürt zu haben. Anders ist nicht zu erklären, wieso er sich - in Bezug auf seine Arbeit beim Bildblog - Fragen stellt wie: „Wen interessiert das? MSV-Duisburg-Fans? „Titanic”-Leser? Bildblog-Abonnenten? Sie?" Anhand der Geschichte um ein möglicherweise erfundenes Angebot an einen unbekannten Stürmer des ebenso unbekannten MSV Duisburg surft Niggemeier ein paar vermeintliche Quellen (Foren und Wikipedia) im Netz ab, kommt aber zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis und fragt sich schließlich: „Was mache ich hier eigentlich?“

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Das ist eine gute Frage, die zu stellen überfällig ist. Spätestens seit das Bildblog in diesen Tagen begonnen hat, seine Arbeit noch mehr Menschen in Form von TV-Werbespots bekannt zu machen. Es fing damit an, dass Charlotte Roche bei ihrem Besuch bei Harald Schmidt Anfang 2006 ein Hemdchen trug, das Werbung für das Bildblog machte. Fortan war die tägliche Auswahl und Korrektur aus der Bildzeitung, die Niggemeier und Christoph Schultheis betreiben, im Aufmerksamkeits-Mainstream angekommen. Die etwas klügeren, etwas schlaueren Menschen versammelten sich dort und amüsierten sich darüber, was für ein Schwachsinn wieder in Bild steht. Es dauerte nicht mehr lang bis Kamerateams in Niggemeiers und Schultheis’ Büro einfielen und (meist völlig unkritisch) über die Arbeit der beiden berichteten. Bildblog wurde überall als das deutsche Vorzeigeblog dargestellt und die Journalisten-Blogger dahinter wehrten sich dagegen auch nicht. Warum auch? Schließlich bringt Aufmerksamkeit im Netz auch Einnahmen. Im Sommer 2005 hatte Stefan Niggemeier auf onlinejournalismus.de erklärt: „Fast vom ersten Tag an bekamen wir Mails mit der Frage, ob wir Unterstützung gebrauchen könnten, Spenden oder so. Als wir dann endlich eine Kontonummer eingerichtet hatten, gaben uns viele Geld.“ Das reichte jedoch nicht, um damit die eigene Arbeit zu finanzieren. Deshalb gibt es bei BildBlog Werbung. Im Gespräch mit medienpiraten.tv erklärt Stefan Niggemeier dazu: „Wir haben festgestellt, dass man schlecht die gängigsten Werbeformen ausschließen kann, wenn man mit Anzeigen tatsächlich die eigene Arbeit finanzieren will.“ Mit seiner eigenen Arbeit Geld zu verdienen, ist ein legitimes Anliegen. Mit liegt es fern das zu kritisieren. Dennoch fallen mir in der Darstellung des BildBlogs zwei Dinge auf: Wenn Stefan Niggemeier das Bildblog als seine Arbeit bezeichnet und davon leben will, heißt das: Er lebt (zumindest indirekt) von dem Dreck, den die Bildzeitung täglich verbreitet. Für jemanden mit seinem moralischen Standard, finde ich das zumindest fragwürdig. Doch anstatt darüber zu schreiben, werden Niggemeier und BildBlog von Blogosphäre und klassischen Medien in (ungewohnter) Eintracht hofiert: Überall wird unkritisch vermeldet, dass Bildblog jetzt TV-Werbung macht. Das ist vielleicht interessant, aber Bildblog arbeitet nicht ehrenamtlich oder für den guten Zweck, sondern aus einem kommerziellen Interesse. Lediglich tinzis Blog war nicht einverstanden damit und schrieb: „Lieber Herr Niggemeier, jetzt geht es aber wirklich komplett in die falsche Richtung.“ Ich kenne tinzi nicht, stimme aber zu. Allein schon, weil mir Dinge suspekt sind, die alle unreflektiert gut finden.

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