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Meine Theorie: Je mehr Beziehungen, desto kaputter

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Ich spreche mit Jonas nicht oft aber dann lang. So eng wir in der Schule befreundet waren, so lose aber nicht herzlose Freundschaft pflegen wir jetzt, er in Hamburg, ich immer noch in München. Alle halben Jahre schaffen wir es, beide ans Telefon zu gehen und uns gegenseitig zuzuhören, was das Leben so getrieben hat. Immer hat er dann eine neue Freundin und immer ist er beseelt von dieser Beziehung und voll ehrlicher Zukunftsfreude. Wie oft ich in diesen Momenten „Das klingt doch wirklich gut“ gesagt habe, weiß ich nicht mehr, jedenfalls kam regelmäßig zwei bis drei Monate später eine betrunkene SMS mit Mädchenname und einem höhnischen „War nix!“ oder einem traurigen „Hat irgendwie gar nicht geklappt“. Jonas will eine feste Beziehung und je öfter er daran scheitert, desto wählerischer wird er und seine Geduldspanne mit den Auserwählten immer geringer. Ein paar meiner Mädchenfreunde verfahren ähnlich, bei ihnen wird jeder Freund etwa zwei Wochen lang auf Beziehungstauglichkeit getestet und dann abgestoßen. Bei jedem Dritten hält es etwas länger und aus dieser Beziehung gehen sie wieder einen Tick verstörter und unorientierter heraus. Die Liste der Selbstzweifel (O-Ton: „Ich glaube, ich kann einfach nicht wirklich mit jemandem zusammen sein“) wird dabei länger und auf das Zynikkonto wird tüchtig eingezahlt. Ich glaube deswegen: Je mehr Liebeserfahrung und Beziehungswissen da gesammelt wird, desto schwerer fällt es, sich wirklich offen und locker auf eine neue Sache einzulassen. Man wird also im Gegensatz zu allen anderen Fertigkeiten in der Liebe nicht besser, wenn man sie öfter trainiert. Abgefuckter, zielstrebiger, ungeduldiger wird man und vergisst darüber, etwas von sich selber zu investieren, wie man es bei den ersten Beziehungen noch gemacht hat.

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