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Oberbayern ist sowas von überschätzt! Eine Abrechnung aus München

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1. Klischee: Bayern hat und braucht Super-Bullen

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Ja mei, wenn die bayerische Polizei nicht bullenschwer durch Bad Tölz walzt, ist sie halt bärbeißig im Tatort München unterwegs, und freilich ist ganz München und Oberbayern ein Tatort: Geht es nach der Häufigkeit bayerischer Krimis, muss Bayern in der Verbrechensstatistik gleich hinter der Bronx stehen. Deswegen fahren bayerische Bullen auch alle in pfeilschnellen BMWs, wg. vieler Verbrechensherde in abgelegenen Gegenden. Die Wahrheit: Oberbayerns Verbrechensrate liegt deutlich unter dem Bundesdurchschnitt. Die BMWs der bayerischen Polizei sind geleast. Nur ein Gerücht ist wahr: Die Bayerische Polizei kontrolliert in der Tat mit Vorliebe langhaarige Beatnik-Bombenleger, also solchene Typen, die wie Haschischspritzer ausschaun. +++ 2. Klischee: Bayern haben einen einzigartigen Way of Life

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Jugendliche Bauernsöhne fahren mit dem Moped übers Land und sind rebellisch. Die Wahrheit: Jugendliche Bauernsöhne in anderen Bundesländern machen das genauso. Nur gibt es nicht so viele Regisseure in Brandenburg, die vor lauter Begeisterung aus diesem Bild gleich eine ganze Serie basteln. +++ 3. Klischee: München ist irre sexy

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Mann, umschlungen oder umringt von langbeiniger/langbeinigen Blondinen fläzt und post in der Diskothek P1 feist umher. Die Wahrheit: Kein vernünftiger Mensch geht ins P1, zu teuer und zu bescheuert. Und die Damen, die auf dem Foto zu sehen sind, wurden vermutlich vom Hamburger Oberkotzbrocken Michael Ammer eingeflogen. +++ 4. Klischee: Voralpen-Panorama zum Zwecke der Bewerbung von Milchprodukten

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Narrische Stoffteddy-Bären rennen über Almwiesen, Öhis streicheln Kühe, kühne Männer in Lederhose tragen Milchkannen über die Weide und würzige Damen mit üppigem Dirndl-Balkon vor der Hütt`n laben ihr Gemüt beim Rühren im frisch entstehenden Pudding aus Alpenmilch: Milchprodukte jeglicher Couleur scheinen sich dank voralpiner Bebilderung zu Verkaufen wie geschnitten Brot. Die Wahrheit: Die auf Almen gewonnene Milch kommt nur selten in die Produktion einer Großmolkerei. Meistens wird sie vor Ort den Kälbern verfüttert oder verkäst. Wenn die Molkerei Weihenstephan, wie im vergangenen Jahr, in Werbespots eine alpine Herkunft ihrer Produkte suggeriert, ist das, mit Verlaub, Käse. Wer sich beim Konsum seiner Weihenstephaner oberbayerisch fühlt, ist selbst schuld. Die Milch in den blauen Kunststofftüten unterscheidet sich hinsichtlich der Qualität und vor allem hinsichtlich der Produktionsbedingungen so gut wie gar nicht von Milch, die vor den Toren Aschaffenburgs oder Lübecks aus Kuheutern gemolken wird. +++ 5. Klischee: Alle Bayern besuchen den politischen Aschermittwoch und wählen CSU

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Illustration: Julia Schubert

Stoiber oder Strauß ziehen ins Bierzelt oder zwecks Aschermittwoch in die Passauer Dreiländerhalle ein, um eine Rede zu halten. Wahlvolk - selbstverständlich repräsentativ und aus ganz Bayern angereist - gerät in geradezu religiöse Extase. Die Wahrheit: Bei einem politischen Aschermittwoch und auch im Bierzelt trifft sich nie ein repräsentativer Querschnitt der Bevölkerung. Und: Immerhin fast die Hälfte der Bayern wählt eine andere Partei. Und nochwas: Franz-Josef Strauß gibt es nur noch als Flughafen.


6. Klischee: Verwurzelte Jung-Filmer- und Schauspieler

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Nehmen wir den zurzeit herb präsenten Schauspieler Maximilian Brückner (rechts) und den Regisseur Marcus Hausham Rosenmüller (links). Sie repräsentieren gerade das, was scheinbar oder angeblich jeder Abkömmling bayerischer Natur repräsentieren sollte: Bodenhaftung, Verwurzelung im oberbayerischen Niemandsland. Die Komponenten werden in Interviews betont, dass die Schwarte kracht. Da wird der Heimatort Hausham in den Namen integriert, da wird die Leutseligkeit und die Mitgliedschaft im Trachtenverein hervorgehoben, dass man glauben könnte, jeder bayerische Bub sei ohne provinzielle Provenienz und Stammplatz am Bierzelttisch nur ein gesichtsloses Etwas. Die Wahrheit: Auch noch heute sind die allermeisten Jugendlichen froh, die etwaige Provinzialität ihrer Geburtsgegend verlassen zu können. Heimatgefühle kommen erst sehr viel später, zu einem Zeitpunkt, zu dem jeder normale Mensch Heimatgefühle und Sehnsucht nach den Orten seiner Kindheit entwickelt. Also Mädels: Wenn ihr an einen Bayern geratet, müsst ihr nach wie vor nicht in den Schützen- oder Trachtenverein eintreten. Höchstens, ihr geratet an Herrn Brückner oder Herrn Hausham. +++ 7. Klischee: Alles marien-trunkene Kirchgänger

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Ob am Hochfest des heiligen Josef oder dem Gedenktag eines drittklassigen Heiligen, der sich irgendwann im dritten Jahrhundert steinigen ließ – in Bayern stehen sofort die Paradeformationen des katholischen Glaubens bereit, sich in Gamsbart und Lederhose von den bereitstehenden evangelischen Pressefotografen ablichten zu lassen, um das unter Beweis zu stellen, was der oberbayrische Papst standhaften Glauben nennt. Ansonsten haben in Oberbayern alle Schwimmhäute zwischen Zeige- und Mittelfinger, weil sie die zwei ja dauernd in Weihwasser tauchen müssen. Die Wahrheit: In Bayern sind die Kirchen auch nicht voller als anderswo. Und Papst Benedikt wurde in Marktl am Inn geboren. Ist zwar noch Oberbayern, aber nur um Haaresbreite – direkt hinter dem Geburtshaus des Papstes fängt Niederbayern an, also für Oberbayern das, was für die Vereinigten Staaten der Irak ist. +++ 8. Klischee: Die Schafkopfer

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Schelle, Sau und die Oide („Die Alte“, Anm. d. Red.) sind in Oberbayern zuhause, denn nirgends in der Welt und schon gar nicht in Las Vegas wird so viel Karten gespielt wie hier, wo kleine Kinder schon mit einem Satz Karten im Arsch geboren werden. Schafkopfen heißt das Spiel, und die Regeln – mei, die Regeln sind halt in etwa so einfach so verstehen wie die auf Koreanisch übersetzte Bedienungsanleitung einer Schnupftabakmaschine. Is´aber wurscht, weil jedem Bayern werden sie schon bei Geburt reingeschoben, zusammen mit dem Satz Karten. Die Wahrheit: Außerhalb der Freiwilligen Feuerwehren Bayerns spielt Schafkopfen keine Rolle. +++ 9. Klischee: Bayern sind das lustigste Völkchen

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Ein grantelnder Bayer grantelt vor sich hin. Dann macht er einen Witz. Dann lachen alle. (In Filmen über Bayern) Die Wahrheit: Grantelnde Bayern haben meist einfach schlechte Laune und in ihrem Grant schimpfen sie mit Vorliebe auch über die da oben und wir da unten. Das ist nicht lustig, das nervt. +++ Text: durs-wacker, yvonne-gamringer und christina-kretschmer.

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