Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben

Böhmermann ruft die Welt in Rammstein-Manier dazu auf, deutsch zu sein

Teile diesen Beitrag mit Anderen:

„Die Welt dreht durch“, Europa fühlt sich „von 0,3% Flüchtlingen bedroht“ und Amerika will einen Mann wählen „bei dem niemand so genau weiß, wer unter dem Toupet die Fäden zieht“. Das kann Jan Böhmermann nicht mit ansehen und holt zu einem Rundumschlag aus, der mal wieder sowas von sitzt.

Mit seinem neuesten Video „Be deutsch! (Achtung! Germans on the rise!)" bekommt jeder eins auf die Nase, der es gerade nötig hat: die „Wir sind das Volk“-Brüller von Pegida und AfD, die Überfremdungs-Schisser, die in Europa nach Grenzen und Zäunen rufen, die Trump-Wähler, die sowieso irgendwie gar nichts verstanden haben und auch sonst alle, die einen gerade an der Menschheit zweifeln lassen.

Sie alle müssen sich in Acht nehmen, wenn sie kommen, die Deutschen, und sie platt machen. Die Armee der aggressiven Spießigkeit in Birkenstock, Jack-Wolfskin-Jacken und Fahrradhelmen, die die Welt Werte wie Toleranz, Menschenwürde und Mitgefühl lehren wird. Weil die Deutschen es besser wissen als alle anderen. Weil sie die Scheiße schon hinter sich haben. Weil wir stolz darauf sind, nicht stolz zu sein.

So in etwa sieht die Argumentationsführung des Videos aus, das so viele Metaebenen hat, dass man sich verlaufen könnte und gleichzeitig einen Ton trifft, den dann doch wieder alle verstehen dürften: „Have you heard of the categorical imperative, asshole? Read Kant, cunt!“

Vor allem in den USA sollte das Video ankommen, denn es ist nicht nur eh schon komplett auf Englisch inklusive Untertitel, sondern auch eine perfekte Sammlung aller Attribute, die die Deutschen aus der Sicht der Amerikaner beschreiben: von den Socken in den Sandalen bis zum Sodastream. Und alles vorgeröhrt von Böhmermann in einer erstaunlich überzeugenden Till-Lindemann-Stimme. Selbst die Kluft des Rammsteinsängers steht ihm ganz gut, wobei sie beim schlacksigen Böhmermann etwas an Edward mit den Scherenhänden erinnert. Auf jeden Fall können die Amis damit etwas anfangen. 

Und das – da sind wir uns sicher – ist garantiert kein Zufall, sondern die perfekte Vorbereitung für einen Böhmermann-Auftritt in den USA. Im Februar erzählte Jan Böhmermann in seiner Radiosendung „Sanft & Sorgfältig“, die er mit Olli Schulz moderiert, dass er einem Auftritt in einer amerikanischen Talk-Show zugesagt hatte. Wann es soweit ist und welche Talk-Show es sein wird, das hat er bis jetzt nicht verraten. Aber das „Be deutsch“-Video könnte auf jeden Fall ein Hinweis darauf sein, dass der Termin näher rückt. Einen perfekteren Einspieler für Jimmy Kimmel, Jimmy Fallon oder John Oliver kann man sich fast nicht vorstellen. Wenn die Zuschauer das sehen, wissen sie gleich, mit wem sie es da zu tun haben.

Böhmermann steht also kurz vor dem Sprung über den großen Teich und das ist gut, weil er vielleicht mal das Bild der Deutschen dort ein wenig aufpolieren kann. Aber ein Hinweis unter seinem Video hat uns zu denken geben: Der User „Vorletzte“ merkte an, dass das Video doch auch deutsche Untertitel bräuchte, damit die AfD-Anhänger es verstehen können. 

Deswegen: Lieber Jan Böhmermann, du kannst ja gerne die Eroberung des US-Fernsehens und unseretwegen auch die Weltherrschaft anstreben. Aber vergiss doch bitte nicht, dass wir in Deutschland auch noch genug Idioten haben, um die du dich kümmern musst. Wer macht’s denn sonst?

Hier mehr zum Deutsch-, Rechts- und Böhmermann sein: 

tf

Nachtrag: Inzwischen wurden deutsche Untertitel ergänzt. Schön, wenn man auf uns hört!

Außerdem hat uns ein Leser auf Twitter darauf aufmerksam gemacht, dass Böhmermann in der letzten Hashtagkonferenz angeblich das Datum seines US-Auftritts bekannt gegeben hat: 4. Mai. Leider ist das Periscope-Video nicht mehr verfügbar, um das zu bestätigen. Würde unsere Theorie ja aber bestätigen. 

  • teilen
  • schließen