Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben

Radfahrerin rächt sich für sexistische Sprüche

Foto: Screenshot Daily Mail

Teile diesen Beitrag mit Anderen:

Dass rote Ampeln auch in London nicht gleich Rotlichtmilieu bedeuten, musste eine junge Radfahrerin dem Fahrer eines grauen Vans erst einmal klar machen - zumindest, wenn man einem aktuellen, im Netz vielfacht geteilten Video glauben kann (was auf einen Fake hinweist, fasst der Guardian hier zusammen). Allerdings nicht auf die softe Tour – mit der der Mann in seinem frauenfeindlichen Kosmos wahrscheinlich eher gerechnet hätte.

Schon als er aus dem Wagen heraus Sprüche wie: "Willst du meine Nummer?" und auf Verneinung "Sei doch nicht so!" abgibt, wehrt sich die Frau in dem Clip heftig gegen die Anmachen und schlägt gegen den Außenspiegel. Kritik des Kerls: "Auf welche Benimmschule bist du denn gegangen? Sag deinen Eltern mal, die sollen ihr Geld zurück verlangen!" Kurz darauf glaubt er allerdings auch schon eine Erklärung für das Verhalten der Frau gefunden zu haben: "Hast du deine Tage?", fragt er aus dem Autofenster.

Als die Ampel grün wird, lädt der Fahrer die Radfahrerin schließlich auf einen Drink ein und sagt noch einmal, sie solle ihm doch nun endlich ihre Nummer geben. Danach fährt er davon, sie erhebt den Mittelfinger. Anstatt es auf sich beruhen zu lassen, folgt sie dem Van und nutzt die Gelegenheit als er links - wir befinden uns in Großbritannien - ranfährt: Die Frau reißt kurzerhand den Außenspiegel des Vans ab und radelt dann davon.

Aufgenommen hat das Ganze anscheinend die Helmkamera eines unbekannten Motorradfahrers, der am Ende auch noch was zu sagen hat: "Genau das hast du verdient, Abschaum!", ruft er dem Fahrer des Vans zu, bevor er selbst wegfährt. 

Darüber, ob sich die Szene tatsächlich so ereignet hat, sind sich nicht alle einig, die das Video gesehen haben. Viele halten die Geschichte für gestellt, den Zufall, dass der Van gleich in der nächsten Straße parkt, für zu bequem fürs echte Leben. Und tatsächlich verwundert auch, dass die Radfahrerin nach ihrer Abriss-Aktion offenbar unbehelligt weiterfahren kann, wo der Fahrer des Vans sich doch schon vorher nicht besonders verständnisvoll gegenüber ihrer Gegenwehr gezeigt hat.

Bis jetzt konnte auch keiner der Beteiligten ausfindig gemacht werden, der die Geschehnisse verifizieren könnte. Trotzdem ist die Diskussion, die das Video nun im Netz aufwirft, interessant. Erstens: Hat jemand, der eine Frau so krass verbal belästigt, nun wirklich genau das verdient, wie der Motorradfahrer behaupte? Oder doch eher noch mehr - oder weniger? Und zweitens: Ist die Reaktion der Radfahrerin wirklich so "vorbildlich", wie im Internet gerade behauptet wird?

Für die Frau im Video scheint die Sache zwar "gut ausgegangen" zu sein – wenn man nach einem so üblen verbalen Angriff überhaupt von einem guten Ausgang sprechen kann. Natürlich ist es generell wichtig, dass Frauen den Mut haben, sich zu wehren. Wie sonst sollten übergriffigen Männern ihre Grenzen aufgezeigt werden? Aber hätte der Motorradfahrer mit der Helmkamera der Frau nicht auch helfen können, anstatt nur daneben zu stehen und zu filmen?

Nur muss man wahrscheinlich in jeder Situation genau abwägen, was die Folgen der eigenen Aktionen sein könnten und sich fragen: "Komme ich aus der Situation wieder heil raus, wenn ich mich jetzt direkt verbal oder körperlich wehre?" Oft werden die Angreifer ja noch zusätzlich durch die Wehrhaftigkeit angespornt – und wollen beweisen, dass sie der Frau wenn nicht geistig, dann doch oft zumindest körperlich überlegen sind.

In einer akuten Gefahrensituation und bei der Unsicherheit, ob der Mann gewaltbereit ist, sollte man also entweder sicher gehen, dass man sich schnell und unbeschadet der Situation entziehen kann, zum Beispiel durch Hilfe von außen, oder aber den Angriff versuchen zu umgehen und sich stattdessen das Kennzeichen eines eventuellen Fahrzeugs oder in jedem Fall das Erscheinungsbild des Angreifers merken. Wer sexuell belästigt wird, egal in welchen Ausmaß, sollte das nicht als Lapalie betrachten, sondern den Vorfall bei der Polzei zur Anzeige bringen. Am wichtigsten ist allerdings, dort erst einmal sicher ankommen zu können. Und eine Diskussion über genau diese Themen hat das Video zumindest erreicht.

lat  

Hilfe zur Selbsthilfe:

  • teilen
  • schließen