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„Es wäre unfair, einem Mann zu sagen, dass er wegen seines Geschlechts nicht kandidieren darf“

Foto: Daniel Reinhardt / dpa

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In den Vorständen der CDU soll es bis 2025 genau so viele Frauen wie Männer geben. Das hat die Satzungskommission der Regierungspartei Anfang Juli beschlossen. Die Frauenquote muss im Dezember noch auf dem Bundesparteitag bestätigt werden und soll für alle Vorstände ab der Kreisebene gelten. Nicht alle in der Partei finden das gut. Einer von ihnen ist Christoph Ploß. Der 35-Jährige ist Bundestagsabgeordneter der CDU für den Wahlkreis Hamburg. Er spricht sich öffentlich gegen die Frauenquote aus und bezeichnet sie als rückschrittlich. Wir haben ihn gefragt, warum in der CDU so wenig Frauen sind, warum er ein Problem mit der Quote hat und welche Alternativen er sieht.

jetzt: Christoph Ploß, haben Sie Angst, wegen der Frauenquote Ihren Job an eine Frau zu verlieren?

Christoph Ploß: Überhaupt nicht. Ich finde es wichtig, dass in der Demokratie ein gesunder Wettbewerb herrscht und niemand nur aufgrund von Faktoren benachteiligt oder bevorteilt wird, für die ein Mensch nichts kann – wie dem Geschlecht oder der Hautfarbe. Deshalb bin ich gegen die Quote. Nicht aus Angst.

Warum genau setzen Sie sich dafür ein, dass die CDU keine Frauenquote bekommt?

Ich bin ein Befürworter des Leistungsprinzips. Für uns als CDU stellt sich aus meiner Sicht  gerade die Frage, ob wir dieses Leistungsprinzip abschaffen wollen. Mit einer Quote bekommt nicht mehr unbedingt der oder die Beste den Job. Außerdem wäre es unfair, nur Frauen zu quotieren. Wenn man Quoten einführt und diese Logik zu Ende denkt, dann bräuchten wir irgendwann auch eine Quote für Migranten, für junge Menschen oder für gewisse Berufsgruppen.

Aber wäre das nicht eine gute Idee, um die CDU diverser und damit interessanter für junge Menschen zu machen? Quoten für Nicht-Akademiker*innen, Menschen mit Migrationsgeschichte und Frauen?

Ich bin in die CDU eingetreten, weil sie für mich die Partei der Gleichberechtigung ist und nicht die Partei der Gleichmacherei. Vielfalt ist mir wichtig, aber Demokratie heißt auch, dass Wählerinnen und Wähler entscheiden, wen sie für die oder den Besten halten.

In Ihrer Bundestagsfraktion sind nur 20 Prozent weiblich. Die CDU unterrepräsentiert damit die Hälfte der Bevölkerung. Wie wollen Sie dieses Problem angehen, wenn nicht mit einer Quote?

Wir müssen das Problem an der Wurzel packen und mehr Frauen für ein Engagement in der CDU gewinnen. Wenn wir das schaffen, dann wird sich das in den Parlamenten widerspiegeln. Die Rahmenbedingungen dafür können wir zum Beispiel durch eine Kinderbetreuung am Rande von Sitzungen schaffen. Oder durch Online-Beteiligung: Dadurch wird es Frauen und Männern, die Kinder haben oder beruflich eingespannt sind, ermöglicht, an Sitzungen teilzunehmen. Ich bin außerdem für eine Elternzeit in der CDU. Wenn sie ein Kind bekommen, sollten Mütter oder Väter ihr Mandat für eine Zeit lang ruhen lassen dürfen.

Nicht alle jungen Frauen, die in der CDU aufsteigen wollen, sind Mütter. Was kann die Union aus Ihrer Sicht sonst für mehr Frauen tun?

Naja, Kinder und der Beruf sind nach meiner Erfahrung schon Punkte, die Frauen immer wieder nennen, wenn man sie fragt, warum sie für manche Posten nicht zur Verfügung stehen. Außerdem ist es ja nicht so, dass wir keine Frauen an den entscheidenden Positionen hätten. Wir haben seit 2005 eine Bundeskanzlerin, seit dem Jahr 2000 durchgehend eine weibliche Vorsitzende und seit 2019 ist auch die EU-Kommissionspräsidentin eine Frau.

Die Bundeskanzlerin hört auf, Kramp-Karrenbauer auch. Die drei Kandidaten, die sich um ihre Nachfolge bewerben, sind männlich.

Das stimmt. Ich wünsche mir allgemein mehr Frauen in der Bundestagsfraktion. Aber das müssen die Wählerinnen und Wähler entscheiden. Eine Quote bedeutet, dass andere Personengruppen von vornherein für gewisse Plätze von einem Mandat ausgeschlossen werden. Die meisten Kollegen der Fraktion haben einen Wahlkreis direkt gewonnen. Es gibt immer nur ein Direktmandat pro Wahlkreis, das kann man also gar nicht quotieren. Es wäre unfair, einem Mann zu sagen, dass er wegen seines Geschlechts nicht kandidieren darf. Das schränkt außerdem die Freiheit der Wählerinnen und Wähler ein. Das ist mit meinem demokratischen Selbstverständnis nicht vereinbar und obendrein verfassungswidrig.

Was sagen Ihre Kolleginnen in der Partei, wenn Sie mit ihnen über eine Quote reden?

Viele Kolleginnen sagen mir, dass sie keine Quote wollen. Frauen, die ich für ein politisches Amt vorgeschlagen habe, haben eine Kandidatur sogar häufig an die Bedingung geknüpft, dass sie dieses Amt nicht mit der Begründung bekommen wollen, dass sie eine Frau sind. Heutzutage sollte das Geschlecht allein keine entscheidende Rolle spielen. Ich selbst wähle niemanden, weil die Person eine Frau oder ein Mann ist, sondern aufgrund der Befähigung für ein Amt. Die Quote entstammt im Grunde einer Diskussion aus dem vorherigen Jahrhundert, sie ist ein Instrument von vorgestern.

Sie sagen, dass das Geschlecht für moderne Menschen keine Rolle spielt, aber sie wollen mehr Frauen in der CDU. Wie passt das zusammen?

Genauso wie viele andere wünsche ich mir mehr Frauen, Migranten oder Jüngere in der Politik – aber bitte als Ergebnis von demokratischen Prozessen und nicht aufgrund von Vorgaben von oben. Dann haben wir wirklich eine Vielfalt, die zu herausragenden Leistungen in der Lage ist.

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