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Wenn G20 ist und du einfach nur eine Pizza kaufen willst

Foto: facebook.com/andre.kramer

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jetzt: Wie kam es zu dem Foto?

Andre: Ich wollte einfach nur zu Edeka und mir eine Pizza besorgen, denn ich hatte Hunger. Die Lage in meinem Viertel St. Pauli/Ecke Reeperbahn ist seit einer Woche von Personenkontrollen und Demos geprägt. Als Comedian denke ich den ganzen Tag drüber nach, was ich Lustiges schreiben könnte für mein Bühnenprogramm oder posten könnte auf meiner Facebook-Seite. Das Plakat war einfach nur eine spontante Idee, ich wollte gegen alle und alles protestieren.

Wie fühlst du dich jetzt, wo du überall im Netz zu sehen bist?

Ich habe noch nie einen viralen Hype ausgelöst und hatte da auch nichts geplant, aber ich fand meine Idee selber lustig und sie hat gezündet. Auf dem Weg zum Edeka haben die Menschen nach den ersten zehn Metern angefangen, Fotos zu machen. Es war eine Kettenreaktion. Und irgendwann zeigten mir die Leute auf ihren Handys, dass ich in Whatsapp-Gruppen und bei diversen Medien auftauchte. Ich habe mein Zeichen gegen G20 in einer Innenstadt gesetzt. Letztendlich bin ich nicht zu meiner Pizza gekommen. Ich bin um 18:00 Uhr losgegangen und war gegen 22:30 zu Hause - ohne Pizza. Dafür habe ich mit den Leuten Bierchen getrunken und unzählige Fotos gemacht.  

Was hältst du vom G-20-Gipfel in Hamburg an sich?

Ich finde einfach nicht, dass man so einen Gipfel in einer Innenstadt veranstalten muss. Und dann noch 500 Meter entfernt des aktiven linken Zentrums, der Roten Flora. Völlig unsinnig! Wieso treffen die sich nicht auf einem Kreuzfahrtschiff oder einer Insel? Was das kostet und was man mit dem Geld alles Gutes machen könnte. Das Wort „Unverhältnismäßgkeit“ ist für so ein Treffen erfunden worden.

„Junge, da ist ein Mann im Fernsehen mit einem Schild, der sieht aus wie du!“

Und wie ist die Situation für die Anwohner?

Bei allem Respekt, es wird als Anwohner echt ätzend momentan. Da sind Leute, die seit Tagen ihre Geschäfte verbarrikadiert und Einnahmeausfälle haben. Man wird schnell verwechselt mit den Demonstranten, ich musste zweimal meinen Ausweis vorzeigen, um durch meine Nachbarschaft zu laufen. Seit einer Woche kreist ein Polizeihubschrauber über meinem Viertel. Ich befürchte, dass ich nächste Woche nicht mehr ohne das romantische Surren des Helikopters einschlafen kann.

Wie bewertest du die Anti-G-20-Proteste?

Es ist gut, dass sich Menschen Gehör verschaffen. Das Versammlungs- und Demonstrationsrecht ist eines der wichtigsten Rechte unseres Grundgesetzes. Aber die politischen Mechanismen sind zu groß. Weder Trump noch Erdoğan lassen sich davon beeindrucken und es gibt, glaube ich, keinen Menschen auf der Welt, der wirklich glaubt, dass Trump seine Meinung deswegen ändert.

Was hat sich für dich verändert, seit die Bilder von dir viral gehen?

Am Abend rief mich meine Oma an und sagte: „Junge, da ist ein Mann im Fernsehen mit einem Schild, der sieht aus wie du!“ Mein Telefon und Internet stehen nicht mehr still, die Likes auf meiner Seite haben sich verdoppelt in den letzten zwölf Stunden, ich führe Interviews mit Radiostationen. Ich bin ja auch Comedian und werde versuchen, das zu nutzen. Wenn den Leuten dieser Gag von mir gefallen hat, dann würde ich auch nicht nein sagen, wenn die Leute demnächst in meine Shows kommen und sich die anderen Gags anhören.

Edeka hat ja bereits auf das Foto reagiert und dir angeboten, deine Einkäufe zu liefern. Gefällt dir das?

Ich freue mich erstmal, wenn ich mich nach dem G-20-Gipfel wieder ganz gemütlich in mein Café und in meine Stammkneipe setzen kann und werde genießen, dass St. Pauli endlich wieder St. Pauli ist. Und ja, Edeka hat mir angeboten, dass sie mir Sachen bringen. Ich will da nicht von profitieren: Wenn sie mir wirklich was bringen wollen, dann sollen sie es den Obdachlosen spenden.

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