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Wahlkampf-Accessoire: Das Wähler-Handy

Foto: Boris Roessler/dpa

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Es gibt Dinge, mit denen sich wahlkämpfende Politiker besonders gerne zeigen oder von denen sie besonders oft umgeben sind. Bratwurst, Werkshelm, Luftballons: Warum gibt es sie, was symbolisieren sie und wie gehen die Staatsmänner und -frauen mit ihnen um? Im Bundestagswahljahr 2017 widmet sich unsere stilkritische Kolumne den typischen Wahlkampf-Accessoires. Heute: das Smartphone des Wählers.

So lässt das Accessoire die Wahlkämpfer im besten Fall aussehen:

 Und so im schlechtesten:

Was kann das Accessoire? 

Dass der Wähler mit seinem Smartphone „Wahlprogramm CDU kurz“ googeln, die Abfahrtszeiten des (Schulz-)Zugs nachschauen und in der Familien-Whatsapp-Gruppe mit dem Schwager von der Schwäbischen Alb über die AfD diskutieren kann, ist dem gemeinen Politiker erstmal egal. Wichtig für ihn oder sie: dass der Wähler mit seinem Handy Fotos machen kann. Und Videos. Viele Fotos und viele Videos auf vielen Wahlkampfverstanstaltungen. Denn wenn die später verschickt und gepostet werden, ist das der beste kostenlose Multiplikator, den man sich wünschen kann. Immerhin tummeln sich auf den Veranstaltungen hauptsächlich Menschen, die gut finden, was der oder die da vorne sagt, sodass die meisten Bild- und Video-Nachrichten mit einem positiven Tenor in die Welt geschickt werden und nur selten mit mäkelnden oder hetzenden Unterzeilen.

Noch entscheidender als die Fotos, die entstehen, sind allerdings die Fotos, die von den Fotos entstehen. Denn ein wichtiger Teil einer Wahlkampfveranstaltung ist das Bad in der Menge, bei dem der Kandidat oder die Kandidatin ihren Wählern ganz nah kommt. Mit im Bad sind die Pressefotografen, die früher festgehalten haben, wie Politiker Wählern gegenüberstehen, ihnen lächelnd in die Augen schauen und ihre Hände drücken. Heute halten sie vor allem fest, wie Schulz, Merkel und Co. von Handys umringt sind, auf deren Bildschirme ihre verzückten Wähler starren. Oder wie sie neben oder zwischen grinsenden Bürgern stehen und mit ihnen gemeinsam in die Smartphone-Kamera schauen. Fürs Wahlkampf-Selfie. 

Ein ganz besonderer Moment entsteht, wenn der Wähler sein Handy dem Kandidaten gibt und er das Selfie selbst auslösen darf. Denn das ist natürlich ein gewisser Vertrauensbeweis. Schon klar, Merkel oder Schulz werden das Smartphone bestimmt nicht in die Hosentasche stecken und schnell weglaufen – aber trotzdem ist dieser Gegenstand eben einer der privatesten, den man so mit sich herumträgt. Für alle Schulzens und Merkels und Wagenknechts und Özdemirs ist es darum am allerbesten, wenn ein Bild ensteht, wie sie ein Selfie mit Bürgern machen und dabei ein Handy in einer lustigen Minions- , Gameboy- oder Glitzer-Hülle in der Hand halten, das sicher nicht ihnen gehört.

Wo lauert Gefahr? 

Wie immer bei Fotos muss man halt arg aufpassen, dass einem nicht das Gesicht ausrutscht. Beim Selfie haben die Kandidaten allerdings gute Chancen, im richtigen Moment ihr bestes Wahlkampflächeln aufzusetzen. Schwieriger sind die unzähligen Bilder, die darüber hinaus entstehen, denn auf vielen davon haben sie wahrscheinlich grade den Mund komisch verzerrt, die Augen halb geschlossen oder einen unvorteilhaften Schatten im Gesicht. Aber wie gesagt: Überzeugte Wähler posten wohl eher die guten Bilder. Und immerhin haben auch sie einen Ruf als exzellente Smartphone-Fotografen zu verlieren. 

Die größte Gefahr ist womöglich, dass jemand sich äußerst ungeschickt anstellt und es  mit einem Wähler-Handy in der Hand entweder nicht schafft, das Selfie auszulösen, oder das Telefon auf den asphaltierten Marktplatz fallen lässt. Wenn da dann keine lustige Minions-Hülle drum ist, wird der Wähler seine Entscheidung eventuell noch mal überdenken.

Und wer hat es bisher am besten genutzt? 

handy text boris roessler dpa
Foto: Boris Roessler / dpa

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