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Henryk M. Broder trifft Maxim Biller

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Von Evelyn Roll und Tobias Haberl (Interview) Alfred Steffen (Fotos)

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

SZ-Magazin: Herr Broder, Herr Biller, als wir zum Interview gebeten haben, haben Sie beide sofort zugesagt. Dabei wussten Sie gar nicht, worüber wir mit Ihnen reden möchten. Machen Sie das immer so? Hauptsache, im Gespräch bleiben? Henryk M. Broder: Ja, klar. Mir ist alles recht. Seit zwanzig Jahren wünsche ich mir ein Gespräch mit Maxim Biller. Maxim Biller: Ist doch verständlich, dass Sie uns beide zusammenbringen, Sie würden ja auch Walter Matthau und Jack Lemmon interviewen … Broder: …wie wäre es mit Albert Einstein und Sigmund Freud? Maxim, du bist unbescheiden. Warum ist das Gespräch nie zustande gekommen? Broder: Weil keiner die Idee hatte. Dabei liegt sie so nahe. Ersatzweise wäre ich aber auch mit Teresa Orlowski als Gesprächspartnerin einverstanden gewesen. Biller: Typisch. Dich interessieren nur Juden und Sex. Entschuldigung, Juden und Pornografie … … und der Zentralrat. Herr Biller, was haben Sie gedacht, als Sie von Herrn Broders Bewerbung für das Präsidentenamt des Zentralrats der Juden gehört haben? Biller: Gar nichts, ehrlich. Broder: Und dafür bin ich dir sehr dankbar. Du bist der Einzige, der sich nicht dazu geäußert hat. Die Wahrheit ist, ich hätte dieses Amt nie angetreten. So was passt nicht zu mir, allein die Verantwortung. Beim Spiegel habe ich nicht mal einen Schreibtisch, weil ich gern aufstehe, wenn die Kollegen schon zwei Konferenzen hinter sich haben. Und als Präsident des Zentralrats könnte ich nicht mal in eine Ecke pinkeln, wenn ich aus der Kneipe komme. Trotzdem haben Sie in Interviews darum gebeten, ernst genommen zu werden. Warum das ganze Theater? Broder: Die Idee gefiel mir eben. Sie kam mir auf einer langen Autobahnfahrt von Augsburg nach Amsterdam. Ich lebe sehr kurzfristig, jeden Tag werden die Karten neu gemischt. Es gibt ein jüdisches Sprichwort, das ich in solchen Situationen gern zitiere: Wissen Sie, wie man Gott zum Lachen bringen kann? Machen Sie einen Plan! Man könnte sagen: I talked myself into it. Irgendwann glaubte ich mir fast selbst. Und wissen Sie, was mich überrascht hat? Wie viele Leute mich ernst genommen haben, alle außer zweien: meine Frau und der Chefredakteur des Spiegel. Der sagte: »Broder, passen Sie auf, die Sache könnte Flügel bekommen!« Hat sie ja dann auch. Herr Biller, können wir Sie doch noch zu einem Kommentar bewegen? Biller: Der Zentralrat wird sich gedacht haben: Gott sei Dank, jetzt müssen wir keine kritischen Texte von Broder mehr lesen, weil der sich nur noch um russische Juden in Deutschland kümmern muss. Auf jeden Fall ist es lächerlich, wie ernst die deutsche Gesellschaft so was nimmt. Ich habe vor zwei Jahren einen Artikel über den deutschen Sommer 2006 geschrieben, das Jahr der Fußball-WM. Ich beschrieb, wie dieser Patriotismus für mich auch bittere Momente enthält, und schloss mit der Pointe: »Euer Getue geht mir so auf die Nerven, da gehe ich doch lieber in das Land, wo die Busse explodieren.« Das war satirisch gemeint. Drei Tage später war in der SZ eine Meldung über drei Spalten. Broder: Die hieß: Geschafft! Maxim Biller geht! Biller: Genau: Maxim Biller zieht nach Israel. Dabei hatte ich doch nur einen Witz gemacht, klar hatte der einen ernsten Kern, aber dass so was gemeldet wird – dreispaltig, deutschlandweit … Broder: Gib doch zu, es hat dir geschmeichelt. Bei einem Einspalter wärst du gekränkt gewesen. Biller: Henryk, du projizierst! Ich dachte, Menschen, die projizieren, lebten nur im letzten Jahrhundert. Was haben Sie denn nun gedacht, als Henryk Broder Chef des Zentralrats werden wollte? Biller: Nichts, ehrlich, mich interessiert das Schicksal des Zentralrats genauso wenig wie das von CDU und SPD. Das ist Vereinsmeierei. Das ist mir zu klein. Hier geht's weiter mit dem Interview.

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