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Von Birgit Schmid Oscar Wilde hätte sich, wäre es Ende des 19. Jahrhunderts technisch machbar gewesen, die Zornesfalte glätten lassen, seine Schlupflider zum Verschwinden gebracht und sich als Luxus ein paar Einlagen für einen knackigeren Hintern gegönnt. Sein Werk aber hätte in der Weltliteratur an Rang eingebüßt. Die Bereitschaft, gegen die Natur zu handeln und Äußerlichkeiten so hoch zu bewerten, wäre im Widerspruch gestanden zur Erwartung an den Dichter, innere Schönheit zu schaffen. Man hat Wilde seinen Ästhetizismus auch so nicht verziehen. Den trieb er mit Das Bildnis des Dorian Gray auf die Spitze: der Geschichte jenes Jünglings, der für immer schön bleibt und dessen Porträt an seiner Stelle altert. »Nur Niedere urteilen nicht nach dem Augenschein. Das wahre Geheimnis der Welt liegt im Sichtbaren«, heißt es im Roman. Zu viel für die sinnenfeindliche viktorianische Gesellschaft: Einer, der schreibt, Denken mache hässlich, weil »man ganz Nase oder Stirn oder sonst etwas Grässliches« wird, provozierte sie aufs Äußerste.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Dabei hat Wilde nur den wahren Skandal benannt, der seit Anfang der Menschheit die Arbeit am Körper hervorruft: die ungleiche Verteilung von Schönheit und die Kränkung der Vergänglichkeit. Die Sehnsucht, attraktiv zu sein und gemäß dem jeweiligen Ideal perfekt auszusehen, der Wunsch, hängende Mundwinkel anzuheben, fehlende Brüste existent zu machen, lässt sich nicht als »Zeitgeist« abtun. Der Mensch formt und stylt sich seit je. Angeborene Schönheit ist kein großzügig verteiltes Geschenk, Grazie erreicht man meist auf künstlichem Weg. Zu den körperlichen Disziplinierungsmaßnahmen gehören schon der durchgestreckte Rücken, der aufrechte Gang und am andern Ende der Skala weggelaserte Krähenfüße und eine operativ verkleinerte Nase. Für eine erotische Ausstrahlung kleidet man sich entsprechend, trägt Farbe auf, lässt sich die Zähne bleechen und die Lippen aufspritzen. Obwohl im Detail oder großumfänglich jede und jeder Hand an sich legt, um sich zu verschönern: Spätestens beim Wie und Wieviel wissen alle, was richtig und falsch ist. Man verurteilt es – wenn nicht offen, dann insgeheim –, sollte jemand größeren ästhetischen Aufwand betreiben. Es gibt eine moralisch-ethische Grenze, die schnell so empfindlich berührt ist wie ein freigelegter Zahnhals: Nicht von Schönheitsstreben, sondern von Schönheitswahn und Körperkult ist dann die Rede, von denen die postmodernen Gesellschaften befallen seien. Man braucht wertende Begriffe, die eindeutig negativ sind und die Gegenwart als narzisstisch und oberflächlich bezeichnen. »Körperkult« kritisiert, dass der Körper anstelle der Religion zur sinnstiftenden Instanz geworden ist. In dem Wort schwingt mit, dass wir uns von der unverfälschten, guten Natur entfernt haben. Natürliche Schönheit wird zur Antithese des Körperkults. Es ist moralisch besser, Körbchengröße AA oder eine Knolle im Gesicht zu haben als Brüste wie Katie Price oder eine Nase wie Michael Jackson. Den Rest des Artikels kannst du bei den Kollegen vom SZ-Magazin lesen

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