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Die neue Status-Funktion von Whatsapp braucht kein Mensch

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Man hat sich inzwischen daran gewöhnt: Alles, was bei Snapchat funktioniert, landet früher oder später auch bei den Facebook-Töchtern Instagram und Whatsapp. Zunächst waren es die Sticker und die Malfunktion, mit denen man das eigene Konterfei verschönern konnte. Jetzt ist es offensichtlich auch das Herz von Snapchat, sein Alleinstellungsmerkmal: die Story. Auf Instagram gibt es die Funktion ja schon seit vergangenem Sommer. Dort behandeln viele Nutzer sie aber zumeist recht stiefmütterlich. Für Foto- und Filmreihen, die sich nach 24 Stunden wieder löschen und von meinem Tag erzählen, gibt es ja schließlich schon Snapchat. Dort erwartet man die Story, dort weiß man, dass man seine Kontakte mit seinem Alltag erreicht.

Seit Dienstag gibt es die Story-Funktion nun auch für Whatsapp. Nur, dass sie hier nicht „Story“ heißt, sondern „Status“. Bis auf den Namen ist das „neue“ Feature eine exakte Kopie der Snapchat-Story. Man kann Fotos und kleine Videos in der App machen oder aus dem Fotoalbum hochladen, bemalen und lustige Emojis draufkleben. Die kann dann jeder in der Kontaktliste der App sehen. Schießt man mehrere Fotos für den Status, werden diese beim Anschauen hintereinander abgespielt, jedes Bild ist dabei etwa fünf Sekunden lang zu sehen. Nach einem Tag wird der Status automatisch gelöscht – und will wieder neu befüllt werden.

Laut einem Blogeintrag der Whatsapp-Website kehrt Whatsapp mit diesem Status zu seinen Wurzeln zurück – die Statusmeldung in Textform sei nämlich zuerst da gewesen, die Chatfunktion sei erst Monate später hinzugekommen. Und jetzt, acht Jahre später, gehe man eben nur den nächsten logischen Schritt: Aus den geschriebenen Statusmeldungen werden nun eben Fotos. Aha, alles klar – da besteht kein Zusammenhang zum Snapchat-Story-Boom, da ist man bei Whatsapp ganz alleine drauf gekommen.

Während das Update für Instagram einfach nur unnötig war, ist es für Whatsapp ärgerlich. Die App hat sich schließlich aus gutem Grund erst mit ihrer Chatfunktion etabliert. Whatsapp ist der Rückzugsort für diejenigen, die eine spezifische Information mit einer spezifischen Person – oder Personengruppe – teilen wollen. Hier geht es darum, sich auszutauschen und Konversation zu betreiben. Und zwar eine Konversation, die nicht daraus besteht, dass einer allen anderen präsentiert, was er gerade Spannendes erlebt oder Leckeres isst. Kurzum, es geht um das Gespräch miteinander. Diese digitale Eins-zu-Eins-Kommunikation ist der Grund, warum man Whatsapp nutzt.

Snapchat ist eine Litfaßsäule, die täglich neu beklebt wird

Snaps und vor allem die Snapchat-Story sind das komplette Gegenteil davon. Man schießt ein Foto und stellt es in den virtuellen Raum der App. Niemand ist direkt angesprochen, jeder kann reagieren, keiner muss. Das ist auch gar nicht wichtig. Hier wird einfach nur die Möglichkeit geboten, sich selbst darzustellen. Und nach 24 Stunden verschwinden die Erinnerungen im digitalen Nichts. Ganz anders eine Unterhaltung auf Whatsapp, die man monatelang führen und immer zurückverfolgen kann. Snapchat ist eine Litfaßsäule an einer Bushaltestelle, die täglich neu beklebt wird. Whatsapp aber ist wie die eigene Wohnung. Beständig und zugänglich nur für die wenigen, denen man einen Schlüssel anvertraut. Warum diese Intimität mit der neuen Funktion zerstören?

Es ist außerdem schwer vorstellbar, dass viele Menschen Lust haben, ihren Alltag auf Whatsapp mit all ihren Kontakten zu teilen. Nicht selten sind Kollegen, Chefs oder die Eltern auf Whatsapp mit einem verknüpft. Natürlich gibt es wie immer die obligatorischen, individualisierbaren Datenschutz-Einstellungen: Neben der Möglichkeit, seinen Status mit all seinen Kontakten zu teilen, kann man einzelne Kontakte auswählen, die ihn zu sehen bekommen. Oder man schließt ein paar Kontakte aus der Liste der Auserwählten aus. Ganz schön kompliziert. Das müsste man ja fast für jeden Tag anpassen. Die Eltern dürfen ja durchaus an den Fotos der Bibliothekssitzungen teilhaben, vielleicht aber weniger an der Shisha-Session oder den betrunkenen Tanzversuchen. Es kann gar zu ganzen Cliquenfehden führen, wenn losere Teile der Gruppe bemerken, dass sie keinen Zugang zum Whatsapp-Status der anderen gewährt bekommen.

Im besten Fall werden Whatsapp-Nutzer die neue Funktion ignorieren und weiterhin Snapchat für das Teilen von Stories nutzen. Hier tummeln sich immerhin nur die Kreise, die einem alberne Fotos nicht übelnehmen. Im schlimmsten Fall findet Mark Zuckerberg die Story-Funktion für Facebook, die gerade in Irland getestet wird, auch super. Dann wird man kreative Einfälle für die Bildergeschichte vier verschiedener Apps brauchen. Danke, Mark.

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