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Wie viel verdient ein BMX- und Mountainbike-Judge
Alex Dropsy aus Frankreich arbeitet als Judge bei Freestyle-Mountainbike und BMX-Events, zuletzt auch beim Munich Mash in München. Früher sprang er selbst als Profi mit dem BMX durch die Luft, heute schaut er den Kollegen lieber zu und bewertet ihre Tricks.
Der Job
Die Arbeit beginnt lange vor dem eigentlichen Contest. Ich gehe mir immer das Training der Fahrer anschauen. Das ist tatsächlich sehr wichtig, weil ich da einen ersten Eindruck bekomme, was auf dem Kurs für Tricks möglich sind und wie hoch oder niedrig das Level der Fahrer ist. Beim Training reden wir auch mit allen Judges schon darüber, wie wir das Level einschätzen. Je mehr man sich vorher unterhält, desto leichter tut man sich später, wenn man unter Druck steht und nicht mehr viel Zeit für Diskussionen hat.
Der Sport ist viel professioneller geworden, seit ich mit dem Judgen begonnen habe. Die Kriterien, nach denen wir die Runs der Fahrer beurteilen, gelten eigentlich bei fast allen Contests. Wir betrachten in erster Linie natürlich die Tricks der Fahrer, und zwar auf unterschiedlichen Ebenen:
Welchen Schwierigkeitsgrad haben die einzelnen Tricks? Wie hoch und weit springen sie bei der Ausführung? Sind sie dabei stylish? Da gibt es riesige Unterschiede: Zwei Fahrer können denselben Trick machen, aber dabei ganz unterschiedlich aussehen. Das bringt natürlich eine Schwierigkeit mit sich: Style ist immer auch Geschmackssache – dem einen gefällt dies, dem anderen das. Deshalb gibt es immer mehrere Judges, damit es insgesamt ausgewogen bleibt – normalerweise sind es drei oder fünf, plus Head Judge, das ist meistens mein Job.
Auch wichtig ist Abwechslung: Variieren die Fahrer mit ihren Tricks innerhalb ihres Runs und zeigen sie, dass sie mehrere Variationen desselben Tricks beherrschen? Bringen sie im zweiten Run eine andere Trick-Kombination als im ersten? Wer zwei Mal das Gleiche zeigt, bekommt dafür im zweiten Run Abzüge. Als Head Judge bin ich derjenige, der die anderen Judges überwacht. Ich sehe, welche Punktzahlen die anderen abgeben und kann dann eingreifen, wenn ich eine außergewöhnliche Abweichung beobachte.
Der Druck
Natürlich ist da auch eine Menge Druck. Die Events werden mittlerweile meistens live übertragen, im Fernsehen oder über Webcasts. Das heißt, dass du schnell sein musst, denn das ist natürlich alles durchgetaktet, damit es keine Pausen gibt und für die Zuschauer die Spannung erhalten bleibt. Nach einem Run hast du 30 bis 45 Sekunden Zeit, bis die Wertung rausgehen muss. Man muss also sehr konzentriert und fokussiert und in der Lage sein, Dinge sehr schnell aufzunehmen, zu verarbeiten und ohne Zögern Entscheidungen zu treffen. So ein Run dauert ja manchmal nicht mal eine Minute, in der aber zehn Tricks oder so gezeigt werden.
Manchmal sind Fahrer von unseren Entscheidungen natürlich angepisst und fühlen sich ungerecht bewertet. Es geht für sie ja manchmal auch um viel Preisgeld. Aber wir machen unsere Entscheidungen transparent, und meistens kann man den Leuten, die sich beschweren, ganz gut erklären, wie die Bewertungen zustande kommen. Da hilft es sicher auch, dass wir uns alle gut kennen und uns gut verstehen. Ich komme insgesamt gut damit zurecht, auch Urteile zu fällen, die einigen nicht gefallen. Man muss sich als Judge einfach sehr sicher sein, was man tut und braucht Selbstbewusstsein und Vertrauen in die eigene Entscheidungskompetenz. Dafür ist auch die immer weiter wachsende Professionalisierung gut: Früher waren die Judges manchmal irgendwelche Freunde der Fahrer, die grade zufällig auch da waren. Heute legen die Event-Organisatoren viel Wert auf gute Judges und investieren dafür auch das nötige Geld, um gute Leute zu bezahlen.
Die Atmosphäre
Ich mag den Job, auch wenn er bisweilen stressig ist. Du hast den besten Platz bei den Events und kannst alles sehen und dir die Show anschauen. Ich mag generell die Atmosphäre: Man kann viel reisen, ist auf Events, wo Leute ihrem Sport nachgehen und die Szene sich trifft und gemeinsam Spaß hat. Die meisten Leute, mit denen ich zu tun habe, sind auch meine Freunde und haben einen ähnlichen Lebensstil. Ich wäre nicht der Typ für einen Nine-to-Five-Job. Ich habe das mal versucht – hat genau zwei Monate lang funktioniert.
Der Weg
Das erste Mal habe ich 2005 in Kanada als Judge gearbeitet. Ich war BMX-Profi und war dort für einen Contest angemeldet, verletzte mich aber kurz vorher. Und dann fragten sie mich, ob ich nicht judgen wollte. Ich hatte den Flug ja schon gebucht. Das war mein erster Judging-Job.
Wirklich los ging es dann ein paar Jahre später: Ich arbeitete als Judge bei einem größeren Mountainbike-Event und bekam daraufhin mehr und mehr Anfragen, machte da wieder einen guten Job und bekam einen guten Ruf.
Während dieser Zeit verlagerte sich mein Arbeitsschwerpunkt ohnehin: Ich fuhr noch professionell BMX, hatte aber begonnen, für Contests Kurse und Rampen zu designen und zu bauen. Dadurch hatte ich weniger Zeit für Training und machte mein Geld mehr und mehr mit dem Bauen von Kursen und der Arbeit als Kampfrichter.
Ich wuchs in die Sache dann einfach rein. Es gibt ja keine Ausbildung oder irgendwelche Prüfungen. Vor allem damals nicht, als ich anfing. Mittlerweile gibt es Workshops für angehende Judges: zwei Tage, wo man die Standards vermittelt bekommt. Das ist mittlerweile Voraussetzung, um zum Beispiel BMX-Contests des Internationalen Radsport-Verbands judgen zu dürfen. 2020 wird BMX ja auch olympisch sein.
Man muss als Judge nicht selbst der perfekte Fahrer sein und alle Tricks beherrschen. Wenn ich alles könnte, was die Jungs machen, wäre ich selbst noch Profi. Ich habe auch schon mit Leuten gearbeitet, die extrem gut selbst fahren konnten, aber als Judges nicht zurechtkamen. Und umgekehrt kenne ich Judges, die selbst nicht sehr gut fahren, aber ihre Arbeit großartig machen. Trotzdem sollte man natürlich selbst mal aktiv gefahren sein, um richtig einschätzen zu können, wie schwer Tricks sind und so weiter.
Das Geld
Was man verdient, hängt natürlich sehr von den einzelnen Events ab. Manche zahlen mehr, andere weniger, und bei einer Veranstaltung über fünf Tage gibt es vielleicht weniger Geld pro Tag als bei einer Veranstaltung, wo man nur für einen Tag Arbeit anreisen muss. Normalerweise liegt der Tagessatz, den ich bekomme, zwischen 300 und 500 Euro. Je nach Saison verdiene ich mit Judgen also in manchen Monaten gar nichts, und manchmal sind es 3000 oder 4000 Euro. Nur vom Judgen kann ich also nicht leben. Auf so vielen Events kann ich gar nicht arbeiten. Das würde ich auch gar nicht wollen, denn wenn ich das jedes Wochenende machen würde, könnte ich mir vorstellen, dass es mich irgendwann langweilen würde
Die Frage, die auf Partys immer gestellt wird
Die meisten, die mit dem Sport gar nichts zu tun haben, können nicht glauben, dass man damit wirklich sein Geld verdienen kann, und fragen erst mal: Was, das ist wirklich ein Job? Und dann wollen sie wissen, wie ich da hingekommen bin.