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Das ABC des Ersti-Seins

Foto: CU73 / photocase.de

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A wie Ausschlafen

Wirst du ab jetzt immer können. Denn du bist jetzt Student. Es sei denn, du beachtest die → Nie-vor-zehn-Regel nicht.

B wie  Bibliothek

Eine der größten Fehlannahmen von Studienanfängern ist der Glaube an die Bibliothek als Lernort. Viel wichtiger ist ihre Funktion als Laufsteg, Treffpunkt mit Freunden (→ Teambuilding) und Quell für → Jodel-Geschichten). Um dort effektiv zu arbeiten, musst du die Disziplin eines nordkoreanischen Soldaten haben. Und selbst dann hast du noch nicht all die komplexen Suchmaschinen, Kopier-Regeln und die bibliotheksinternen Fachbegriffe ( → Handapparat) verstanden. Ist während des Corona-Lockdowns leider derzeit oft geschlossen oder nur mit Online-Reservierung zugänglich.

C wie CT

Abkürzung für „Cum Tempore“, was wiederum alter Akademiker-Slang für „Lass dir Zeit“ ist. Die Veranstaltung beginnt um Viertel nach 12, auch wenn 12 Uhr da steht. Gewöhnst du dich schneller dran, als dir lieb ist – beziehungsweise: als den Menschen lieb ist, die du im Leben außerhalb der Uni jetzt auch 15 Minuten warten lässt. Gilt auch für Zoom-Veranstaltungen. 

D wie Deadlineprobleme

In der Schule gab es noch einen Lehrer, der dir gesagt hat, wann du was zu tun hast. Jetzt nicht mehr. Du musst selbst entscheiden, wie lange vor Abgabe deiner ersten Seminararbeit du loslegen musst. Was bedeutet: Du legst zu spät los. Um da falschen Hoffnungen gleich mal vorzubeugen: Nein, das wird nicht mit der Zeit besser. Wenn du im ersten Semester zu spät dran warst, wirst du bei deiner Abschlussarbeit immer noch zu spät dran sein.

„Du wirst auch bald so cool sein. Oder zumindest alt“

E wie Ersti-Komplex

Als Mensch im ersten Semester gehört man einer besonderen Spezies an. Es gibt keine Zweitis oder Drittis. Alle Nicht-Erstis sehen also automatisch unfassbar alt und erfahren und cool aus. Und gefühlt gucken sie ein bisschen auf die „süßen Erstis“ herab. Aber mach dir nichts draus, du wirst auch bald so cool sein. Oder zumindest alt.

F wie Fachschaft

Schwierig. Einerseits sind das die Menschen, die du sehr dringend brauchst: Weil sie dich vertreten, weil du bei ihnen die Prüfungsklausur vom vergangenen Semester bekommst und das Vorlesungsskript, das du verloren hast. Außerdem organisieren sie die Partys deines Fachbereichs, weshalb sie – wenn sie diesen Job gut machen – auch ein Hauch von Verruchtheit und Coolness umweht. Zumindest geben sie dir auf der Party einen Schnaps aus, wenn du dich mit ihnen gut stellst ( → Leberwerte). Andererseits sind sie halt oft auch die Oberstreber deines Studiengangs. Was heißt, dass der Hauch von Verruchtheit schnell wieder verfliegt, wenn du mal eine Weile in ihrem Fachschaftszimmer verbracht hast und Zeuge der dortigen Gespräche wurdest.

G wie Gruppenarbeit

Gehört zu jedem zweiten Seminar dazu. Das Problem: Entweder ihr versteht euch so gut, dass ihr vor lauter Lachen nicht zum Arbeiten kommt. Oder du musst alles alleine machen. Das Zwischenmaß zu finden ist schwierig, aber nicht unmöglich. Am besten suchst du deine Gruppenpartner sowohl nach Sympathie als auch nach Fachkenntnis aus. Oder du hast beim → Teambuilding Glück gehabt und jetzt einen Haufen Menschen um dich, mit dem du dich auf allen Ebenen so gut verstehst, dass die Gruppenarbeit sich kaum anders anfühlt als ein Freitagabend in einer eurer WGs. Auch, wenn das derzeit leider oft nur virtuell möglich ist.

H wie Handapparat

Dozenten – vor allem die älteren, die sich E-Mails noch von ihren Sekretärinnen ausdrucken lassen – sagen komische Sätze und nutzen Begriffe, die außerhalb einer Uni keine Sau kennt ( → CT) und die einen als Ersti denken lassen, in einer sehr seltsamen Welt gelandet zu sein. Einer dieser Sätze lautet: „Den Aufsatz, den Sie bis zur nächsten Stunde lesen, finden Sie im Handapparat.“ Meint nichts anderes, als dass der Dozent schon in einem extra Regal in der → Bibliothek alle wichtigen Sache für deinen Kurs gesammelt hat.

I wie Ikea

Ort, an den alle Erstsemester irgendwann müssen. Und deshalb einziges Argument für das Leben als → Zuhausewohner

J wie Jodel

Mit der App bist du besser über den Tratsch an deiner Uni informierst als Gala-Leser über die Details zur Trennung von Brangelina. Mit Jodel verpasst du garantiert keine → Wohnheimparty und weißt Bescheid, wenn auf dem Uniklo mal wieder benutzte Kondome gefunden wurden. Aber Vorsicht: Je kleiner die Stadt, in der du studierst, desto eher kommt man darauf, wer hinter den anonymen Jodel-Geschichten steckt.

K wie Karten-Overkill

Mit dem Studienbeginn ändert sich auch der Inhalt deines Geldbeutels: Du musst dort jetzt allerlei Kartenkram einsortieren: Semesterticket, Studienausweis, Karte für die Mensa, Karte für die Uni-Bibliothek, Karte für die Staatsbibliothek, Karte für den Kopierer, Unisport-Ausweis,... Aber: Gib dir nicht zu viel Mühe bei der Sortierung, nach der ersten → Wohnheimparty hast du eh deinen Geldbeutel verloren und musst alles neu besorgen.

L wie Leberwerte

Auf die solltest du achten. Im ersten Semester musst du normalerweise ständig auf Partys (→  Wohnheimparty) gehen und dein Studentenleben zelebrieren. Und „nur auf ein Bier“ in die Kneipe zu gehen, klappt eher selten. Durch Corona werden die Partys derzeit oft nach Hause verlegt – zum Beispiel mit Teledrinking.

M wie Mensamagen

Zusammenfassender Ausdruck für den Zustand deines Verdauungstraktes nach dem Verzehr eines durchschnittlichen deutschen Mensagerichts. Das darin enthaltene Frittierfett beschäftigt deinen Magen jetzt für für zwei bis drei Stunden und legt dich entsprechend lahm. Leider muss man da der günstigen Preise wegen durch, wenn man grade keine Gelegenheit hat, zwischen den Veranstaltungen auf eine Portion → Penne mit Ketchup heimzufahren.  

„Menschen, die vor zehn Uhr eine Uni-Veranstaltung besuchen, sind entweder krasse Streber oder die Oberverplaner“

N wie Nie-vor-10-Regel

Menschen, die vor zehn Uhr eine Uni-Veranstaltung besuchen, sind entweder krasse Streber oder die Oberverplaner, die den Tag der Seminarplatz-Vergabe verpennt haben und deshalb nehmen mussten, was übrig blieb. Normale Studenten wirst du da nicht treffen, denn die müssen ja → ausschlafen.

O wie O-Woche

Da solltest du unbedingt hingehen und sei es virtuell. Hat oft mit Alkohol zu tun (→ Leberwerte). Hier erfährst du auf jeden Fall, wo es normalerweise das günstigste Bier gibt und kannst gleich deine Kommiliton*innen auf Coolness auschecken. Tiefer gehende Gespräche wirst du hier eher nicht führen.

P wie Penne mit Ketchup

Je weiter sich der Monat dem Ende zuneigt, desto öfter wirst du dieses Gericht essen. Pizza bestellen oder Döner essen ist dann nicht mehr drin. In solchen Momenten wirst du die → Zuhausewohner beneiden und dir vornehmen, endlich kochen zu lernen. Andererseits ist dieses Gericht der Inbegriff von Freiheit. Endlich darfst du dich ungesund ernähren, weil keine Mutti dich mehr zwingt, ihren Brokkoli zu essen.

Q wie Quälgeist

Eine Person dieser Sorte wird dir in jedem Seminar begegnen. Wenn sie den (virtuell) Finger in die Höhe reckt und der Dozent ihr Schnipsen nicht länger ignorieren kann, kannst du getrost eine Viertelstunde lang weghören. Es folgt: ein ausufernder Monolog. Halte dich von dem Quälgeist besser fern (→ Teambuilding).

„Das Sekretariat ist der Mittelpunkt der Welt“

R wie Raumsuche

Fällt coronabedingt derzeit aus. Aber auch zuhause kann man es schaffen, 15 Minuten nach → CT, zu merken, dass man im falschen Zoom-Meeting ist. 

S wie Sekretariatzentrisches Weltbild

Theorie aus der Organisationssoziologie, die in etwa besagt: Das Sekretariat ist der Mittelpunkt der Welt. Dieses Weltbild solltest du dir ab sofort zulegen, wenn du an der Uni überleben willst. Glaubste nicht? Dann überleg mal, wer der Typ ist, der auch noch einen Tag nach der → Deadline seine Hausarbeit im Sekretariat abgibt und damit durchkommt: Derjenige, der die Damen im Sekretariat (empirisch sind es immer noch nur Damen) immer überheblich wie Luft behandelt hat? Oder derjenige, der sich mal Zeit für ein "Wie gehts?" und eine kleine Frage zum Griechenlandurlaub (empirisch ist es immer Griechenland) der Damen genommen genommen hat?

T wie Teambuilding  

Vielleicht wichtigster Prozess des ersten Semesters: eine Gruppe von Leuten finden, mit denen man sein Studium über rumhängt. Deshalb am besten Augen auf am ersten Uni-Tag! Mit den Menschen, die du an diesem Tag triffst, wirst du mit großer Wahrscheinlichkeit die ersten Wochen deines neuen Studentenlebens verbringen. Da eine Gruppe von Vollhonks zu erwischen, macht diese Wochen zur Qual, bei richtiger Auswahl wird daraus vielleicht mal eine gute → Gruppenarbeit oder sogar eine ewige Freundschaft hervorgehen. Die Menschen, mit denen du gerne deine Zeit verbringen möchtest, findest du am besten, indem du bei der → O-Woche vom klassischen Small-Talk-Schema abweichst.

U wie Urlaub

Mit Interrail durch Europa, Fahrradtour in Schweden, Kurzurlaub in Paris. Nie wieder wirst du so viel Zeit für Urlaub haben wie während deines Studiums – theoretisch. Häufigstes Problem, wenn man nicht gerade in einer weltweiten Pandemie lebt: das Geld. Da Ausgehtechnisch allerdings gerade ja eh kaum etwas los ist, kannst du dir, wenn du weiter → Penne mit Ketchup isst, ein gutes Urlaubsgeld zusammensparen.

V wie Vorstellungsrunde

Spätestens bei der Ersti-Veranstaltung deiner → Fachschaft wirst du zu peinlichen Spielen gezwungen. Überleg dir am besten schon mal ein Adjektiv, das mit dem gleichen Buchstaben anfängt wie dein Vorname. Und deine Skills im Zeitungsschlagen zu trainieren, schadet sicher auch nicht.

W wie Wohnheimparty

Die darfst du dir nicht entgehen lassen, wenn sie denn endlich wieder starten! Selbst wenn dein Fahrrad platt ist und die Busse streiken – dann läufst du eben. Wohnheimpartys sind die besten von allen: Keine Anzeigen wegen Lärmbelästigung (alle feiern mit) und niemand springt erschrocken auf, wenn du Rotwein übers Sofa kippst (undefinierbare Flecken hat das zur Genüge).

X wie Xylophon

Musikinstrument, das im ersten Semester wenig bis keine Relevanz hat. Warum auch. Es sei denn natürlich, man studiert Musik mit Haupt- oder Nebeninstrument Xylophon.

Y wie Yoga

Im Unisport kannst du endlich all die Dinge ausprobieren, auf die du schon lange neugierig bist – zum Beispiel Yoga. Das hilft gegen die Zerrung, die du dir beim Tanzen auf der → Wohnheimparty geholt hast. Und wenn du in der ersten Klausurenphase zum gereizten Stressbündel mutierst, bringen dich die Yogaübungen wieder zurück in den Chillmodus. Geht glücklicherweise auch im Gruppencall zuhause.

Z wie Zuhausewohner  

Die haben es normalerweise nicht leicht, denn so richtig geht das Studentenleben erst los, wenn Mama nicht mehr fragt, wann man abends nach Hause kommt. Und den attraktiven Menschen auf der Party zu einem One Night Stand im eigenen Kinderzimmer zu überreden – eine Aufgabe für deutlich Fortgeschrittene. Aufgrund der aktuellen Situation kann zuhause wohnen gerade aber ein Vorteil sein – da hat man zumindest ein paar Menschen in der Nähe, die man kennt.

Hinweis der Redaktion: Dieser Text erschien das erste Mal am 17.10.2016 und wurde am 29.10.2020 aktualisiert. 

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