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Sieben Finanzbücher gegen Brainrot

Illustration: FDE

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Ist man offiziell erwachsen, wenn die ersten Kontogebühren fällig sind? Was haben Heels mit der Wirtschaftslage zu tun?  Warum gehört der so genannten Gen Z nichts mehr? In ihrer Kolumne „Cash, Card oder Krise“ geht Lilian Schmitt den großen Finanzfragen ihrer Generation nach. Folge 3: Mit sieben Büchern die Finanzbildung selbst in die Hand nehmen. 

Es ist wieder diese Zeit: Draußen wird es früh dunkel, Kerzen brennen, und es beginnt die gemütliche Lesezeit. Man kann auch sagen: die Cozy Season. Für mich heißt das in diesem Herbst weniger Doomscrolling. Das ziellose Scrollen durch Reels oder Tiktok-Videos auf dem Handy will ich reduzierend und stattdessen mehr Bücher lesen.

Passenderweise habe ich einen entsprechenden Trend auf Tiktok entdeckt: User:innen stellen ihr eigenes „Curriculum“ zusammen, also einen privaten Lehrplan. Er besteht aus Büchern, Essays oder Artikeln, die sie aus reiner Neugier lesen wollen, ohne Uni- oder Schul-Kontext. Eine Auswahl zu treffen kann tricky sein. Gerade in der Finanzszene gibt es unzählige nichtssagende Ratgeber und Selbstdarsteller. 

Los geht’s mit den Basics: konkrete Anleitungen, die direkt bei persönlichen Finanzen ansetzen und Finanzbildung greifbar machen.

1. Finanzfluss, „Das einzige Buch, das du über Finanzen lesen solltest“

Der Titel klingt größenwahnsinnig, aber das Buch hält, was es verspricht. Thomas Kehl und Mona Linke von der Plattform „Finanzfluss“ erklären ETFs, Aktien und Sparpläne. So, dass ich nach einem Nachmittag wirklich verstanden habe, wie man langfristig Vermögen aufbaut und Denkfehler erkennt. Die wichtigste Lehre, die ich sofort unterschreiben würde: Finanzbildung ist kein Hexenwerk. Wer die Basics kennt, schützt sich schon vor den größten Fehlern. 

2. Aya Jaff, „Money Makers“

Next up: ein weiterer Bestseller. Die Autorin und Unternehmerin Aya Jaff war Mitte 20, als sie ihr Debüt schrieb und Finanzbildung für die junge Generation neu erzählte. Statt lexikaler Abhandlungen oder abstrakter Modelle enthält das Buch Antworten auf typische Fragen: Was passiert eigentlich an der Börse? Wieso gründen Menschen Unternehmen? Und wie kann ich das verstehen ohne Wall-Street-Hintergrund? Es geht nicht darum, reich zu werden, lautet die Philisophie der Autorin. Sondern darum, Finanzen selbst in die Hand zu nehmen. Jaff zeigt, wie wir unsere Haltung zu Geld und Wirtschaft entwickeln und Entscheidungen bewusst treffen können. Basics altern nicht und „Money Makers“ war eins der ersten Bücher, das mir die Angst vor dem großen Buzz-Word „Finanzen“ genommen hat. 

3. Morgan Housel, „Psychologie des Geldes“

Wir glauben oft, Finanzen sind reine Mathematik: Regeln, Formeln, Excel. In Wirklichkeit entscheiden wir über Geld nicht rational, schreibt der Autor Morgan Housel. Entscheidend sei, wie sich ein Mensch in Stresssituationen verhält. Seine Botschaft: Wer Geduld hat, nicht bei jedem Crash panisch verkauft und seine eigenen Muster kennt, steht langfristig besser da als die, die jede Zahl auswendig lernen. Damit stellt er das klassische Money-Mindset, dass es reicht, die Regeln zu kennen, auf den Kopf. Doch selbst die beste Psychologie schützt nicht davor, dass Märkte von Politik und globalen Machtverschiebungen abhängen. Wer das größere Bild sehen will, landet bei Geopolitik.

4. Ray Dalio, „The Changing World Order“

Das Buch macht klar, dass nicht nur wir selbst über unsere Finanzen entscheiden, sondern auch Machtkämpfe zwischen Staaten, Währungen und Systemen. Der Hedgefonds-Gründer Ray Dalio zieht Parallelen zur Geschichte, beschreibt den Aufstieg und den Fall von Nationen und legt dar, warum die Spannungen zwischen China und den USA unsere Zukunft mitprägen werden. Wer also verstehen will, warum Börsen nicht nur auf Stimmungen, sondern auch auf Weltpolitik reagieren, findet hier den Rahmen dafür.

5. Dan McCrum, „House of Wirecard“

Nicht nur auf TikTok gibt es Scams, sondern auch beim Deutschen Aktienindex (DAX). Dan McCrum, Journalist bei der Financial Times, recherchierte jahrelang zu Wirecard, bevor der Milliardenbetrug 2020 aufflog. In House of Wirecard erzählt er seine Geschichte. Liest sich wie ein Thriller, ist aber wirklich passiert: Politiker schauten weg, Aufseher prüften nicht genau, Journalisten ließen sich täuschen. McCrum wurde wegen seiner Recherche sogar bedroht. Für alle, die mit ihrem Curriculum nicht ganz hinterherkommen, gibt es als Alternative eine Dokumentation, in der auch Dan McCrum selbst auftritt.

6. Hilary Allen, „Driverless Finance“

Blicken wir mal in die nahe Zukunft. KI, Krypto und Robo-Advisors werden unseren Alltag deutlich erleichtern - oder etwa nicht? In „Driverless Finance“ schreibt die Professorin Hilary: Die gleichen Tools, die uns effizienter machen sollen, könnten im Ernstfall in Minuten das Chaos lostreten. Allen fordert Regulierung, die nicht hinterherläuft, sondern vorausschauend agiert. Etwa durch strengere Lizenzen oder digitaler Aufsicht, die Algorithmen überwacht. Die Lehre: Innovation kann nicht nur Lösung sein, sondern auch Brandbeschleuniger.

7. Andreas Eschbach, „Eine Billion Dollar“

Keine Lust auf Sachbücher in der Cozy Season? Dann kommt hier ein Roman. Andreas Eschbach erzählt in „Eine Billion Dollar“ von 2001 die Geschichte von John Fontanelli, einem Pizzafahrer, der plötzlich ein riesiges Vermögen erbt. Laut einer Prophezeiung soll er damit die Menschheit retten. Das klingt nach Sci-Fi, der Roman hat aber einen realistischen Kern und spielt in den Neunzigerjahren, was dem Ganzen so einen Retro-Charakter gibt. Gleichzeitig liefert der Roman mehr als nur Spannung: Immer wieder verbaut Andreas Eschbach Einschübe, die die Theorie hinter der Geschichte erklären. Zum Beispiel wie sich Geld über den Zinseszins vermehrt und welche Macht Finanzmärkte haben. Das wirkt an den Stellen wie eine Vorlesung, verwandelt aber die Story in eine Mischung aus Unterhaltung und Crashkurs. Die Theorieeinschübe auf den 896 Seiten können sich beim Lesen etwas trocken anfühlen. Doch wer dranbleibt, wird mit einer packenden Story belohnt.

Das ist mein Curriculum gegen Brainrot: Sieben Bücher für einen Herbst, in dem nicht nur die Blätter fallen, sondern auch die Ausreden, sich mit Geld nicht zu beschäftigen. Aber das ist nur eine Auswahl: Wenn euer Curriculum (oder auch meines) für diesen Herbst nur aus einem Buch besteht, zählt das trotzdem.

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