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Londons Bürgermeister will Verbrechen aus Misogynie als Hassverbrechen behandeln

Sadiq Khan bei der Vorstellung seiner Kampagne zur Wiederwahl als Bürgermeister von London
AFP / Fotograf: JUSTIN TALLIS

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Der internationale Frauentag soll ja eigentlich ein Anlass sein, darüber nachzudenken, ob Frauen auf der Welt wirklich gleichberechtigt sind. Und wenn nicht, was man dagegen tun könnte. Einer, der sich das offenbar zu Herzen genommen, oder zumindest ein hohes Interesse an den Wählerstimmen von Frauen hat, ist der Londoner Bürgermeister Sadiq Khan. Bei einer Debatte auf dem Women of the World Festival vergangenen Freitag sagte der Labour-Politiker, er wolle sich dafür einsetzen, dass Taten mit misogynem Hintergrund im Vereinigten Königreich als Hassverbrechen ein Straftatbestand werde. Misogynie bezeichnet, vereinfacht gesagt, die Verachtung von Frauen, meist durch Männer. Aktuell ist es in Großbritannien so, dass der Straftatbestand „Hassverbrechen“ sich auf Verbrechen gegen Menschen wegen ihrer Behinderung, Herkunft, Religion, sexuellen Orientierung oder Transsexualität bezieht. Diese vorurteilsbehafteten Verbrechen werden gesondert erfasst und verfolgt.

Ob auch der Hass auf Frauen in diese Liste aufgenommen werden sollte, darüber diskutiert derzeit eine von der Regierung beauftragte Kommission. Es wird allerdings erwartet, dass diese nicht vor 2021 zu einem Ergebnis kommt. Die Fawcett-Society, eine britische NGO, hatte 2019 mit einer Studie für Aufregung gesorgt, die besagt, dass die meisten Hassverbrechen gegen Frauen aufgrund ihres Geschlechts verübt werden.

Am 7. Mai wird wiederum in London ein*e neue*r Oberbürgermeister*in gewählt. Eine von Khans Konkurrentinnen, Mandu Reid von der „Women’s Equality Party“, kritisierte deshalb bereits, dass er den Zeitpunkt seiner Ankündigung strategisch gewählt habe. Sie selbst begrüße zwar, Verbrechen mit misogynem Hintergrund als Hassverbrechen zu bewerten, damit würde man aber nicht grundsätzlich Sexualverbrechen gegen Frauen verhindern. Auch für eine echte Gleichberechtigung müsse der Bürgermeister noch einiges mehr unternehmen, zum Beispiel den Gender-Pay-Gap schließen. Einer Umfrage im November 2019 zufolge sieht alles nach einer Wiederwahl für Khan aus.

„Als stolzer Feminist finde ich es einfach inakzeptabel, dass Frauen in dieser Stadt diese niederschmetternden Verbrechen erleben“

Im genauen Wortlaut sagte Khan zum Thema Frauenhass: „Die Sicherheit aller Londoner Bürgerinnen und Bürger ist meine erste Priorität. Als stolzer Feminist finde ich es einfach inakzeptabel, dass Frauen oder Mädchen in dieser Stadt diese niederschmetternden Verbrechen erleben“. Tatsächlich gab es in London zwischen 2011 und 2018 einer Studie zufolge einen Anstieg der Fälle von häuslicher Gewalt um 63 Prozent, dabei waren Dreiviertel der Opfer Frauen.  

In Deutschland wird Hasskriminalität übrigens als politisch motivierte Straftat definiert, deren zu vermutendes Motiv beim Täter in der „politischen Einstellung, Nationalität, Volkszugehörigkeit, Rasse, Hautfarbe, Religion, Weltanschauung, Herkunft, sexuellen Orientierung, Behinderung, [im] äußeren Erscheinungsbil[d] oder [im] gesellschaftlichen Status“ liegt.  Das Geschlecht des Opfers wird dabei ebenfalls nicht explizit erwähnt, was vom Juristinnenbund kritisiert wird.

chha

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