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Wie Teenager uns allen Sex-Nachhilfe geben

Foto: Screenshot Netflix

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Kann ein 16-Jähriger Erwachsenen Sex-Nachhilfe geben? Kann man von ihm lernen, wie das Liebesleben besser wird? Eher nicht, würde man meinen. Und deshalb käme man auch zunächst nicht auf die Idee, dass „Sex Education“, die neue Erfolgsserie von Netflix, ist, was sie ist: ziemlich lehrreich. Sie mag auf den ersten Blick wirken, wie eine Serie voller Teenie-Sexproblemchen. Aber sie ist viel mehr.

Hauptperson der britischen Eigenproduktion ist der 16-jährige Otis. Er ist in der Serie zwar selbst noch Jungfrau, aber er hat eine Sexpsychologin zur Mutter. Er kennt sich also unfreiwilliger Weise verdammt gut aus. Das nutzt er, um Geld zu verdienen: Er hilft seinen Mitschülern bei ihren Sex-Problemen in einer Art Therapiestunde – und kann dabei auch uns Zuschauern jede Menge beibringen. Und zwar Folgendes:

1. Wir sitzen alle im selben Boot

Die vielleicht offensichtlichste, aber auch wichtigste Message der Serie ist: Wirklich jeder hat ab und zu Schwierigkeiten beim Sex. Das ist uns aber nicht immer bewusst, wenn wir selbst mit Herausforderungen zu kämpfen haben. Denn wir reden nicht wirklich darüber – vielleicht beim Kaffee ein verlegener Scherz oder ab und zu mit engen Freunden, wenn sich die Situation ergibt. Wer stellt sich auch schon gern in die breite Öffentlichkeit und posaunt seine intimsten Probleme in die Welt? Bei allen anderen scheint doch auch immer alles perfekt zu klappen. In romantischen Filmen zum Beispiel: Zack, boom, verliebt, bester Sex des Lebens. Oder sogar in Pornos: rein, raus, alle kommen.

In der Realität ist das aber meistens einfach anders, da muss man sich dann plötzlich mit Hindernissen wie Erektionsstörungen oder Komplexen beschäftigen und erst einmal auf die Suche danach gehen, was man beim Sex wirklich will. „Sex Education“ hilft auf charmante Art und Weise zu verstehen, dass das überhaupt nicht schlimm ist und wir damit auch nicht alleine sind. Kein Grund also, sich überfordert oder einsam zu fühlen – wir alle, unabhängig von Alter und Erfahrung, müssen uns hin und wieder Herausforderungen stellen, wenn wir mit jemandem schlafen.

2. Darüber zu sprechen, hilft

 

Auch wenn Otis in der Serie ein Talent dafür besitzt, anderen bei ihren Anliegen zu helfen, klappen die Therapiestunden anfangs nur mäßig. Erst als er mit seinen „Patienten“ direkt von Angesicht zu Angesicht spricht, können sie sich öffnen. Und spätestens dann wird klar: Über seine Probleme zu sprechen, macht alles besser – und das ist definitiv eine Sache, die wir uns endgültig merken sollten.  Die Serie zeigt beispielsweise einen ziemlich selbstverständlichen Umgang mit Homosexualität und Fetischen. Denn erst, wenn wir es schaffen, offen darüber zu reden, lassen sich Lösungen finden, und wir erkennen vielleicht, dass die Situation gar nicht so schlimm ist, wie wir anfangs dachten.

Doch immer noch sind, auch in unserer sexuell aufgeklärten Gesellschaft, viele Themen ein Tabu. „Sex Education“ greift auf eine unkomplizierte Art diese Problematiken auf und will einen Diskurs anregen. Ein Mädchen in der Serie kämpft zum Beispiel mit Vaginismus, bei dem sich die Vagina auf schmerzhafte Weise zusammenkrampft, bis teilweise nicht einmal mehr ein kleiner Finger reinpasst. Viele betroffene Mädchen und Frauen schämen sich, davon zu erzählen, aber schätzungsweise sollen bis zu 15 Prozent aller Frauen weltweit darunter leiden – it’s a thing, also sprecht darüber!

3. Um Sex wirklich zu verstehen, muss man nicht viel Erfahrung haben

Otis ist 16 Jahre alt und Jungfrau, keine große Sache. Die Vorstellung, dass er anderen Gleichaltrigen bei ihren Sexproblemen erfolgreich helfen kann, ist allerdings schon etwas befremdlich und auf jeden Fall bemerkenswert. Irgendwie schafft er es, immer wieder auf eine Ebene zu schlüpfen, auf der er die Lage überblicken kann und die wahren Ursachen der Probleme erkennt. Und die liegen viel mehr im Kopf, als im Körper. Einem Mädchen, das nur im Dunkeln mit ihrem Freund schlafen will, macht er verständlich: Erst wenn du dich selbst magst, wirst du das Ganze genießen können. Einem Mitschüler, der sich für seinen Penis schämt, hilft er zu verstehen: Feier dich selbst! Und erst durch Otis’ Tipps begreift eine Freundin, dass der Sex nicht nur ihrem Partner gefallen muss, sondern besonders auch ihr selbst.

Wir merken uns also: Relaxe, alles fein. Je weniger Druck, desto besser. Und das ist doch mal ein Tipp, den wir uns alle, egal wie alt, jederzeit zu Herzen nehmen dürfen.

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