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Serien, mit denen wir uns besser fühlen

Fotos: busdriverjens / photocase / Bob Ross Company / Collage: jetzt.de

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Man kann nicht immer gut drauf und glücklich sein. Manchmal ist man wütend, gestresst oder traurig. Was dann hilft? Die richtige Serie, die man sich immer wieder anschauen kann, oder dieser eine Film, der einen glücklich macht! Wir haben aufgeschrieben, welche das bei uns ist.

„Full House“

Das Gute an „Full House“ ist, dass es in einer heilen Welt spielt, der man einen ganz, ganz winzig kleinen Bruch verpasst hat. Nämlich, indem die Mutter gestorben ist und Vater Danny Tanner nun gemeinsam mit seinem Schwager Jesse und seinem besten Freund Joey seine drei Töchter DJ, Steph und Michelle großzieht. Der winzige Bruch in der heilen Welt ist genau so viel, wie ich ertragen kann, wenn ich nicht gut drauf bin. Ganz heile Welt ginge auch nicht, dann würde ich aggressiv werden oder noch trauriger. Aber so ist es perfekt. Und zugleich herrlich vorhersehbar: Immer gibt es irgendeinen Konflikt (DJ findet sich zu dick, Jesse will aus der Familienwelt ausbrechen und wieder wilder Musiker sein, Steph leidet darunter, das mittlere Kind zu sein etc.), der am Ende damit gelöst wird, dass sich alle sehr, sehr lieb haben. Es gibt im Hause Tanner einfach genug Liebe, um alle Probleme damit zu lösen oder wenigstens zu überdecken. Und dann will Danny alle umarmen und alle lassen es geschehen, obwohl es sie zuweilen sehr nervt. Bonus: „Full House“ ist voller schrecklicher Frisuren und anderer modischer Verirrungen der späten Achtziger- und frühen Neunzigerjahre. Wenn mal wieder eine Pointe nicht zündet (was öfter der Fall ist), kann man immerhin darüber lachen. Insgesamt ist alles auf eine solch radikale Art seicht und weit weg vom eigenen Leben, dass man eben jenes darüber sehr gut vergessen kann. In einer besonders argen Trennungsphase habe ich das getestet und alle 192 Folgen mehr oder weniger am Stück durchgebinget. Tanners statt Tinder – ich kann das wärmstens empfehlen.

Die Brenner-Verfilmungen mit Josef Hader

Josef Hader wird in „Komm, süßer Tod“ von einem Wahnsinnigen fast mit Autogasen erstickt, überlebt knapp und zündet sich nach seiner Rettung sofort eine Zigarette an. Eine Szene, die symbolisch für die Art steht, mit der Hader alias Simon Brenner mit Problemen umgeht. Die ganze Brutalität, Banalität, Bösartigkeit der Welt kommt regelmäßig auf ihn nieder, aber er nimmt es hin. Ohne zu weinen, ohne zu lachen, aber mit Humor. Sehr schwarzem Humor. Dabei ist er nie der übercoole, übermenschliche Superheld, dem das eh alles irgendwie nichts anhaben kann, sondern ein Anti-Held, hinter dessen lakonischen Kommentaren sehr viel Empathie und Gefühl steckt. Der sich mit den Außenseitern und Schwachen solidarisiert, der ständig einsteckt, verprügelt wird, der blutet, der seinen kleinen Finger verliert, den man mit kochendem Wasser bis zum Tod verbrühen will, der in „Silentium“ ein Kreuz durch die Gänge eines Klosters schleppt, mit ihm die Treppe hinunterstürzt und davon fast erschlagen wird, der in „Das ewige Leben“ kein Bankkonto hat, arbeitslos, nicht sozial- und krankenversichert ist und das im Arbeitsamt als „schlechte berufliche Phase bezeichnet“.  

Kurzum: Geht es einem schlecht, muss man sich diese Verfilmungen der Wolf-Haas-Krimis mit Josef Hader schauen (oder die famose David-Schalko-Serie „Der Aufschneider“, in der er einen Pathologen spielt). Hader nimmt einem in diesen Filmen das emotionale Elend, das man manchmal mit sich rumschleppen muss, eine zeitlang ab. Weil es ihm noch viel schlechter geht und er sich davon nicht unterkriegen lässt. Er bekommt stellvertretend für uns eine aufs Maul. Das ist irrsinnig befreiend. Und saulustig. Danke, Josef Hader! 

„The Joy of Painting“ mit Bob Ross

Es gibt kaum etwas beruhigenderes für mich, als zu sehen, wie Bob Ross ein Bild malt und dabei mit tiefer, flüsternd-ruhiger Stimme erklärt, was genau er da eigentlich macht.  Wenn der inzwischen verstorbene US-Amerikaner mit dem unverkennbaren Afro auf der Leinwand seine eigene Welt kreiert und dabei sanft seine Zuschauer motiviert, selbst auch mal den Pinsel zu ergreifen, dann tauche ich ein die - manchmal etwas kitschige - Landschaft und vergesse für eine knappe halbe Stunde den Alltag um mich herum. So lange dauert es nämlich immer, bis Bob sein Gemälde vollendet hat. Ich habe noch nie auch nur ansatzweise versucht, selbst ein Landschaftsbild zu malen, aber die Art und Weise, wie Bob Ross einem veranschaulicht, dass man jederzeit seine eigene, friedliche Welt erschaffen könnte, hat eine beruhigende Wirkung. Bäume sind nie alleine, denn „everybody needs a friend“ und komplizierte Pinselbewegungen sind auch nicht nötig, „just push it“. In Bob Ross’ Welt machen wir keine Fehler, „we just have happy little accidents“. Diese Lebenseinstellung sollten wir mitnehmen in unseren Alltag, das kann vieles erleichtern. Man kann die Nass-in-Nass-Technik banal finden und die Motive trivial, aber seine Weisheiten sind ermutigend und zaubern einem ein Schmunzeln ins Gesicht. Vielleicht versuche ich mich tatsächlich eines Tages als Landschaftsmaler. Bis dahin aber weiß ich, dass ich jederzeit Bob Ross bestaunen kann, wenn ich mal gestresst oder wütend bin. God bless, my friends.

„Grey’s Anatomy“

Seit Jahren schaue ich immer „Grey’s Anatomy“, wenn es mir schlecht geht, denn wenn diese Serie etwas vermittelt, dann dies: Anderen Menschen geht es noch viel schlechter als dir. Zum einen sind da die Patienten, alle mit den seltensten Krankheiten, die so gut wie nicht zu diagnostizieren sind und in geschätzt 30 Prozent der Fälle zum Tod führen. Diese Menschen haben so unfassbar viel Pech. Sie haben Fische in Penissen, wurden von Metallstangen durchbohrt, haben unkontrollierbare Orgasmen (das kann man jetzt als Pech oder als Glück bezeichnen), sind einbetoniert, wurden von Löwen angefallen, haben ihren eigenen Zwilling im Mutterleib absorbiert oder sind mit der Hand in den Fleischwolf gekommen. Zum anderen gibt es diese Gruppe von jungen Ärzten, die so viele Schickssalsschläge abbekommt, dass es eine ganze Nation umhauen könnte. Meredith Grey, die Hauptdarstellerin, überlebt einen Flugzeugabsturz, hält eine scharfe Bombe im Inneren eines Patienten, ertrinkt einmal eigentlich, stirbt fast bei der Geburt ihres Kindes, wird von einem anderen Patienten beinahe zu Tode geprügelt, ist toxischem Blut ausgesetzt, sagt einem Irren, er solle sie erschießen um andere zu schützen und... ich bin mir sicher, ich hab die Hälfte vergessen. Ich will nicht alles spoilern, aber diverse Menschen, die sie liebt, sterben und gefühlt jeder zweite in diesem Krankenhaus hat einen Hirntumor.

Gleichzeitig hat jeder was mit jedem, alle finden aber früher oder später die große Liebe und alle sehen unfassbar fantastisch aus, während sie mit bloßen Händen alle zwei Minuten Blutfontainen, die aus verschiedensten Körperteilen spritzen, zuhalten. Ich meine WHAT THE F***, wie kann es einem da nicht besser gehen? Und das Wichtigste ist: Es gibt mittlerweile 15 Staffeln. Und sollte das wirklich noch nicht reichen, gibt es auch noch zwei Spin-offs mit insgesamt nochmal sieben Staffeln. Bis man mit all dem durch ist, ist so viel Zeit vergangen, dass man direkt wieder von vorne anfangen kann.

„Gilmore Girls“

Mit dem Intro geht es schon so unfassbar tröstlich los, dass ich gar nicht weiß, ob es noch weiterer Erklärungen bedarf: „Where you lead/ I will follow/ anywhere that you tell me to/if you need/ if you need me to be with you/ I will follow where you lead.“ Ich singe. Wirklich. Ich singe wieder. Denn die „Gilmore Girls“ erinnern mich immer wieder daran, wie es war, mit zwölf auf der Couch zu liegen und mit meiner Schwester eine Decke zu teilen. Wir summten gemeinsam zum Intro und freuten uns dann über eine Rory, die so war, wie wir immer sein wollten. Die hatte einfach alles. Vor allem: viele Bücher, einen todessüßen Freund und eine Mutter, die wir für ihre Verrücktheit anbeteten. In dieser Welt war alles einfach. Da hatte man gute Freunde, nie Geldprobleme und wirklich wenig nennenswerte Probleme. Da konnten Mutter und Tochter so viel essen wie sie wollten, ob auswärts oder zuhause: Täglich gab es bei ihnen Burger, Asiatisch in Boxen und Süßigkeiten en masse. Die „Gilmore Girls“ zeigen mir auch heute noch eine Welt voll Liebe, Wortwitz und Schrulligkeit. Sie beamen mich direkt zurück an den gemütlichsten Ort der Welt und verusachen nichts in mir als die schönsten aller Tagträume – von einem Leben, das trotz vermeintlicher Krisen einfach unfassbar schön ist.

„New Girl“

Wenn Winston eine seiner Panikattacken bekommt, die Klamotten vom Körper zerrt und schweißüberströmt am Boden liegt, dann senkt sich mein Puls und die Bettdecke fühlt sich gemütlicher an. Wenn Schmidt einen Macho-Spruch nach dem anderen dropt und sein ganzes Geld ins Arschlochglas stecken muss, dann gräbt sich mein Kopf immer weiter ins nassgeheulte Kissen, so als wäre da gar kein Bett mehr darunter, nur noch Federn. Wenn Nick wütend an der Spüle herumfuhrwerkt und dabei mehr kaputt macht, als repariert, dann werden meine Lider langsam schwer und ich hab schon fast vergessen, warum ich traurig bin. Aber die Lider fallen trotzdem nicht zu, weil ich mich immer mal wieder wach kichere und da ja auch noch Jess ist und ihre piepsige Stimme, die nur Naives von sich gibt. Also liege ich vor dem Laptop, den ich erst vor zehn Minuten angeschalten habe, in einem deliriumhaften Zustand, unbekümmerter als man es sein kann, heule ein bisschen und bin glücklich.

Elizabeth Meriwether, die Drehbuchautorin von New Girl hat für mich eine Beruhigungs-Erheiterungsdroge geschrieben. Und zwar aus einem einfach Grund: den supergeilanstrengenden Charakteren, die sie geschaffen hat. Jeder dieser Idioten ist fehlerhaft und zwar volle Kanone, keine Social-Media-Perfectness, keine Selbstoptimierung, einfach rohes und echtes und bedeppertes Mensch-Sein. Das tut so gut. Und weil man jeden von ihnen deswegen immer wieder nervig findet, ihn aber gerade dafür krass lieb hat, beginnt man auch, sich für seine Fehler lieber zu haben und Freunde und Eltern und überhaupt: jeden. Und irgendwie weiß man dann, dass man gar nicht so scheiße ist und die Welt gar nicht so scheiße ist und alles wieder gut werden wird.

 

„The Good Wife“

Wenn man denkt, das eigene Leben sei scheiße - einfach dem von Alicia Florrick zuschauen. Die ehemalige Vorstadtmutti stellt fest, dass ihr Mann, ein prominenter Jurist, sie mit einer (oder mehreren?) Prostituierten betrogen hat. Da er jetzt auch noch wegen Korruption im Knast sitzt, muss sie wieder als Anwältin arbeiten gehen - und parallel ziemlich viel Scheiße ertragen. Dabei ist die Serie ähnlich wie „Grey's Anatomy“ aufgebaut - nur halt für Jura und Alicia Florrick hat immerhin noch ein paar mehr Tassen im Schrank als Meredith Grey. In jeder Folge wird ein mehr oder minder abstruser Rechtsfall gelöst und parallel treiben es alle miteinander. Die Serie ist perfekt, da man sie je nach Gemütslage plätschernd oder höchstkonzentriert schauen kann: Als ich wegen meiner Schwangerschaft gerade noch so die Dynamik eines auf dem Rücken liegenden Käfers hatte, reichte mir der Soap-Anteil vollkommen um mich von der ewigen Warterei abzulenken. Braucht das Hirn allerdings doch mal wieder Arbeit, lernt man viel über das Amerika des 21. Jahrhunderts. Die Optik der Serie ist dabei eher so Fernsehen der 90er Jahre. Aber auch das ist nicht weiter schlimm. Wer nach sieben Staffeln à 22 Folgen noch nicht genug von Verbal-Prügeleien im Gerichtssaal hat, kann auch noch das Spin-Off „The Good Fight“ anschauen. Denn ähnlich wie im echten Leben, will auch das Seriendrama nie so recht enden.

Es gibt Serien, die wir mögen – aber auch Serien, die wir uns wünschen:

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