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Horrorparty: Wenn der Schwarm mit einer anderen knutscht

Schorsch hat sich für Vanessa statt für unsere Autorin entschieden. Doch nicht nur deswegen war der Abend ein Reinfall.
Illustration: jetzt

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Man vergisst leicht, dass Feiern nicht immer nur spaßig ist. In dieser Serie erzählen wir deshalb von den schlimmsten Partys, auf denen wir in unserem Leben waren. Viel zu viel Alkohol, grässlich langweilige Verwandte, emotionale Tiefpunkte – es gibt ja viel, das eine Feier vermiesen kann. Falls du selbst von einer schlimmen Party erzählen willst: Schreib uns eine Mail an info@jetzt.de!  

Horrorstufe: 7/10

Center of Attention: Tränen und ein knutschendes Liebespaar 

Trinkverhalten: Es ging um Liebe, nicht um’s Saufen!

Ich war 15 Jahre alt und schwer verknallt – in Schorsch. Schorsch war schlaksig, hatte blonde Wuschelhaare und trug vor allem weiße T-Shirts und Shorts. Aber viel wichtiger noch als das: Er war Single, im Gegenteil zu mir, die seit ein paar Monaten mit ihrem ersten Freund zusammen war. Der hat bis heute keine Ahnung von meiner damaligen Schwärmerei, denn Schorsch lernte ich bei einem Schüleraustausch nach England kennen, bei dem mein Freund nicht dabei war. 

Mein damaliger Partner war aber nicht der einzige Grund dafür, dass das mit Schorsch und mir nichts wurde. Der Abend, der mir endgültig klar machte, war ein sonntäglicher DVD-Abend im kleinen Gastfamilienzimmer eines Mädchens aus unserer Gruppe. Vor Ort: Meine Freundin Theresa und ich, Schorsch und sein bester Freund Lukas, außerdem noch ein paar andere Menschen, von denen ich nur noch Vanessa deutlich vor meinem inneren Auge sehe. 

Denn Vanessa hatte es wie ich auf Schorsch abgesehen. Sie war ein Jahr älter als wir, hatte braune Locken und ein gesundes Selbstbewusstsein, um das ich sie beneidete. Wir alle redeten seit Beginn des Austauschs ständig darüber, wer auf wen stehen könnte, waren heiß auf Knutschen und Händchenhalten und aufregendere Dinge, und dazu noch hoffnungslos romantisch. Einige Pärchen hatten sich schon gebildet und alle wussten, dass Vanessa und ich Schorsch gut fanden. Dass Schorsch Vanessa besser fand als mich, wurde bei besagtem DVD-Abend deutlich.

„Ich sah im Spiegelbild, dass Schorsch seine Entscheidung getroffen hatte“

Das Setting war folgendermaßen: Ein langgezogenes Zimmer, in dem jeweils an einer Wand zwei schmale Betten standen, auf denen wir uns drängten. Hinter dem Fernseher hing ein Spiegel, dem eine tragende Rolle zukam. Denn über diesen konnten wir einander gut beobachten, ohne offensichtlich zu starren. Ich sah im Spiegelbild, dass Schorsch seine Entscheidung getroffen hatte: Vanessa und er lagen Arm in Arm auf dem Bett, ab und zu unschuldig knutschend. Grausam für mein Teenagerinnen-Ich: Ich bekam vorgeführt, dass sich mein Schwarm für eine andere entschieden hatte – und zwar vor Menschen, die wussten, dass ich auch auf ihn stand. Ich war eifersüchtig und fühlte mich ungenügend. Und immer, wenn ich in den Spiegel schaute, sah ich die beiden. 

Die anderen dagegen sahen im Spiegelbild: mich, heulend. Allerdings nicht, weil ich wütend, verletzt und traurig war, sondern (und mir ist bewusst, dass das nach der schlechtesten aller Ausreden klingt), weil ich was im Auge hatte. Wirklich! Ein kleines Sandkorn hatte sich unter meinem Lid festgebissen und sorgte dafür, dass alle dachten, ich sei wirklich am Ende. Ich wurde rot, schniefte und wischte. Niemand fragte, was los sei – denn natürlich dachten alle, der Grund für meinen Zustand seien offensichtlich Schorsch und Vanessa, so innig ineinander verschlungen, kaum zwei Meter von mir entfernt. Peinlichkeits-Level: sehr hoch, schon jetzt. 

Irgendwann mussten meine Freundin Theresa und ich zum Bus, wir verabschiedeten uns. Und hörten kurze Zeit später vor dem Haus stehend durch das geöffnete Fenster, wie die anderen mitleidig über mich redeten. Am liebsten wäre ich sofort abgereist. Nie wieder habe ich so inbrünstig und wütend gesagt, dass ich ja schließlich schon vergeben sei und sowieso niemand anderen nötig hätte. (Dass das kein Argument gegen Fremdverknallen und Liebeskummer ist, weiß ich heute besser). 

Am nächsten Tag erzählten Theresa und ich allen, die fragten, wieso ich denn geheult hätte, ich hätte nur was im Auge gehabt. Ob sie das geglaubt haben, weiß ich nicht. Ich sah Schorsch nach diesem Austausch nie wieder. Mit meinem damaligen Freund war ich danach noch eine Weile zusammen, die Trennung hatte andere Gründe. Doch ich gebe zu: Ich habe mich mindestens ein kleines bisschen gefreut, als ich irgendwann erfahren habe, dass Schorsch und Vanessa es nicht lange miteinander ausgehalten haben. 

* Unsere Autorin ist mit ihrem damaligen Freund noch immer befreundet. Damit es keinen Streit gibt, bleibt sie hier anonym, ist der Redaktion aber bekannt.

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