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4100 Euro brutto für die Apothekerin

Foto: Privat/Bearbeitung: SZ Jetzt

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Katarzyna wollte schon immer wissen: Wie kann eine Tablette zum Beispiel dein ganzes Bewusstsein verändern? Welche Prozesse finden im menschlichen Körper bei Medikamenteneinnahme statt? Mit der Zulassung zum Pharmaziestudium hat es zunächst nicht geklappt. Aber nach ein paar Semestern Chemie konnte Katarzyna doch noch in ihr Traumfach wechseln. Seit Anfang des Jahres ist sie Apothekerin.

Welche Fragen ich auf Partys gestellt bekomme 

„Die Frage, die immer zuerst kommt, ist natürlich: ‚Kannst du XY klarmachen?’ Häufig fragen die Leute nach Betäubungsmitteln oder Cannabis, oft sicher im Scherz. Am Anfang habe ich darüber noch gelacht, aber mittlerweile bin ich ein wenig müde davon geworden. Obwohl man als Apotheker:in schon von ‚How to sell Drugs offline (fast)’ sprechen kann. Aber eben auf legaler Ebene.”

Wie mein Alltag als Apothekerin aussieht 

„Als Apotheker:in arbeitet man oft in Schichten. Wenn ich die Frühschicht habe, die offiziell in meiner Apotheke um acht Uhr morgens anfängt, bin ich meistens ungefähr eine Viertelstunde früher da, um den Laden für die Öffnung vorzubereiten. Dann stehe ich vormittags erstmal vorne beim Verkauf und berate die Kund:innen. Später am Tag stehe ich für Beratungstermine bereit, führe kleinere Untersuchungen wie Blutdruckmessung oder Schutzimpfungen durch und mache zum Beispiel auch Medikationsanalysen. Das heißt, Kund:innen können nach Terminvereinbarung zu mir kommen und wir besprechen gemeinsam ihre Medikation.

In der Apotheke vergeht jeder Tag wie im Flug, es gibt so viele unterschiedliche Aufgaben: Verkauf, Beratung, Bürokratie, Dienstleistungen wie Blutzucker- und Blutdruckmessung. Viele wissen zudem nicht, dass die meisten Apotheken auch Vaterschaftstests durchführen. Allein der Kundenkontakt ist sehr abwechslungsreich. Wir haben eine Kundin, die uns gerne kleine Aufmerksamkeiten schenkt, Schokolade und Selbstgebasteltes mit Glitzer und Schmetterlingen.

Wenn Ärzte Rezepturen verschreiben, die es nicht als Fertigprodukt gibt, müssen wir sie in der Laborküche selbst herstellen. Sorgfältige Arbeit ist hier sehr wichtig, daher arbeiten wir hier nach einem Vier-Augen-Prinzip: Alles wird nochmal kontrolliert. Der Alltag in einer Apotheke kann auch mal chaotisch werden. Umso wichtiger ist genaue Kommunikation im Team. Ich arbeite in einem sehr familiären und vertrauten Umfeld, was ich schön finde.”

Was der Job mit meinem Privatleben macht 

„Wenn mir jemand in einem lockeren Gespräch erzählt, er:sie hat Ibuprofen vor dem Essen und nicht danach eingenommen –  das entsetzt mich! Durch den Beruf wird man bei solchen Dingen sehr sensibel. Und ich stehe im Drogeriemarkt schon mal länger am Kosmetikregal und schaue mir die Inhaltsstoffe der Produkte genauer an, als es andere vielleicht tun würden. Dann weiß ich, okay, das Produkt enthält Mineralöle, das lasse ich dann stehen.”

Wie ich zum Job gekommen bin 

„Mich hat Pharmazie schon früh fasziniert, zum Beispiel wie Pillen dein ganzes Bewusstsein verändern können. Und ich wollte immer einen Beruf, mit dem ich Menschen helfen kann.

Die Berufsbezeichnung ‚Apotheker:in’ ist geschützt: Um ein Pharmaziestudium kommt man nicht rum. Insgesamt sind es vier Jahre Studium und drei Staatsexamina: zwei Jahre Grundstudium, dann folgt das erste Staatsexamen, danach zwei Jahre Hauptstudium und das zweite Staatsexamen. Im Grundstudium lernt man viele naturwissenschaftliche Dinge, im Hauptstudium dann vermehrt medizinisch-pharmazeutische, zum Beispiel die Herstellung von Cremes und Tabletten, klinische Pharmazie und auch Kräuterkunde. Danach muss man ein praktisches Jahr absolvieren und schließt dann mit dem dritten Staatsexamen ab.

Die Berufsmöglichkeiten danach sind vielfältig: Außer bei Apotheken kann man bei Krankenkassen, Krankenhäusern oder bei einem Pharmaunternehmen arbeiten, an einer Ausbildungsschule unterrichten oder in die Forschung gehen.”

Welche Eigenschaften ich für den Job brauche 

„Ich hätte gerne vorher gewusst, wie wichtig Kommunikationsgeschick, Psychologie und Menschenkenntnis sind. Im Studium lernt man dazu nichts. Deswegen kann ich allen, die sich für den Beruf interessieren, nur empfehlen, sich mit diesen Themen frühzeitig zu beschäftigen.

Außerdem sollte man ein gewisses Organisationstalent mitbringen, da man viele Abläufe in der Apotheke gleichzeitig koordinieren muss. Genauso wichtig sind Sorgfalt und Geduld. Man kann nicht einfach mal sagen ‚passt schon’. Es muss alles akribisch genau sein. Vor allem bei der Medikamentenherstellung kommt es auf jedes Mikrogramm an, sonst kann das gravierende Folgen haben. Ein ruhiges Händchen ist auf jeden Fall von Vorteil, das kommt aber auch mit der Zeit.

Besonders wichtig ist Empathie, weil der Beruf sehr viel mit Menschenkontakt zu tun hat. Schüchtern sollte man nicht sein, gerade bei intimen Angelegenheiten.”

Vorstellung vs. Realität 

„Ich bin überrascht, was man sich manchmal von Kund:innen anhören muss. Konkret denke ich da an eine Situation, dass mir mit einer Anzeige gedroht wurde, weil ich etwas ohne Rezept nicht abgeben wollte – was ich nicht darf. Und in einer Apotheke fällt mehr bürokratische Arbeit an, als ich erwartet habe. Trotzdem ist der Beruf sogar schöner als in meiner Vorstellung, weil mir die Arbeit mit Menschen so viel gibt.”

Wie viel ich verdiene

„Als angestellte:r Apotheker:in wird man in der Regel nach Tarif vergütet: Es fängt bei 3895 Euro brutto im Monat im ersten Berufsjahr an. Mit der Berufserfahrung kann das Gehalt auf bis zu 5000 Euro brutto im Monat steigen. Es gibt eigentlich kaum Abweichungen in der Bezahlung zwischen den Apotheken in Deutschland. Es kann sein, dass man unterschiedlich verdient, wenn man im ländlichen Raum arbeitet oder in einer Großstadt wie ich. Da verdiene ich 4100 Euro brutto im Monat. Es ist auf jeden Fall genug, um ausgehen und in Urlaub fahren zu können, ohne groß aufs Geld schauen zu müssen. Sollte ich doch mehr verdienen wollen, kann ich als Apothekerin auch in die Industrie, also in ein Pharmaunternehmen wechseln.”

Wann ich Medikamente nicht rausgebe

„Einmal wollte eine Person Nasentropfen haben, hat aber dazu gesagt, dass sie das für die Augen benutzen wolle. In so einem Fall darf man die Abgabe auch verweigern. Oder wenn jemand bestimmte Medikamente in einer sehr hohen Menge kaufen will. Generell gilt: Wenn ein Rezept vorliegt, dann müssen wir das Produkt auch herausgeben. Wenn der Verdacht auf Missbrauch herrscht, dann rufen wir den:die Ärzt:in an, die das Rezept ausgestellt hat und halten Rücksprache. 

Gerade bei Medikamenten, die bekannterweise schnell abhängig machen, muss man genauer hinschauen: Wie oft holt die Person eine neue Ration? Welche:r Ärzt:in hat das Rezept ausgestellt oder könnte es sogar gefälscht sein? Es kann sich schließlich auch um organisierte Kriminalität handeln. In solchen Fällen sagen wir: ‚Das haben wir gerade nicht da, aber wir können es gerne für Sie bestellen – nennen Sie uns dafür bitte ihre Telefonnummer?‘ Solche Fälle sind aber wirklich eine Ausnahme.”

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