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800 Euro für den DJ

Foto: privat / Illustration: Manuel Kostrzynski

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Der Job

Als DJ muss man gut im Nachtleben vernetzt sein. Ich arbeite neben dem Auflegen auch als Veranstalterin und mache Partyreihen in Mannheim und Stuttgart, da stehe ich ab und zu auch an der Bar. Ich lege seit zwei Jahren Hip-Hop auf und arbeite dabei viel mit afrikanischen und brasilianischen Einflüssen. DJ sein ist heute schon einfacher geworden als früher. Die Technik ist zugänglicher, du brauchst keine zigtausend Platten oder Plattenspieler mehr. Wenn du mit einem elektronischen DJ-Controller, also mit einem Mixer und MP3-Dateien, anfängst aufzulegen, kommst du da ziemlich schnell rein. Dadurch gibt es gerade unglaublich viele DJs, die in Clubs auflegen wollen. Man muss sich auf diesem Markt erstmal behaupten, es braucht einige Zeit, bis man sich einen Namen gemacht hat und einen die Leute ernst nehmen.

Wie ich das Auflegen gelernt habe

Ich bin schon immer gerne tanzen gegangen, aber meistens wurde auf Partys einfach nie die Musik gespielt, die so wirklich meinen Geschmack getroffen hat. Dann haben zwei Freunde von mir angefangen aufzulegen und ich hatte Bock, das mal selbst zu probieren. Als ich dann genug Geld zusammen hatte, habe ich mir einen DJ-Controller gekauft. Ein paar Monate später war ich auf einer Hausparty. Die Musik dort war gar nicht geil und hat keine Stimmung gebracht. Dann habe ich spontan aufgelegt und alle sind ausgerastet. Das Gefühl fand ich so geil, dass ich gesagt habe, das will ich ab jetzt machen. Nach ein bisschen Übung habe ich mit Freunden angefangen, eine Hip-Hop-Partyreihe zu veranstalten. Dann kam die zweite Partyreihe dazu. Seitdem werde ich auch von anderen Clubs für ihre Partys gebucht.

Auflegen als Frau

Als Frau braucht man länger, um als DJ ernstgenommen zu werden. Typen kommen auf Partys oft her und erzählen mir, welchen Song ich spielen soll. Ich finde das krass übergriffig – ich erzähle denen ja auch nicht, wie sie ihren Job machen sollen. Einmal kam einer nach meinem Gig her und sagte: „Hätte ich nicht gedacht, war aber schon geil.“ Dann hat er mir einen Schein als Trinkgeld in die Hand gedrückt. Es kommt auch vor, dass Typen mir in den Mixer greifen. Das geht natürlich gar nicht. Generell gehört es aber leider zum Job, dass alle immer denken, sie könnten es besser als du. Das erlebt jeder DJ, das hat nichts mit Frau oder Mann zu tun. Ich lege auch nicht bestimmte Songs auf, weil ich eine Frau bin, mir geht es um die Musik. Das Wort DJane mag ich übrigens nicht, das hat sich so eingebürgert, hat aber nichts mit dem Auflegen an sich zu tun. Der Beruf heißt Disc-Jockey – also DJ.

Die Musik

Auf meinem Rechner habe ich gerade fast 10 000 Songs, die ich bei einem DJ-Set spielen könnte. Es gibt Songs, die spiele ich jeden Abend und es gibt Songs, die spiele ich einmal in fünf Gigs. Ich plane aber auch vor jeder Veranstaltung, wie die Stimmung sein soll und welche Musik ich spielen will. Die Musik hole ich mir meistens über iTunes oder kaufe mir gleich die ganze CD. Ich sehe mich nicht als Künstlerin. Um als DJ wirklich als Künstler zu gelten, sollte man schon auch eigene Musik produzieren. Trotzdem sehe ich mich auch nicht als Dienstleisterin, denn in meiner Arbeit steckt sehr viel von meinem eigenen Geschmack mit drin und dadurch auch sehr viel Leidenschaft.

Ein typischer Arbeitsalltag

Der Alltag hängt davon ab, ob ich gebucht werde oder meine eigenen Partys veranstalte. Bei eigenen Partys bin ich die erste Person im Club, baue auf, mache Deko und rede mit der Tür oder der Bar über den Ablauf des Abends. Dann geht es los, erstmal läuft entspannte Musik, bis die Leute ankommen. Es hängt dann alles von der Stimmung ab. Wenn die Leute abgehen wollen, geht es ab. Wenn man extern als DJ gebucht wird, kommt man erst zum Soundcheck in den Club, alles steht bereit, dann stöpselt man seine Elektronik ein und fängt an, Musik zu spielen. Was viele vergessen, ist die Zeit, die man tagsüber mit dem Job verbringt. Man sucht stundenlang Musik und bereitet sie für den Club vor. Ich sortiere daheim in Playlisten vor, sodass ich bei einem Set immer die richtigen Songs parat habe.

Das Geld

Der Verdienst ist tatsächlich immer unterschiedlich. Viele Veranstalter und Barbesitzer kenne ich, da spiele ich dann auch für weniger Geld. In einer Bar nehme ich meistens nur 100 bis 150 Euro, obwohl ich da die ganze Nacht spiele. In Clubs bekommt man am Anfang auch nicht mehr, mittlerweile habe ich aber Bookings, die zwischen 250 und 400 Euro liegen. Im Monat komme ich damit im Durchschnitt so auf 800 Euro netto.Wenn man mehr Gigs im Monat spielt, kann man davon sehr gut leben. Ich arbeite aber nicht nur als DJ, ich bin auch als Veranstalterin tätig und manage einen Künstler aus Mannheim. Das Auflegen ist also nicht meine einzige Einnahmequelle. Mit zwei bis drei Stunden am Abend auflegen ist der Job übrigens nicht getan. Die Vorbereitung braucht extrem viel Zeit und das meiste Geld steckt man dann wieder in neue Musik, die man sich für die nächsten Gigs kauft.

Das Privatleben

Dadurch, dass ich meistens bis 6 Uhr morgens wach bin, muss ich meine Woche sehr genau planen. Auch wenn ich beim Auflegen meistens nichts trinke, bin ich nach einem dreistündigen Set total im Arsch. Dann sollte am nächsten Tag besser nicht viel anstehen. Es kommt auch vor, dass ich donnerstags, freitags und samstags auflege. Dann bin ich am Sonntag meistens tot und mache mein Handy aus. Man hat zwar äußerlich als DJ immer Spaß und feiert, aber trotzdem ist man voll fokussiert und muss einen Club voll mit Leuten unterhalten.

Die Motivation

Ich will, dass die Leute bei meinen Gigs das Gefühl kriegen, dass sie tanzen und aussehen können, wie sie Bock haben. Ich finde es auch cool und überhaupt nicht störend, wenn Leute mich fragen, wie ein bestimmter Song heißt. Das ist ja ein Kompliment an meine Arbeit und mich freut es, wenn die Menschen durch mich neue Musik kennenlernen.

Die Frage, die auf Partys immer gestellt wird

Wenn ich sage, dass ich auflege, sind alle erstmal ungläubig. Die meisten sehen das dann nicht als richtigen Job an und denken, ich mach nur Party. Wenn ich dann erzähle, dass ich schon auf einem Festival gespielt habe, Gigs in Berlin und Düsseldorf hatte und selbst  zwei Partyreihen veranstalte, dann nehmen die Leute mich auch eher ernst und finden meinen Job cool.“

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