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1600 Euro brutto für die Köchin

Fotos: Privat / freepik / Collage: jetzt.de

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Der typische Arbeitstag

Wir fangen immer um 9 Uhr morgens an. Zuerst machen wir Spülmaschinen und Grills an, damit die vorheizen können. Wenn Gemüse oder Fleisch gekommen ist, räumen wir es ins Kühlhaus. Dann ziehen wir uns um. Der Kochtag ist im Grunde in zwei Teile gegliedert: Zuerst die Vorbereitung, die Mise en Place. Da schneidet man das Gemüse, kocht Kartoffeln vor, wir müssen die Saucen ansetzen, Salat waschen, Nudeln kochen, Schmorgerichte zubereiten, Brot backen, damit alles schnell geht, wenn die Gäste da sind. Aber die Qualität muss natürlich trotzdem noch stimmen. Der zweite Teil ist der Service, wenn die Gäste da sind und man Essen anrichtet und rausschickt.

Momentan mache ich die Beilagen zu den Gerichten. Die Aufgaben sind aufgeteilt, einer kocht nie alles alleine, sondern das Gericht wird gemeinsam angerichtet. Da muss das Team wie ein Uhrwerk funktionieren, alle müssen ihre Aufgaben erfüllen und richtig ausführen. Vergisst beispielsweise der Entremetier (zuständig für Beilagen) eine Komponente, kann das Gericht nicht fertiggestellt werden und der gesamte Ablauf kommt ins Stocken.

Normalerweise arbeiten wir bis etwa 14.30 Uhr, dann haben wir zwei Stunden Pause und dann geht’s weiter, bis alle bestellten Essen fertig sind, das ist meistens gegen 22 Uhr. Abends kümmern wir uns auch noch um die Bestellung von neuen Waren und schreiben To-Do-Listen für den folgenden Tag. Kartenänderungen, die Entwicklung neuer Gerichte, all das passiert neben dem normalen Küchenbetrieb.

Die Ausbildung

Am Anfang darf man in der Küche nur mithelfen, das heißt Kartoffeln schälen, Gemüse schnippeln, spülen. Gerade das Spülen nervt natürlich am Anfang, aber man lernt viel über Hygiene und auch, wie man dem, der spült, das Geschirr am besten hinstellt. Dadurch entwickelt man auch ein Verständnis für die anderen Mitarbeiter und ihre Positionen.

Die Küche an sich ist aufgeteilt in mehrere Posten, in kleineren Restaurants sind meistens Gardemanger (Koch der kalten Küche) und Pâtisserie (Konditor), also die kalte Küche, zusammen. Da fangen die meisten Auszubildenden an. Da kommt es auf das Angebot der Küche an, welche Vorspeisen und Desserts es gibt. Meistens sind es Salate, Suppen, kalte Vorspeisenteller und Desserts. Manchmal darf man auch eigene Ideen einbringen.

Im zweiten Lehrjahr durfte ich dann bei den warmen Gerichten mithelfen.

In der Berufsschule hatten wir allgemeinbildende Fächer, wie Deutsch, Mathe und Sozialkunde. In Englisch haben wir Gemüsearten und Gerichte auf Englisch gelernt. Wir hatten auch das Fach „Kochen in der Theorie“. Da lernt man so Sachen wie: welche Fleischteile gibt es beim Rind, welche Geflügelarten gibt es, wie man Suppen zubereitet, welche Meeresfrüchte es gibt, welche Inhaltsstoffe in Gemüse sind, was passiert, wenn jemand eine Salmonellenvergiftung hat, und so weiter. Einmal in der Woche hatten wir auch praktischen Kochunterricht.

Die Freizeit

Bei diesen Arbeitszeiten ist es schon schwierig, ein ganz normales Alltagsleben zu haben. Ich versuche aber trotzdem, alte Freundschaften aufrechtzuerhalten und das klappt auch ganz gut, aber man muss sich wirklich darum kümmern. Während meiner Ausbildung haben mich Freunde auch im Restaurant besucht und waren dort essen oder haben mich abends abgeholt. Ich habe auch das Glück, ein gutes Team zu haben, wo eine kleine Clique entstanden ist. Insgesamt treffe ich mittlerweile schon häufiger auf Leute, die ebenfalls in der Gastronomie arbeiten.

Die Motivation

Nach dem Abi habe ich ein Jahr Freiwilligendienst in Frankreich gemacht. In der Normandie habe ich in der ökologischen Landwirtschaft gearbeitet und war zum ersten Mal richtig nah bei der Herstellung hochwertiger Lebensmittel dabei, das hat mir total gut gefallen.

Anschließend konnte ich für mich nicht den passenden Studiengang finden. Ich habe immer schon gerne gekocht und dann habe ich beschlossen, eine Ausbildung in einem Biorestaurant zu beginnen. Da konnte ich dann Kochen als Handwerk wirklich von Grund auf lernen.

Der Stressfaktor

Es kann schon sehr stressig sein, weil ich oft wenig Zeit habe und trotzdem ein gutes Ergebnis abliefern muss. Man muss sofort Leistung bringen und das Ergebnis sieht man unmittelbar. Das heißt, wenn ich etwas anbrennen lasse, dann muss ich es einfach nochmal machen.

Weil alles aufeinander abgestimmt sein muss, entsteht einerseits Stress und Druck, andererseits auch ein starkes Gemeinschaftsgefühl, weil man eng zusammenarbeitet und sich oftmals unterstützt und füreinander einspringt.

Das Klischee, dass man angeschrien wird, wenn etwas nicht klappt, habe ich noch nicht erlebt. Mein Küchenchef will natürlich, dass wir gute Leistung bringen, aber es ist auch okay, wenn ich mal etwas falsch mache.

Der größte Fail

In der Ausbildung war ich neu auf dem Beilagenposten, also der Bereich in der Küche, wo nur die Beilagen zubereitet werden. Ich hatte mich total darauf gefreut, aber dann war sehr viel zu tun und ich hatte gar keinen Überblick mehr. Ich hatte auf dem Herd den Topf mit Rotkohl vergessen und der war dann irgendwann komplett verbrannt. Das musste ich meinem Küchenchef beichten, der war richtig sauer. Man sollte nicht zu viele Sachen alleine machen, sondern einfach sagen, wenn man Hilfe braucht.

Dass man mal was Versalzenes rausschickt, kann immer passieren. Aber eigentlich sollte, bevor etwas auf den Teller kommt, immer nochmal probiert werden.

Das erste eigene Gericht

In der Ausbildung habe ich mit anderen Azubis Focaccia zubereitet.

Wir haben die Focaccia halbiert und an den Schnittflächen geröstet. Dazu kamen Tomaten mit ein bisschen Vinaigrette und ein Kräutersalat aus Petersilie, Minze, Dill, Schnittlauch und Basilikum mit Olivenöl, Salz und Pfeffer und ein Klecks selbstgemachten Ricotta. Das hat Riesenspaß gemacht, weil wir selber alles erarbeitet haben und es am Ende richtig lecker war.

Wenn ich ein neues Gericht lerne, dann muss ich zunächst herausfinden, wie der Idealzustand sein soll. Wenn ich davon eine Vorstellung habe, kümmere ich mich um die Zubereitung.

Die Beziehung zu den Gästen

Es gibt eigentlich keine Beziehung zu den Gästen, obwohl mir persönlich schon wichtig wäre zu wissen, wer die Gäste sind. Es ist echt schade, dass man in der Küche die Gäste nie sieht. Dadurch ist man irgendwie isoliert. Bei Sonderbestellungen zum Beispiel kommt der Service und sagt: „Bei Tisch sieben gibt es jemanden, der möchte zum Huhn lieber Nudeln statt Kartoffeln.“ Dann denkt man sich erst: Warum das denn? Ich bin dann erstmal genervt, weil es den Ablauf durcheinanderbringt. Aber wenn man diese Person sehen würde oder wüsste, wie sie danach gefragt hat, dann könnte ich mir vorstellen, dass ich das dann viel lieber machen würde.

Mich interessiert es auch, wer mein Essen isst und ich würde manchmal gerne selbst zum Tisch gehen und fragen, wie mein Essen geschmeckt hat.

Wenn Gäste das Essen ausdrücklich loben oder einen Gruß an die Küche ausrichten, geben das die Bedienungen eigentlich immer weiter. Wenn etwas also wirklich geschmeckt hat, lohnt es sich, das auch zu sagen, denn es kommt bei uns in der Küche an und wir freuen uns darüber.

Das Geld

Mein Bruttolohn ist momentan 1600 Euro monatlich als Einstiegsgehalt. Generell ist die Gastronomie nicht unbedingt die Branche, in der man reich wird. Sobald meine Probezeit beendet ist, wird das Gehalt erhöht. Wenn man in der Hierarchie nach oben steigt, verdient man natürlich mehr. Aber darum geht es mir momentan noch nicht, ich will hauptsächlich soviel wie möglich lernen.

McDonald's oder Döner

Ich esse schon manchmal gerne Pommes oder auch mal eine Pizza. Fast Food isst ja jeder irgendwann mal. Aber Mc Donald’s muss es nicht unbedingt sein. Ich bin nicht der totale Essens-Snob, aber ich merke inzwischen, dass es mich nervt, wenn ich irgendwo esse, wo es nur schlechtes Gemüse oder Obst gibt oder einfach die Zutaten nicht gut sind. Ich will in meiner Freizeit auch gerne gutes Essen haben.

Die Frage, die auf Partys immer gestellt wird

Die erste Frage ist eigentlich immer: „Echt?! Wie cool! Aber ist das nicht total stressig? Sind die Arbeitszeiten nicht total scheiße?“ Das ist die übliche Reaktion. Aber meistens kommt man danach sehr locker ins Gespräch, Essen oder besondere Geschmackserlebnisse sind eigentlich immer ein gutes Thema.

Manche fragen mich auch, wie ich gewisse Essen zubereite oder ob ich ihnen Tipps geben kann. Manchmal nervt es, immer über den Beruf zu reden aber grundsätzlich hab ich damit eigentlich kein Problem.

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