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Mädchen, wie findet ihr es, in reinen Jungsgruppen dabei zu sein?

Illustration: Daniela Rudolf

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Liebe Mädchen,

es gibt sie ja immer noch, die Mädchenabende und Jungsrunden. In denen Freundinnen sich treffen und ihre Freundinnen-Sachen besprechen oder Kumpels ihren Kumpelkram tun. Vor einer Weile hat es sich durch verschiedene Missverständnisse in Terminplanungen ergeben, dass ich fast bei einem dieser Freundinnen-Treffen als einziger Partner dabei gewesen wäre. Ist dann nicht soweit gekommen, weil irgendwer krank war und andere, weitere Missverständnisse dazu führten, dass der Termin verschoben wurde.

Interessant daran war aber das Gefühl, das sich bei mir einstellte, als im Raum stand, dass ich an besagtem Abend dabei sein würde. Ich war erstens ein bisschen stolz. Darauf, in einer Runde dabei sein zu dürfen, in der ich sonst nicht bin. Ein bisschen so wie früher, wenn man auf dem Schulhof plötzlich bei einer Gang stehen durfte, die einem bisher verschlossen gewesen war. Dass ich beim Essen mit den Freundinnen meiner Freundin dabei sein sollte, sagte mir: Hey, die mögen dich. Die akzeptieren dich wirklich. Die vertrauen dir.

Daraus wiederum entstand aber auch ein gewisser Druck: Würde ich mich als dieses Vertrauensvorschusses würdig erweisen? Würde der Abend ein netter sein, oder ein krampfig-seltsamer, weil ich da doch ein Fremdkörper sein würde, der die sonst eingespielten Mechanismen und Abläufe aus der Bahn werfen würde?

Macht euch das stolz oder ängstlich oder beides?

Ich hatte diese Gefühle wohl auch deshalb, weil ich aus der umgekehrten Situation Rückschlüsse ziehen wollte. Denn wenn eine Jungsgruppe einem Mädchen Zugang zu einem ihrer Treffen oder Ausflüge gewährt, kann die dazu Auserwählte das glaube ich durchaus als eine Art Ritterschlag werten. Als eben dieses Zeichen, für cool befunden worden zu sein. Als unmissverständlichen Hinweis darauf, nicht nur als Freundin eines guten Freundes irgendwie geduldet zu werden, weil der sich nun mal aus unverständlichen Gründen in sie veliebt hat, sondern wirklich als Mensch gemocht zu werden.

Was wir Jungs jetzt gerne wüssten: Wie findet ihr es eigentlich, in reinen Jungs-Runden dabei zu sein? Macht euch das stolz oder ängstlich oder beides? Seid ihr da vorfreudig und neugierig oder fühlt ihr euch davor wie auf dem Weg zu einer mündlichen Abschlussprüfung? Und wie findet ihr’s dann meistens eigentlich in dieser Jungs-Gruppe? Eher so affengehegemäßig oder doch ganz nett?

Mädchenantwort

Collage: jetzt.de

Liebe Jungs,

 

von jemandem, den man sehr mag, in eine Runde seiner engsten Freunde mitgenommen zu werden, ist immer super und ein Ritterschlag. Eh klar. Aber es stimmt schon, dass die beschriebene Situation eine Besondere ist: Wenn der Partner seine Kumpels trifft und sagt „Komm doch mit”, dann ist das noch mal extra-aufregend für uns. Weil das mit einer Statusänderung einhergeht. Oder besser gesagt: mit einer Status-Erweiterung. Vorher war man Freundin, Partnerin, Geliebte, so was alles. Und plötzlich ist man auch: Kumpel. Da denkt man natürlich: „Wow, dieser Mensch lässt mich in jeden seiner Räume, er hat mich immer gerne bei sich und ich kann anscheinend alles für ihn sein, in Personalunion!” Da fühlt man sich natürlich sehr geehrt. Und irgendwie ist das ja auch ziemlich romantisch.

 

Als Mädchen Einlass in Jungsrunden zu bekommen ist aber auch deswegen so besonders, weil es – noch mehr als der Junge in der Mädchenrunde – die Chance bietet, alten Rollen-Klischees zu widersprechen. Zum einen dem der nervigen Freundin, mit der der Typ ein anderer wird, ein weicher, kuschender – Achtung, Schlimmer-Ausdruck-Alarm – “Pantoffelheld”. Und zum anderen dem des Jungen, der mit seinen Kumpels ein harter Prolet ist, der mit Bier vorm Fernseher sitzt und die Spieler von Borussia Dortmund angrölt, obwohl die ihn ja gar nicht hören können.

 

Klar, kann sein, dass beide Klischees dann trotzdem erfüllt werden und die Freundin in der Kumpelrunde missmutig neben dem grölenden Freund sitzt und ihn anzickt. Aber normalerweise beweisen solche Konstellationen, in denen die reine Jungsrunde durchbrochen wird, dass Paare aus zwei Individuen bestehen und eine moderne Beziehung kein Gefängnis ist, sondern ein freiwilliger Zusammenschluss selbstständiger Menschen, die sich zufällig lieben.

Nun wolltet ihr aber auch noch wissen, wie es uns kurz vorm Eintritt in die Jungsrunde geht und was wir denken und fühlen, während wir da mit euch zusammensitzen. Kurz vorher überwiegt das Sich-geehrt-Fühlen. Dann kommt ein bisschen Nervosität dazu, weil man als einzige Frau einen Abend lang zwangsweise den weiblichen Teil der Menschheit repräsentieren wird, ob man nun will oder nicht.

 

Darum denkt man an die Rollenklischees und fürchtet, man könnte nachher doch noch irgendwas total „Mädchenmäßiges” machen, was ja (im Gegensatz zu vielen „jungsmäßigen” Sachen) meist eher negativ besetzte Dinge sind: giggelig werden wegen Schwips oder in Ohnmacht fallen oder so. Man will diese Situationen unter allen Umständen vermeiden, um bloß nicht auf das eigene Geschlecht reduziert zu werden. Man will die coole, toughe Freundin sein, von der die Freunde nachher anerkennend sagen, dass sie trinkfest sei und echt lustig. Ja, das ist furchtbar gefallsüchtig, wissen wir. Aber wir sind halt auch nur Menschen, gell?

 

Es gibt diesen Instinkt in uns, der uns warnt, wenn wir in eine Bar gehen und dann stehen da nur Männer

 

Treffen wir dann mit unseren zwei X-Chromosomen bei den XY-Kombis ein, ist das meistens ganz in Ordnung. Kommt halt auch auf die Jungs an, die da sind, und ob man die nun (geschlechtsunabhängig) nett findet oder nicht. Aber eins ist wohl doch noch kurz anders im Vergleich zum einzelnen Jungen in der Mädchengruppe: Viele von uns fühlen sich als einzige Frau im Raum oft erstmal leicht unwohl, ein bisschen … wie sagt man’s am besten … „bedroht”? Schon klar, dass ihr in diesem Moment vermutlich nicht wirklich bedrohlich seid. Aber es gibt da diesen Instinkt in uns, der uns warnt, wenn wir in eine Bar gehen und dann stehen da nur Männer. Oder in einen Club und dann tanzen da nur Männer. Oder in einen vollen U-Bahn-Wagen und dann sitzen da nur Männer. Kurzer Fluchtimpuls.

 

Legt sich aber schnell. Weil es ja eine Freunde-Runde ist. Dann entspannen wir uns, lassen den Dingen ihren Lauf und uns durch den Abend tragen und passen hin und wieder auf, dass wir nicht in Ohnmacht fallen und laut genug sprechen und lachen, um uns gegen die ganzen Bässe und Baritone durchzusetzen. Trotz der großen Ehrung und des Ritterschlags ist es dann aber auch sehr in Ordnung, wenn der Abend als Amazone in der Jungsrunde wieder vorbei ist. Denn wenn wir uns entscheiden müssten, ob wir den Rest unseres Lebens nur noch in reinen Männer- oder in reinen Frauenrunden verbringen müssten – ich glaube, die meisten von uns würden sich für die Frauen entscheiden.

 

Nix für ungut!

 

Eure Mädchen

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