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Wie realistisch sind Zukunftsszenarien in Filmen und Serien?

Foto: Tom Bayer / Adobe Stock

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Von Comedy bis Mystery: Derzeit überbieten sich die verschiedenen Streamingdienste regelrecht mit Produktionen, die uns in die Zukunft versetzen. Oft geht es um mögliche technische Neuerungen, die unser Leben von Grund auf verändern könnten. In der Comedy-Serie „Upload“ ist es beispielsweise möglich, nach dem Tod einfach in der virtuellen Welt weiterzuleben. Der Film „Ex Machina“ philosophiert hingegen über die Unterschiede zwischen echten Menschen und humanoider Künstlicher Intelligenz. Häufig stehen aber auch andere wissenschaftliche Errungenschaften im Zentrum, wie Genmanipulation oder andere Formen, sich mit der Natur anlegen. Die Mystery-Serie „Orphan Black“ beschäftigt sich mit dem Chaos, das das erfolgreiche Klonen von Menschen nach sich ziehen könnte.

Die Sci-Fi-Serie „Snowpiercer“ (seit dem 25. Mai erscheint auf Netflix wöchentlich eine neue Folge) ist der neueste prominente Serienzuwachs, der in diese Kategorie fällt. Die Menschheit hat den Kampf gegen den Klimawandel endgültig vergeigt und durch eine verzweifelte Maßnahme eine neue Eiszeit heraufbeschworen. 

Wir haben uns angesehen, was von den „Prognosen“ aktueller Sci-Fi-Produktionen wirklich eintreffen könnte. Und was sogar heute schon Realität ist.

„Snowpiercer“ (2020) auf Netflix

Wie sieht die Zukunft hier aus?

Die Erde ist unbewohnbar geworden, das meiste Leben ist ausgelöscht. Als der Klimawandel unaufhörlich voranschritt, beschlossen die Menschen, ein chemisches Kältemittel in die Atmosphäre zu schießen, um ihn zu stoppen. Doch der Plan geht schief: Eine neue Eiszeit bricht herein und nur ein paar tausend Menschen können sich auf einen kilometerlangen Hightech-Zug retten, der von da an ununterbrochen durch das Eis rast, um nicht selbst festzufrieren. Der Alltag der Passagiere hängt von ihrer Waggonnummer ab: Ganz hinten haust der Großteil der Bevölkerung unter unmenschlichen Bedingungen, während die herrschende Spitze Luxusunterkünfte genießt und dekadente Partys feiert. Die Netflix-Serie  wandelt die kapitalismuskritische Filmvorlage von Regisseur Bong Joon-ho („Parasite“) allerdings eher in einen Sci-Fi-Krimi um, in dem Ex-Detective Layton (Daveed Diggs) in eines der vorderen Abteile zitiert wird, um eine brutale Mordserie aufzuklären.

Was davon könnte uns wirklich erwarten?

Tatsächlich wird „Geo-Engineering“, also das großangelegte Eingreifen in das Klima durch technische oder chemische Maßnahmen, durchaus ernsthaft diskutiert. Spätestens seit ein Bericht des Weltklimarats IPCC zu der Einschätzung gekommen ist, dass das Ziel, die Erderwärmung auf einen Temperaturanstieg von 1,5 Grad zu begrenzen, nicht mehr allein durch die Einsparung von CO2 erreicht werden kann. Stattdessen sei es notwendig, zusätzlich CO2 aus der Luft zu entnehmen. Wissenschaft und Unternehmen beschäftigen sich mit einer enormen Bandbreite von technologischen Lösungen, die von künstlichen Wolken über Spiegel im Weltall bis hin zu Schwefel-Partikeln in der Stratosphäre reichen, um die Erde abzukühlen. Überlegungen zu verstörend ähnlich klingenden Maßnahmen wie in „Snowpiercer“ gibt es also bereits jetzt. Dass sie zum Einsatz kommen, ist aber eher unwahrscheinlich, denn: Wie die Forscher*innen selbst einräumen, ist das Risiko solcher Maßnahmen einfach nicht absehbar. Von Klimarettung bis Weltuntergang wäre alles möglich.

„Ex Machina“ (2015), als Leihoption bei allen gängigen Plattformen verfügbar

Wie sieht die Zukunft hier aus?

Was wäre, wenn Roboter einmal so echt aussehen würden, dass wir nicht mehr zwischen Mensch und Maschine unterscheiden können? Wenn sie denken und fühlen – oder zumindest überzeugend vorgeben es zu können? In „Ex Machina“ arbeitet ein Unternehmen, der weltweit größte Suchmaschinenbetreiber, an genau solchen Robotern. Caleb (Domhnall Gleeson) erhält als einer der wenigen Mitarbeiter*innen die Möglichkeit, den mysteriösen Firmengründer Nathan (Oscar Isaac) persönlich kennenzulernen und sieht sich prompt einem solchen Roboter gegenüber. Denn Nathan, der zurückgezogen auf einem abgelegenen, aber technisch hochausgestatteten Anwesen in Alaska lebt, forscht an besonders menschenähnlichen Androiden. Caleb soll täglich Gespräche mit dem weiblichen Exemplar „Ava“ (Alicia Vikander) führen – angeblich, um festzustellen, ob sie zu eigenständigem Denken und einem eigenen Bewusstsein fähig ist. Während sich Nathan als größenwahnsinniger Misanthrop herausstellt, baut Caleb zu Ava eine tiefe Verbindung auf. Wohl gleichermaßen fasziniert wie verliebt, entscheidet er sich dazu, sie vor ihrer geplanten Deaktivierung nach der Testphase zu retten, und versucht mit ihr zu fliehen.

Was davon könnte uns wirklich erwarten?

Ob es Künstlicher Intelligenz einmal möglich sein wird, ein eigenes Bewusstsein zu entwickeln, ist unklar. Um das zu erforschen, müsste zuerst final geklärt werden, was denn ein „Bewusstsein“ überhaupt ist. Mit „Sophia“ hat das Hongkonger Unternehmen Hanson Robotics allerdings bereits 2016 einen humanoiden Roboter entwickelt, der „Ava“ verblüffend ähnlich sieht. „Sophia“ kann zwar nicht auf zwei Beinen laufen und auch keine so komplexen Gespräche führen wie Caleb und Ava im Film, aber sie kann Mimik erkennen, sie selbst einsetzen und einfachere Fragen beantworten. Ein Jahr nach ihrer Aktivierung sprach sie bereits vor den Vereinten Nationen, später mit Angela Merkel und erhielt als erste Maschine überhaupt eine Staatsbürgerschaft – in Saudi-Arabien.

Welche Wirkung derartig echt wirkende Roboter wiederum auf menschliches Mitgefühl haben, hat kürzlich ein deutsch-niederländisches Wissenschaftler*innen-Team erforscht. Wie die Studienergebnisse zeigen, ging die Empathie mit der Maschine bei manchen der Teilnehmer*innen so weit, dass sie bereit waren, verletzte Menschen zu opfern, um den Roboter zu retten. Dass Regisseur und Drehbuchautor Alex Garland („Alles, was wir geben mussten“) Caleb die menschlich wirkende Ava dem echten Menschen Nathan vorziehen lässt, ist also gar nicht weithergeholt.

„Orphan Black“ (2013 - 2017) auf Netflix

Wie sieht die Zukunft hier aus?

Stell dir vor, es gäbe dich nicht nur einmal auf der Welt, sondern unzählige Male in exakter Kopie – ohne dass du davon weißt. So ergeht es der kleinkriminellen Sarah (Tatiana Maslany). Als sie beobachtet, wie sich eine Frau vor einen Zug wirft, muss sie feststellen, dass die ihr beunruhigend ähnlichsieht. Eigentlich nur um an das Geld der Verstorbenen zu gelangen, nimmt sie deren Identität an – stößt dann aber auf deren Nachforschungen. Die weisen nicht nur darauf hin, dass die beiden Klone waren, sondern auch, dass es noch weitere von ihnen gibt. Über insgesamt fünf Staffeln hinweg stellt ihr Drehbuchautor Graeme Manson („Snowpiercer“) beim Erforschen ihrer Herkunft immer mehr „Schwestern“ an die Seite – alle gespielt von Maslany. Für ihre herausragende schauspielerische Leistung wurde sie, die in einzelnen Szenen teilweise bis zu fünf Mal gleichzeitig zu sehen ist, unter anderem mit einem Emmy ausgezeichnet.

Was davon könnte uns wirklich erwarten?

Bereits 1996 hat mit „Dolly“ das erste geklonte Schaf Schlagzeilen gemacht – und spätestens seit es vor zwei Jahren chinesischen Wissenschaftler*innen erstmals gelungen ist, Affen zu klonen, liegt auch das Klonen von Menschen grundsätzlich im Bereich des Möglichen. Obwohl Forscher*innen weltweit aus ethischen Gründen Abstand von einem solchen Vorhaben nehmen, gibt es noch kein internationales Verbot über das Klonen von Menschen.

„Upload“ (2020) auf Prime Video

Wie sieht die Zukunft hier aus?

Es ist das Jahr 2033: Nathan (Robbie Amell) hat einen lebensgefährlichen Unfall mit einem selbstfahrenden Auto. Im Krankenhaus muss er sich zwischen einer Operation und einem „Upload“ entscheiden. Von Freundin Ingrid (Allegra Edwards) lässt er sich dazu überreden, sein Bewusstsein in ein digitales Jenseits hochzuladen, um so in der virtuellen Welt weiterzuleben. „The Office“-Schöpfer Greg Daniels entwirft in der Comedy-Serie ein satirisches Bild einer digitalen Ewigkeit voller In-App-Käufen und Pop-Up-Verkäufer*innen – und übt ordentlich Kritik an Kapitalismus und Tech-Konzernen. Denn je mehr Geld die*der Verstorbene, beziehungsweise die Hinterbliebenen, für das Nachleben aufbringen können, desto luxuriöser gestaltet es sich. So wird Nathan zwar im noblen „Lakeview“ untergebracht, ist aber davon abhängig, dass ihm seine vermögende Partnerin das Überleben sponsert.

Was davon könnte uns wirklich erwarten?

Schon vor zwei Jahren hat sich das Start-Up „Netcome“ zu Wort gemeldet, das sich in etwa das zum Ziel gesetzt hat, was Nathan das virtuelle Weiterleben ermöglicht: Die Wissenschaftler*innen präparieren Gehirne, um irgendwann ihre Struktur einscannen zu können – sobald die notwendige Technik dafür erforscht ist. Die Forscher*innen gehen davon aus, dass Erinnerungen so konserviert und inklusive des Bewusstseins eines Tages in eine Cloud hochgeladen werden können. Wie in der Serie muss der Patient oder die Patientin für die Konservierung seines Gehirns bei der Entnahme aber noch leben. Wie der Hirnforscher Michael Madeja im Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland kommentierte, sei das Verfahren aber vollkommen unrealistisch – es scheitere schon daran, dass das „Bewusstsein“ nach wie vor nicht wirklich erklärt werden kann.  

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